Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
zwar nicht, aber es diente einem guten Zweck. Diesmal durfte nichts schiefgehen. Gar nichts. Der Mann, den er vergötterte, hatte ihm noch eine Chance gegeben, weil das für Ralph wichtig war. Der Meister interessierte sich für seine Gefühle. Das hatte bisher noch nie jemand getan, und er hatte nicht vor, dieses Vertrauen in ihn zu enttäuschen. Selbst wenn es dazu kleiner Veränderungen seiner Kleidung und teilweise auch seiner Frisur bedurfte, das waren doch insgesamt gesehen nur minimale Opfer. Wichtiger war, dass er von jetzt an alles richtig machte. Er musste ganz eindeutig vorsichtiger vorgehen.
Er hatte keine Ahnung, wie viel oder wenig diejenigen wussten, die ihm auf den Fersen waren. Doch je mehr Stunden vergangen waren, seit der Mann im Auto gestorben war, desto sicherer hatte er sich gefühlt. Hätten sie gewusst, wer er war, dann hätten sie längst vor seiner Tür gestanden. Er war niemand, den man erst eine Weile beobachtete. Er war jemand, den man sofort verhaftete.
Der Meister hatte vier bekommen. Er war auf dem Weg zur fünften. Bald würde er in die Geschichte eingehen. Dieser Gedanke brachte ihn dazu, sich zusammenzureißen. Sich und seine Gefühle in den Griff zu bekommen. Zu verstehen, wie wichtig es war, jetzt die Ruhe zu bewahren.
Draußen war es etwas kühler als in der letzten Woche, und er ging mit schnellen Schritten zur U-Bahn-Station, die ungefähr zehn Minuten entfernt lag.
Es gefiel ihm ganz und gar nicht, das Fortbewegungsmittel zu wechseln, aber seinen grünen Polo wollte er nicht nehmen und hätte es auch gar nicht gewagt. Er hatte den silberfarbenen Toyota den Anweisungen gemäß in Ulvsunda abgestellt, aber der Meister hatte in seiner kurzen Nachricht nichts von einem neuen Auto geschrieben. Bisher war er für die Beschaffung der gestohlenen Autos zuständig gewesen. Ralph hatte nur eine einfache Anweisung erhalten, wo er sie abholen und zurücklassen sollte. Jemand anders sorgte dafür, dass sie für ihn abgestellt wurden, Ralph war egal, wer. Er wusste, dass der Meister mehrere Leute hatte, die für ihn arbeiteten. Diesmal wurde ihm jedoch kein neues Auto zugewiesen, und er musste mit der U-Bahn von und nach Vasastan fahren. Unterwegs ging er in einen Blumenladen. Kaufte zwanzig rote Rosen, bat die Verkäuferin, einen romantischen Strauß daraus zu binden, und kaufte eine Kärtchen dazu. Er wählte einen einfachen Gruß. «Entschuldigung. Dein Sebastian». Das gefiel ihm. Einerseits, weil er wusste, dass Sebastian zu den Menschen gehörte, die nie um Entschuldigung baten, andererseits war es ein schönes Gefühl, Sebastian noch mehr mit der bald schon toten Frau in Verbindung zu bringen. Ralph beschloss, den Strauß bei ihr auf dem Küchentisch zu hinterlassen, die Karte für die Polizei gut sichtbar. Er wünschte sich, er könnte ihre Gesichter sehen, wenn sie eine Leiche im Schlafzimmer und einen romantischen Strauß in der Küche vorfanden.
Er redete sich ein, dass es dem Ritual entsprach. Er hinterließ Spuren. Dies war lediglich eine andere Spur, eine neue Art und Weise. Der Meister würde die Geste zu schätzen wissen, da war er sich sicher.
Ralph zahlte für die Blumen und trat wieder hinaus in die Sonne. Er musste wie ein Frischverliebter aussehen. Ein Snob, der Blumen kaufte für eine Frau, die er vielleicht gerade erst kennengelernt hatte. Er entfernte den kleinen Aufkleber auf dem Papier, der verriet, dass der Strauß aus Västertorps Blumenhandel kam.
Spuren, ja.
Aber nur solche, die er selbst hinterlassen wollte.
Das wollte genau geplant sein.
E llinor hatte an diesem Tag allerhand zu erledigen gehabt. Sie hatte im Kaufhaus angerufen und kurzfristig um Urlaub gebeten. Man hatte ihn ihr gewährt. Dann hatte sie sämtliche Blumen in der Wohnung gegossen und die Witwe Lindell aus dem dritten Stock gebeten, in den nächsten Tagen nach ihnen zu sehen. Die alte Lindell hatte sie überredet, zu Kaffee und Kuchen zu bleiben, und sie hatten fast eine Stunde zusammengesessen. Es war sehr gemütlich gewesen, aber nach einer Weile wurde Ellinor unruhig, weil sie sich noch um so vieles kümmern musste.
Man konnte für einen Mann nicht alles stehen- und liegenlassen, egal wie wundervoll er war. Nein, man musste sich beherrschen und zusehen, dass man die Wohnung in einem ordentlichen Zustand zurückließ. Insbesondere, wenn eine Nachbarin allein durch die Wohnung streifte.
Also putzte sie gründlich. Saugte und wischte Staub und feudelte den Boden. Putzte die Fenster.
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