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Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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stieß sich dabei vom Boden ab, behielt Tempo und Atmung bei. Atmete tief in den Bauch hinein. Es ging gut. Sie fühlte sich stark. Konzentrierte sich noch mehr auf die Atmung, als sie die Kuppe erreichte. Sie warf einen Blick auf die Pulsuhr. Achtundachtzig Prozent des HFmax. Ihr Telefon klingelte schon wieder. Jetzt musste er doch endlich mal aufgeben. Sie machte sich nicht mal mehr die Mühe, das Handy aus der Tasche zu nehmen, sondern rannte weiter. Es klingelte immer noch. Hast du es endlich begriffen, dachte sie erleichtert, als das Klingeln verstummte.
    Sie machte größere Schritte und behielt die Atmung bei. Ihre Beine gaben alles, sie zwang sich, noch mehr zu leisten. Bis zu neunzig Prozent auf der Pulsuhr. Für einen Sprint war es allerdings zu früh, sie hatte noch mehr als vier Kilometer vor sich. Sie senkte das Tempo etwas. Zweimal einatmen, einmal aus.
    Sie lief weiter, jetzt kreuzte die beleuchtete Laufstrecke einen Waldweg. An der Weggabelung warf sie einen Blick zur Seite. Dort stand ein Auto, direkt neben einem Holzstapel geparkt. Ein silberfarbener Toyota, mit eingeschaltetem, rechten Blinker. Erst nach einigen Metern begriff sie, was sie gesehen hatte, wurde langsamer und hielt an. Beugte sich kurz mit den Handflächen auf den Knien vor, richtete sich aber sofort wieder auf. War zu aufgeregt, um sich Zeit zu lassen. Stemmte stattdessen die Hände in die Hüfte, atmete ruhiger und ging zu dem Waldweg zurück. Dort stand das Auto, ohne laufenden Motor, soweit sie es hören konnte. Und weit und breit war niemand zu sehen.
    WNF 766.
    Das war es. Das Auto, das in Brunna gestohlen worden war. Sie erinnerte sich wieder daran, weil sie Billy mit einem Kollegen diskutieren gehört hatte, ob in Schweden eigentlich auch Autos mit dem Nummernschild WTF herumfuhren. Eine Diskussion, die er mit ihr geführt hätte, wenn alles zwischen ihnen so gewesen wäre wie immer. Der Kollege wusste, dass es Nummernschilder mit der Zahlenkombination LOL gab, also warum sollte es nicht auch WTF geben? Es musste für die Zulassungsstelle ganz und gar unmöglich sein, in der schnellen Welt des Netzjargons auf dem Laufenden zu bleiben.
    Vanja bog in den Waldweg ein und näherte sich dem geparkten Auto. Mit dem Frotteeband an ihrem Arm wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und streifte ihr Kinn an ihrem T-Shirt-Ärmel ab. Sie wurde sofort von neugierigen Insekten umschwärmt, die vom Schweiß und von der Wärme, die sie absonderte, herbeigelockt wurden.
    Das Auto war leer. Sie legte die Hand an die Stirn und sah durch das Fenster. Irgendetwas Dunkles war vom Beifahrersitz auf den Boden geronnen. Möglicherweise Blut. Vorsichtig versuchte sie, die Tür zu öffnen, obwohl sie keine Handschuhe dabeihatte. Verschlossen. Sie ging ein Stück nach rechts, um auf den Rücksitz zu sehen. Nichts. Sie wollte gerade ihr Telefon zur Hand nehmen und ihren Fund melden, als sie es roch. Dieser Gestank war unverkennbar.
    Vanja ging ans Heck des Autos und stellte sich neben den Kofferraum. Eigentlich musste sie ihn gar nicht öffnen. Sie wusste schon, was sie darin finden würde. Nicht wen, aber was.
    Muffig. Süßlich, aber dennoch stechend. Leicht metallisch.
    Verwesungsgestank.
    Sie legte die Hand auf den Kofferraumgriff und hoffte, dass auch der verschlossen wäre. Das war er nicht. Der Kofferraum öffnete sich mit einem Klick. Vanja wandte sich schnell ab und hielt sich die Hand vor den Mund. Als sie den Brechreiz unter Kontrolle hatte, drehte sich wieder um. Sie atmete flach und nur durch den Mund.
    Es war ein Mann. Schon älter. Aufgedunsen. Blaugrün. Aus aufgeplatzten Blasen auf seiner Haut rannen bräunlich-rote, flüssige Tropfen, aus Nase und Mund Verwesungsflüssigkeit. Er machte einen durch und durch aufgelösten, fast schon flüssigen Eindruck. Vanja schlug den Kofferraumdeckel wieder zu, trat einige Schritte zurück und holte ihr Handy heraus.
    Jetzt sah sie, dass zuletzt nicht Sebastian angerufen hatte, sondern Torkel.
    In dem Moment knackte es hinter ihr. Sie schnellte blitzschnell herum. Durch und durch angespannt. Sechs oder sieben Meter von ihr entfernt stand ein gewaltiger Mann. Gebrochene Nase, das Haar zum Pferdeschwanz gebunden, eine rote Narbe, die vom linken Auge nach unten über die Wange lief. Roland Johansson. Er musste hinter dem Holzstapel hervorgekommen sein und sich ihr lautlos genähert haben. Geschmeidig, dafür, dass er so groß war.
    Vanja wich langsam zurück. Roland ging auf sie zu. Ganz gelassen.

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