Die Frauen des Journalisten (German Edition)
voll und ganz seiner Tochter widmen konnte. Frau Marelli wartete in Leipzig auf ihn. Die Wohnung war fertig für ihn hergerichtet.
Am 10. November machte er sich mit seinem Auto auf den Weg in seine Vergangenheit.
Was er vorfand, war alles andere, nur nicht das, was er in seinen Erinnerungen fand. Neben bröckelndem Verfall sah er viele Baustellen. Abriss und Aufbau liefen parallel, neue Verkehrswege entstanden, überall waren die ausgestreckten Fühler westdeutscher Unternehmen zu sehen. Der Westen eroberte Leipzig. Trotzdem, die innerstädtischen Strukturen blieben, so wie sie über Jahrzehnte gewachsen waren. Das Haus, in dem die kleine Wohnung lag, war daher bald gefunden. Es machte einen guten Eindruck, sowohl außen als auch innen. Die Wohnung befand sich in der ersten Etage, zwei geräumige Zimmer, Küche und Bad. Frau Marelli hatte ihm seine Schlüssel per Post geschickt. Alles hatte sie einfach, aber geschmackvoll eingerichtet. Sie selbst war nicht anwesend. Hermann Voigt sah auf seine Uhr.
„Na ja“, murmelte er vor sich hin. Was wohl meinen sollte, sie hätte ruhig auf ihn warten können. Auf dem kleinen Schränkchen im Flur fand er einen Zettel von ihr, darauf die Telefonnummer und der Name des Hotels, wo sie sich aufhielt. Er sah sich mit dem Zettel in der Hand um und fand das Telefon im Wohnzimmer. Er wählte die Nummer des Hotels. Frau Marelli war auf ihrem Zimmer.
„Ja, Voigt hier... Warum haben Sie denn nicht in der Wohnung auf mich gewartet?“
„Guten Abend, Herr Voigt! Ich konnte doch nicht wissen, dass Sie nun doch so früh ankommen. Manchmal ist der Verkehr unberechenbar. Also, ich habe Ihnen in der Küche alles vorbereitet, Sie müssen nicht noch einmal ausgehen.“
„Danke. Wollen wir dann morgen zusammen unser Frühstück hier einnehmen, vielleicht 8.30 Uhr, ja?“
„Gern. Ich hoffe, Sie können dort gut schlafen. Wenn Sie etwas nicht finden, rufen Sie bitte nochmal durch.“
„In Ordnung Marelli, dann bis morgen.“
„Gute Nacht für Sie, Herr Voigt.“
Voigt legte auf, irgendwie war er zufrieden Marelli in seiner Nähe zu wissen. Er rief noch Robert an um ihm mitzuteilen, dass er gut angekommen sei und ging anschließend in die Küche. Alles war fertig für ihn. Mit einem vorbereiteten Tablett ging er zurück ins Wohnzimmer, stellte den Fernseher an, nahm auf der Couch gegenüber Platz und genoss sein Abendessen.
Am nächsten Morgen weckte ihn die Türglocke. Es dauerte einen Moment, bis er sich sortiert hatte, ihm bewusst wurde, wo er war. Dann ging er zur Tür.
„Guten Morgen, Marelli, aber Sie haben doch einen Schlüssel.“
„Guten Morgen, gut geschlafen? So ist es mir aber lieber.“
Frau Marelli kam mit frischen Brötchen und einigen anderen Kleinigkeiten für ein gemeinsames Frühstück. Voigt wurde plötzlich bewusst, dass sie sich schon eine geraume Zeit nicht gesehen hatten. Nur telefonisch waren sie in den letzten Wochen in Kontakt gewesen. Ihm gefiel, was er sah. Heute war sie nicht die perfekte Sekretärin. Bekleidet mit Jeans einem leichten Pullover und flachen Schuhen, erschien sie ihm viel jünger als sonst.
„Was ist?“, fragte sie lächelnd, nachdem sie seinen prüfenden Blick bemerkte. Er erwiderte das Lächeln, drehte sich aber weg und deutete an, dass er ins Bad wollte.
Nach knapp fünfzehn Minuten betrat er mit ernstem Gesicht die Küche und setzte sich langsam an den einladend gedeckten Frühstückstisch. Aus der Kaffeemaschine blubberte noch das Wasser in den Filter und der Duft von dem frisch gebrühten Kaffee lag in der Luft. Leise Musik kam aus dem Wohnzimmer herüber. Man konnte Hermann Voigt ansehen, dass er all das wahrnahm, aber dass er es nicht richtig an sich heranlassen konnte. Frau Marelli kam aus dem Schlafzimmer zurück. Ein Blick genügte ihr und sie sah, dass ihn etwas bedrückte, fragte aber nicht.
„Der Kaffee ist in zwei Minuten fertig.“, sagte sie statt dessen gelassen.
Er nickte, lehnte sich zurück, sah sie an, so als könne sie dann von selbst erkennen, was er nicht sagen wollte. Sie fing den Blick auf, entschloss sich nun doch zu helfen. Schließlich hatte sie in den vielen vergangenen Jahren gelernt ihn auch ohne viele Worte zu verstehen.
„Sie möchten dort nicht allein hingehen, ist es das?“
„Ja, würden Sie bitte mitkommen, nur das erste Mal?“
„Wenn Sie es möchten, komme ich gern mit. Ich möchte Ihre Tochter auch kennenlernen. Nur eine Bedingung müssen Sie mir erfüllen.“
„Raus
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