Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
gesessen und viele Fragen gestellt. Anschließend hatten sie Sex in seinem Hotelzimmer gehabt.
Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass es bei diesem einen Mal bliebe. Ihre Berufswelt war sehr überschaubar, und sie hatte bereits Gerüchte über Sebastian gehört. Also fuhr sie danach wieder nach Linköping zurück. Zu Micke und Bella, die gerade in die Schule gekommen war. Micke hatte sie bei der Einschulung begleitet und kam seither nachmittags früher nach Hause, damit ihre Tochter nicht so lange im Hort bleiben musste. Ursula arbeitete. Wie immer. Es gab viel zu tun. Wie immer.
Micke hatte seit über einem Jahr nicht getrunken, und in seiner eigenen Firma bestimmte er selbst, wie viel er arbeitete. Sie hatten ein Haus in einer guten Lage, die Finanzen stimmten, ihre Jobs erfüllten sie, Bella gefiel es in der Schule, Micke war trocken. Eine typische Mittelklasseexistenz im Vorort. Ein gutes Leben. So gut, wie es eben sein konnte, vermutete Ursula.
Doch eines Tages, als sie sich nach der Arbeit im Kriminaltechnischen Labor auf den Heimweg machen wollte, rief jemand auf dem Parkplatz nach ihr. Es war Sebastian Bergman. Sie wunderte sich, was er hier wollte.
Sie treffen.
Hoffte sie.
Sie freute sich, ihn zu sehen. Freute sich, dass er sie besuchte. Mehr, als sie es sich eingestehen wollte. Sie rief Micke an und behauptete, sie müsse Überstunden machen. Dann fuhren sie in ein Motel. Es war spannend und verboten. Sie waren in Linköping, jemand hätte sie erkennen und ertappen können. Ursula war es egal.
Sebastian hatte seine Vorlesungsreise beendet. Jetzt hatte er Ferien. Die er genauso gut in Linköping verbringen konnte. Wenn sie es wollte.
In den darauffolgenden zwei Monaten trafen sie sich, sooft es ging. Manchmal in der Mittagspause, manchmal schon bevor sie mit der Arbeit anfing. Häufig abends und nachts. Er konnte immer. Wollte immer. Sie war diejenige, die darüber entschied, wie oft und wie lange. Das passte ihr ausgezeichnet.
Im Dezember hatte sie Micke vorgeschlagen, zusammen nach Stockholm zu ziehen. Sie wollte sich bei der Reichsmordkommission bewerben. Sie überlegte schon seit einiger Zeit, den Job zu wechseln, denn sie war die Arbeit am SKL leid. War es leid, nicht aktiv an der Jagd beteiligt zu werden. Sie vermisste das Adrenalin, die Ermittlungen, die Verhaftung. Die Reichsmordkommission hatte einen neuen Chef, Torkel Höglund, über den man viel Gutes hörte. Es war an der Zeit, etwas Neues zu beginnen, einen neuen Schritt zu gehen.
Es war nicht nur wegen Sebastian. Dass sie dann beide für die Reichsmordkommission arbeiten und in derselben Stadt leben würden, wenn sie den Job bekäme, war eher ein zusätzlicher Bonus. Ein sehr willkommener, aber nicht ihr Hauptgrund für den Umzug. Immerhin war sie kein kleines Schulmädchen mehr, das sich Hals über Kopf verliebte und von Gefühlen leiten ließ.
So war sie nie gewesen.
Es konnte jederzeit vorbei sein, das wusste sie sehr genau. Aber vielleicht würden die Nähe zu ihm und die Tatsache, dass sie sich häufig sehen werden, mehr daraus werden lassen, ihr Verhältnis vertiefen. Zum ersten Mal hatte sie Gefühl, dass die Geschichte mit Sebastian zu etwas anderem werden konnte. Zu einer Beziehung, in der sie sich entspannen konnte und nicht immer diese Distanz halten musste, wie sie es sonst tat.
Zu Micke.
Zu Bella.
Zu allen.
Außerdem wohnte ihre Schwester in Mälarhöjden, und ihre Eltern lebten in Norrtälje. Perfekt, wenn sie mal für ein Wochenende jemanden brauchten, der auf Bella aufpasste. Alle Gründe sprachen dafür, umzuziehen, keiner dafür, in Linköping zu bleiben.
Micke war anderer Meinung.
Seine Firma war dort angesiedelt und fest etabliert, sein Kundenkreis befand sich in Westschweden. Was sollte er in Stockholm? Von vorn anfangen? Und Bella? Sie war jetzt schon seit einem halben Jahr in der Schule, hatte neue Freunde gefunden, ihre alten Freundinnen behalten, und sie liebte ihre Klassenlehrerin. War es in Ordnung, sie einfach so aus ihrer Umgebung zu reißen? Ursula argumentierte dagegen. Sie meinte, dass Kinder schnell neue Freunde fanden und Micke seine Firma natürlich auch von Stockholm aus betreiben konnte, er müsse eben häufiger Geschäftsreisen unternehmen und mehr Übernachtungen einplanen. Aber während sie ihre Familie vom Umzug zu überzeugen versuchte, dachte sie insgeheim schon die ganze Zeit, dass es keine Katastrophe wäre, wenn ihr Mann und ihre Tochter nicht mitkämen. Dann könnte sie in
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