Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
kennt er ihre Route genauer.»
Sebastian seufzte, er hatte keine Lust, noch länger zu warten. Aber Billys Wissen über die Laufstrecke würde ihm die Suche erleichtern.
«Wo ist er denn?»
«Er wird jede Minute da sein.» Torkel sah ihm in die Augen, aus seinem Blick sprach äußerste Konzentration.
«Schick schon mal Leute hin!»
Torkel nickte und griff zum Handy. Sebastian wäre am liebsten auf der Stelle losgefahren. Er zitterte vor Nervosität, versuchte es aber zu verbergen. Während Torkel Streifenwagen zum Lill-Jans-Wald beorderte, zeigte er mit dem Finger auf eine Gestalt, die auf sie zuradelte. Es war Billy. Er schien die Situation genauso ernst zu nehmen wie Torkel und Sebastian. Sie konnten sehen, wie er sich abstrampelte, und liefen ihm entgegen. Billy keuchte.
«Wir fahren sofort los. Billy, du fährst!», rief Torkel.
Billy schloss sein Fahrrad an einen Pfosten. Dann rannten sie zum Auto und wollten gerade einsteigen, als ein Handy klingelte. An der Vibration in seiner Tasche merkte Sebastian, dass es seines war. Er holte es mit zittrigen Fingern heraus und wandte sich an die anderen.
«Wartet mal!»
Er blickte auf das Display. Es war die Nummer, auf die er so sehr gehofft hatte. Er atmete durch.
«Es ist Vanja.» Sebastian ging sofort ran: «Wo bist du?»
Doch die Stimme am anderen Ende gehörte nicht Vanja.
«Hallo, Sebastian.»
Sie gehörte Edward Hinde.
Torkel und Billy konnten beobachten, wie Sebastian erbleichte. Zusammenzuckte. Zu Eis erstarrte.
«Was willst du?», brachte er schließlich hervor.
In diesem Moment begriffen die beiden, mit wem Sebastian sprach. Niemand sonst hätte eine solche Reaktion bei ihm hervorrufen können.
In Hindes Tonfall lag die Unbekümmertheit eines Siegers. «Das müsstest du doch am besten wissen. Wann wolltest du es ihr eigentlich endlich erzählen?»
Sebastian wandte sich von den anderen ab.
Er wollte seine Gefühle vor ihnen verbergen. Er schaffte es nicht, im Rampenlicht zu stehen, während sein Leben in tausend Stücke zerbrach.
«Auf den ersten Blick seid ihr euch nicht besonders ähnlich, ihr beide», fuhr Hinde fort. «Aber jetzt, wo ich die Chance dazu habe, werde ich sie natürlich eingehender untersuchen.»
«Ich bringe dich um, wenn du sie anfasst!»
«Ist das wirklich alles, was dir dazu einfällt? Du hast deine besten Zeiten wirklich hinter dir, Sebastian. Früher war es immer ein solcher Genuss, deinen Formulierungen zu lauschen. Aber du bist längst nicht mehr brillant, das habe ich inzwischen begriffen.»
Sebastian konnte durch das Telefon geradezu spüren, wie sehr Hinde das Gespräch genoss. Darauf hatte er all die Jahre gewartet.
«Halt den Mund. Ich bin deine Spiele leid. Du rührst Vanja nicht an!»
«Findest du es nicht geradezu poetisch, dass du mich nach vier Morden aufgehalten hast und ich wiederum Ralph ebenfalls nach vieren? Wir werden uns immer ähnlicher, du und ich.»
«Ich töte keine Frauen.»
«Nein, du vögelst sie nur. Aber deine Frauen sind genauso austauschbar wie meine. Sie sind einfach nur … Dinge. Du hast dich nur noch nicht getraut, den Weg zu Ende zu gehen. Es würde dir gefallen …»
Sebastian wurde beinahe schwarz vor Augen. Allein der Gedanke daran, dass sich Vanja in der Gewalt des Mannes am anderen Ende der Verbindung befand, war grauenhaft.
«Du krankes Arschloch …»
Doch auf diesem Ohr war Hinde taub. Sebastian konnte ihn nennen, wie er wollte. Jede Beschimpfung, die das Wörterbuch zu bieten hatte. Es hatte keinerlei Bedeutung, es waren nur Worte. Hinde hielt jetzt alle wertvollen Spielkarten in der Hand.
«Wo wir gerade davon sprechen, den Weg bis zu Ende zu gehen … Wirst du es verkraften, noch eine Tochter zu verlieren?»
Sebastian musste sich anstrengen, um das Handy weiter festzuhalten. Am liebsten hätte er es losgelassen und sich gleich mit zu Boden fallen lassen. Zwei Töchter, beide tot. Wofür sollte er dann überhaupt noch leben?»
«Aber vielleicht gelingt es dir ja auch, mich zu finden? Wie in guten alten Zeiten.»
Dann war Hindes Stimme weg und die Leitung unterbrochen. Sebastian ließ das Telefon sinken und starrte Billy und Torkel an, die fast genauso so bleich wie er vor ihm standen.
«Hinde hat sie in seiner Gewalt. Er will, dass ich ihn finde.»
Darum ging es ihm also wirklich.
Er wollte sich nicht an Sebastian rächen, indem er andere umbrachte. Er suchte die echte Rache.
Hinde war auf Sebastians Leben aus.
Genau jetzt, in dieser Minute, war das
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