Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
das Küchenmesser lag wie immer an seinem Platz in der Tasche. Aber gleich zu Beginn war ein kleines Messer brauchbarer. Sobald sie ihm die Tür öffneten. Hand auf den Mund, Messer an die Kehle. Schreck und Todesangst. Das funktionierte meistens. Seine Verkleidung war gut, das hatte er im Gefühl. Sogar die Waffe konnte er ruhigen Gewissens sichtbar tragen. Handwerker hatten nun mal Messer.
Er schnallte sich ab und wollte gerade aussteigen, als die Beifahrertür aufgerissen wurde und eine Gestalt ins Auto stürzte. Ein älterer Mann. Er sah verbraucht aus, hatte halblange graue Haare und trug einen langen schwarzen Mantel. Aber seine Augen funkelten. Er wollte etwas von ihm. In der Hand hielt er einen schwarzen Plastikgegenstand, der aussah wie eine alte Taschenlampe.
«Jetzt ist es vorbei!», rief der Mann und versuchte, ihm das merkwürdige schwarze Ding an den Hals zu pressen. Es knisterte elektrisch und tickte. Ralph hob aus Reflex den rechten Arm, und es gelang ihm, den Arm des Angreifers abzuwehren. Dieser war nicht ganz so schnell. Der schwarze Gegenstand traf deshalb nur die Nackenstütze. Plötzlich verstand Ralph, was das für ein Ding war.
Die kleinen blauen Funken.
Das elektrische Surren.
Eine Elektroschockpistole.
Mit neuem Schwung versuchte er, den Arm seines Gegners nach hinten zu biegen.
Trolle fluchte und wollte gerade seinen Arm zurückziehen, als ihn der lange dünne Mann mit der linken Hand schlug. Er traf ihn am Mund, direkt über den Zähnen, aber es tat nicht besonders weh, sondern machte ihn nur noch wütender. Dennoch begriff er, dass ihm der Überraschungsmoment völlig misslungen war und er sich mit einem Mal in einer äußerst heiklen Lage befand. Für einen Nahkampf war er nicht fit genug, er musste das Ganze schnell hinter sich bringen. Er schlug zweimal zurück, ebenfalls mit der freien Linken, wobei er den anderen zunächst verfehlte, beim zweiten Mal jedoch an der Wange traf. Der Mann stöhnte auf, und sein Kopf sackte ein wenig nach vorn.
Im Tumult gelang es Trolle, auch seine rechte Hand zu befreien und sie gegen den Körper des Mannes zu drücken. Die Feinarbeit musste jetzt ein Ende haben. Sich im Auto zu prügeln ging auf keinen Fall. Er wollte erneut auf den Taser drücken und hoffte, dass der sofort Wirkung zeigen würde. Im selben Moment sah er aus dem Augenwinkel, wie der linke Arm des Mannes auf seinen Bauch zuschnellte. Er versuchte, den Schlag abzuwehren, doch es gelang ihm nicht. Was aber nicht weiter schlimm war, denn gleich wäre ohnehin alles vorbei.
Allerdings war der Schlag des Mannes schlimmer als gedacht. Er schmerzte fürchterlich, so sehr, dass Trolle plötzlich alle Muskelkraft verlor und ihm der Taser aus der Hand fiel.
Wie hatte das passieren können?
Der Schmerz verstärkte sich explosionsartig, als der Mann zum zweiten Mal zuschlug. Trolle wurde schwarz vor Augen, und dann begriff er. Der Mann prügelte nicht, er stach auf ihn ein.
Nun zum dritten Mal.
Trolle spürte, wie sein Unterkörper warm und nass wurde. Er würde das Bewusstsein verlieren, und zwar bald, aber es gelang ihm, noch einen letzten Blick auf die Hand des Mannes zu werfen. Sie umklammerte irgendetwas, und etwas anderes hing aus seinem Bauch heraus.
Das eine war ein Messer, und das andere waren seine eigenen Eingeweide.
Das Letzte, was er wahrnahm, war das Messer, das erneut in ihn hineingestoßen wurde.
Ralph sah das Blut und die Gedärme, die aus dem Bauch herausquollen und im Schritt des Mannes landeten. Es sah bizarr aus, aber Ralph stach immer weiter auf ihn ein. Der ältere Mann auf dem Beifahrersitz stieß ein langes Röcheln aus, bevor er von einem Moment auf den nächsten verstummte. Sein Körper reagierte nur noch schwach auf Ralphs Angriffe, ehe er langsam nach vorn sackte, aufs Armaturenbrett. Ralph beendete seine Attacken, blieb aber weiterhin wachsam. Eine einzige Regung des Eindringlings, und er hätte sofort weitergemacht. Plötzlich war es vollkommen still im Auto. Die Ärmel seines weißen Maleroveralls waren tiefrot, und es stank nach Blut und Eingeweiden.
Er dachte fieberhaft nach.
Was war geschehen? Wer zum Teufel war dieser Mann, der gerade neben ihm gestorben war? Würden noch weitere Angreifer folgen? Er sah sich nervös um, aber die Straße wirkte leer. Soweit er erkennen konnte, ging niemand auf sein Auto zu, und niemand war auf sie aufmerksam geworden. Der alte Mann konnte wohl kaum von der Polizei sein, denn dort verwendete man keine
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