Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
an seiner Seite. Zum Glück, denn wenn sie ehrlich war, interessierte sie sich nicht sonderlich für seinen Beruf. Das Geschäft lief gut, und die Arbeit machte ihm Spaß. Mehr brauchte sie nicht zu wissen.
Als sie nach Hause gekommen war, hatte sie immer noch Hunger gehabt. Sie hatte sich in der Küche eine Schale mit Joghurt und Flakes gemacht und eine Scheibe von dem dänischen Roggenbrot mit Käse und Paprika belegt. Nachdem sie gegessen hatte, hatte sie sich ein Bier aus dem Kühlschrank genommen und sich damit vor den Fernseher gesetzt, sich jedoch nicht konzentrieren können. Sebastian Bergman. Immer wieder. Immer wieder ihre gemeinsame Vergangenheit. Rastlos hatte sie den Fernseher wieder ausgeschaltet und beschlossen, ein heißes, entspannendes Bad zu nehmen.
Ursula hatte kontrolliert, ob alle Türen und Fenster ordentlich geschlossen waren, ehe sie ins Badezimmer hinaufgegangen war. Sie hatte eine Badekugel mit ätherischen Ölen in die Wanne gelegt und das Wasser angestellt. Während die Wanne volllief, hatte sie sich ausgezogen und in ihren Morgenmantel gehüllt. Auf dem Weg zurück ins Badezimmer hatte sie kurz gezögert und den Kopf geschüttelt angesichts ihrer wahnwitzigen Idee. Dann hatte sie aber doch ihre Dienstwaffe geholt und sie mit ins Bad genommen. Jetzt lag die Pistole auf dem Klodeckel. Sie würde sie leicht erreichen, wenn sich jemand an der verschlossenen Badezimmertür zu schaffen machte.
Sie bemühte sich, diese Gedanken zu verdrängen.
So etwas Dummes.
Niemand würde kommen. Sie war nicht bedroht. Da war sie sich sicher. Aus dem einfachen Grund, dass niemand, absolut niemand, wissen konnte, dass sie mit Sebastian eine Beziehung gehabt hatte. Sie hatten ihr Geheimnis immer extrem gut gehütet. Es gab nur eine einzige Person, die wusste, dass Ursula und Sebastian mehr als Arbeitskollegen gewesen waren. Ihre Schwester. Barbro. Sie und ihr Mann Anders waren die Einzigen, mit denen sich Ursula und Sebastian außerhalb ihrer Arbeit getroffen hatten.
An einem Sommertag, als sie auf der Veranda den Tisch gedeckt hatten, hatte Barbro Ursula geradeheraus gefragt.
«Was ist eigentlich mit Sebastian?»
Ursula sah zu Anders und Sebastian hinüber, die ein Stück entfernt im Garten mit einem Bier in der Hand am Grill standen. Außer Hörweite.
«Was meinst du?»
«Ich meine, was ist mit dir und Sebastian?»
«Wir arbeiten zusammen, wir mögen uns.»
«Gehst du mit ihm ins Bett?»
Ursula hatte nicht geantwortet. Was natürlich Antwort genug war.
«Und wie soll es mit Micke weitergehen?», fragte Barbro in einem Tonfall, als würden sie gerade übers Wetter reden, während sie weiter Besteck aus der Schublade nahm.
«Ich weiß nicht.»
«Wann warst du zuletzt in Linköping?»
«Vorletztes Wochenende.»
Barbros Tochter Klara, damals acht Jahre alt, kam mit einer Salatschale aus dem Haus. Barbro nahm sie und tätschelte Klara den Kopf, wobei sie Ursula einen vielsagenden Blick zuwarf.
«Danke, Kleines.»
Klara nickte und ging wieder hinein.
«Du hältst mich für eine schlechte Mutter.»
«Ich finde nur, dass du die eine Sache abschließen solltest, bevor du die nächste anfängst.»
Anschließend hatten sie nicht mehr darüber geredet. Nicht im weiteren Verlauf des Abends. Nicht später. Nie wieder. Ursula hatte in der Zeit danach viel über das Gespräch nachgedacht. Warum verließ sie Micke nicht? Was sie mit Sebastian erlebte, hatte sie nie zuvor empfunden. Es war viel mehr als nur der Sex. Sebastian war klug, und es gefiel ihm, dass sie es auch war. Er scheute nicht vor Konflikten zurück. Er log, wenn es ihm passte. Er sorgte immer dafür, eine winzige Distanz zu allem zu wahren, auch zu ihr. Er war sich selbst der Nächste.
Er war wie sie.
Er war eine Herausforderung.
Sie liebte Sebastian. Aber sie war sich nicht sicher, ob das auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie waren oft zusammen, aber nicht immer. Sie wollte ihn häufiger treffen als er sie. Sie hatten Sex, übernachteten beieinander, sprachen aber nie davon, zusammenzuziehen. Schreckte sie deshalb davor zurück, ihre Beziehung mit Micke zu beenden? Das würde die Bedingungen ändern. Solange sie verheiratet war und regelmäßig nach Hause fuhr, konnte aus ihr und Sebastian nicht mehr werden. Wenn sie plötzlich frei wäre und darüber sprach, was sie wollte. Erzählte, was sie fühlte – was würde dann passieren? Sie wollte es erfahren und doch auch wieder nicht. Es war gut so, wie es war mit ihnen beiden, redete sie
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