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Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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Philosophie?»
    «Ja. Warum interessiert sich die Polizei dafür?»
    Vanja antwortete ihm nicht. Je weniger Carl über den Anlass ihres Besuchs wusste, desto weniger konnte er seine Antworten daran anpassen. Billy dachte dasselbe und wechselte das Thema.
    «Was macht ein praktischer Philosoph? Ich meine, was kann man später mal damit anfangen?»
    Carl vollführte eine Vierteldrehung mit seinem Stuhl und sah Billy mit einem spöttischen Zug um den Mundwinkel an. «Warum? Sind Sie es leid, Polizist zu sein?»
    «Ist Philosophie nicht eigentlich etwas Theoretisches?», fuhr Billy fort, als hätte er die Frage nicht gehört. «Was macht ein praktischer Philosoph? Missionieren? An der Volkshochschule Kurse geben?»
    «Nur, weil Sie das nicht verstehen, müssen Sie sich noch lange nicht darüber mokieren.»
    «Verzeihung, ich habe aus reiner Neugier gefragt.»
    Carl warf ihm einen missbilligenden Blick zu, der deutlich machte, dass er die Entschuldigung nicht annahm. Vanja griff ein, um wieder zum eigentlichen Thema zurückzukommen, ehe Carl beschließen würde, gar nichts mehr zu sagen.
    «Wir haben den Brief gelesen, den Sie Hinde geschrieben haben.»
    Carl fixierte Billy noch einige Sekunden lang mit seinem Blick, ehe er sich wieder Vanja zuwandte.
    «Das habe ich inzwischen begriffen.»
    «Er klingt gerade so, als würden Sie zu ihm aufschauen.»
    «Nein, aufschauen ist das falsche Wort. Hinde fasziniert mich.»
    «Er ist ein Frauenmörder. Das finden Sie faszinierend?»
    Carl beugte sich auf dem Stuhl vor, nun sichtlich interessierter an dem Gespräch als noch vor einer halben Minute. «Nicht die Taten an sich. Aber der Weg dorthin ist ungeheuer interessant. Die Entscheidungen, die er getroffen hat, seine Erwägungen. Ich versuche, ihn zu verstehen.»
    «Warum?»
    Carl schien kurz über die Frage nachzudenken, als wolle er seine Überlegungen einem Professor erörtern, nicht aber der Polizei.
    «Seine Morde waren vorsätzliche Handlungen. Geplant und durchdacht. Er hatte den Wunsch zu töten, und diesen Wunsch hat er sich erfüllt. Ich möchte wissen, wo dieser Wunsch entstand», sagte er dann.
    «Das kann ich Ihnen sagen. In seinem kranken Hirn.»
    Carl lächelte Vanja beinahe nachsichtig an. «Das reicht doch nicht ganz aus für eine wissenschaftliche Arbeit. Außerdem setzt Ihre Aussage ja voraus, dass es akzeptabel ist, gewisse Wünsche als ‹krank› zu klassifizieren, wohingegen andere, gesellschaftlich eher anerkannte Wünsche wie beispielsweise der nach einem Hundewelpen, als ‹gesund› anzusehen wären.»
    «Sie meinen, es ist gesund, vier Frauen ermordet zu haben?»
    «Die Tat an sich wird in unserer Gesellschaft aus sehr guten Gründen nicht akzeptiert, aber es fällt mir schwer, den Wunsch, sie auszuführen, nach Kriterien wie ‹gesund› oder ‹krank› zu bewerten. Wir haben Regeln aufgestellt, wie wir uns verhalten sollen. Dass jemand einen anderen Menschen tötet, können wir natürlich nicht akzeptieren. Aber können wir tatsächlich nicht den Wunsch akzeptieren, es zu tun?»
    Vanja seufzte innerlich. War es denn notwendig, alles zu analysieren? Musste alles auseinandergenommen, verstanden und erklärt werden? Für sie verhielt sich die Sache ganz einfach. Wollte man einen anderen Menschen umbringen, war man krank. Setzte man den Wunsch in die Tat um, war man noch kränker. Oder durch und durch böse.
    «Hat er Ihnen geantwortet?», fragte Billy, teils, weil er keine Lust hatte, dieser philosophischen Vorlesung noch länger zuzuhören – wenn es sich denn tatsächlich um Philosophie handelt –, und teils, weil er Vanja ansah, dass sich ihre Laune zunehmend verschlechterte.
    «Leider nein.»
    «Schreiben Sie in einem dieser Foren?»
    Billy reichte Carl einen Ausdruck der Websites, die Hinde in den letzten drei Monaten besucht hatte. Carl nahm das Blatt und las es sorgfältig. Da klingelte eine Uhr in der Kochecke, und Carl legte den Ausdruck beiseite und stand auf.
    «Mein Brot ist fertig.»
    Er ging hinüber, stellte den Backofen aus und öffnete die Klappe, dann nahm er zwei Topflappen von der Arbeitsfläche und zog das Blech aus dem heißen Ofen. Vanja spürte mit einem Mal, dass sie hungrig war, als sie die beiden goldbraunen Brotlaibe in den Kastenformen sah. Sie warteten, während Carl in die Brote stach, um zu prüfen, ob sie fertig waren. Schließlich nahm er eine der Formen, drehte sie um und kippte das Brot auf ein Rost. Während er die Prozedur mit dem zweiten Brot wiederholte,

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