Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
sich als völlig wirkungslos erwiesen bei der Frau, die ihn inzwischen nur noch feindlich anstarrte. Allmählich ging sie ihm auf die Nerven. Aber vermutlich sollte er sich das lieber nicht anmerken lassen, wenn er Erfolg haben wollte. Immerhin hatte er ihr ein einfaches und gutes Angebot unterbreitet, und schließlich war sie doch diejenige gewesen, die ihn damals hatte engagieren wollen. Ihn haben wollte, seiner Expertise und seines ausgezeichneten Wissens wegen. Was er noch immer besaß. Ein bisschen Respekt konnte er da doch wohl erwarten.
«Ich bin immer noch Schwedens bester Profiler. Ich verspreche Ihnen, Sie nicht zu enttäuschen, auch wenn ich in letzter Zeit vielleicht nicht ganz so aktiv war in der Universitätswelt.»
«Wo waren Sie denn dann aktiv? Haben Sie seit den Neunzigern auch nur einen einzigen Satz publiziert? Arbeiten Sie? Tun Sie überhaupt irgendetwas?»
«Na gut. Wenn Sie an meinen Fähigkeiten zweifeln, biete ich Ihnen gerne eine Gastvorlesung zur Probe an. Damit Sie meine Kapazität erkennen. Als einmaliges Angebot, sozusagen.»
«Ja, damit kennen Sie sich ja ziemlich gut aus. Mit einmaligen Angeboten?»
Ihr Tonfall ließ Sebastian aufhorchen. Mit einem Mal klang er persönlich. Wütend. Möglicherweise verletzt. Er sah Veronika Fors an, erkannte sie jedoch immer noch nicht wieder. Nicht einmal die Augen, die ihm für eine Sekunde bekannt vorgekommen waren, gaben ihm eine Orientierungshilfe. Hatte sie zugenommen? Oder ab? Eine andere Frisur? Er wusste es nicht. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Irgendetwas war mit ihr. Mit ihrem mürrischen, etwas schrillen Tonfall. Und plötzlich kam ihm eine vage Erinnerung. Zu verschwommen, um wirklich greifbar zu sein, aber mit einem Mal war er überzeugt davon, dass er sie, auch wenn er sich ihrer sonst kaum noch entsinnen konnte, nackt gesehen hatte. In einem Treppenhaus in Bandhagen. Ein schwaches Standbild, eine uralte Momentaufnahme. Es war doch hoffentlich nicht so, dass er sie anschließend kalt hatte abblitzen lassen? Oder sie ihn?
Konnte es wirklich so schlimm sein?
Veronika Fors zerriss vor seinen Augen den Vertrag und zeigte ihm den Mittelfinger.
Also war es wohl doch so schlimm.
Leider.
R atet mal, wer der neue Gefängnisdirektor von Lövhaga ist!» Vanja machte es sich auf dem Stuhl bequem und ließ ihren Blick über die drei anderen im Raum schweifen.
Billy lächelte in sich hinein. Sie konnte es einfach nicht lassen. Schon auf der Rückfahrt nach Stockholm war sie mehrmals darauf zurückgekommen, dass sie nun schon wieder mit Thomas Haraldsson zu tun hatten. Als dem Leiter der Haftanstalt Lövhaga. Was hatte man sich dabei gedacht? Wie konnte das möglich sein? Bestechungsgelder, totaler Denkverlust, oder wollte jemand Lövhaga bewusst in den Ruin treiben – anders ließ sich diese Stellenbesetzung in Vanjas Augen nicht erklären. Billy hatte ihren Ausführungen die meiste Zeit nur stumm gelauscht. Er konnte sich nicht so sehr über Haraldsson echauffieren wie sie und fand es eigentlich sogar nett, ihn wiederzusehen. Natürlich war er nicht unbedingt der Hellste, aber gleichzeitig hatte dieser hart kämpfende Mann aus Västerås auch etwas Sympathisches und Bemitleidenswertes an sich. An Ehrgeiz fehlte es ihm jedenfalls nicht, und mit der richtigen Unterstützung konnte er die neue Aufgabe womöglich sogar richtig gut bewältigen. Hoffte Billy zumindest. Im Stillen. Er war sich ziemlich sicher, dass er der Einzige in diesem Raum war, der solche Hoffnungen hegte. Er sah über den Tisch zu Ursula und Torkel hinüber, die gerade beide verneinend den Kopf schüttelten.
«Ich wusste nicht einmal, dass es einen Wechsel gab», sagte Torkel und nahm einen Schluck von seinem vierten Becher Automatenkaffee.
«Thomas Haraldsson.» Vanja blickte ihre Kollegen geradezu herausfordernd an. Sie war äußerst gespannt auf ihre Reaktion, und da kam sie auch schon:
« Der Haraldsson? Aus Västerås?» Ursula runzelte die Stirn, als hätte sie etwas falsch verstanden. Vanja nickte. «Wie zum Teufel ist der denn da gelandet?», fragte Ursula.
«Ich weiß es nicht, es ist ein Rätsel.»
«Wie geht es ihm denn?», wollte Torkel mit leiser Stimme wissen.
Vanja registrierte, dass er weder erstaunt noch verärgert aussah. Eher ein wenig besorgt. «Es scheint, als würde er sich in seiner neuen Rolle sehr wohl fühlen.»
«Ich meinte seine Schulter.»
«Er sagt, er spürt es immer noch ein bisschen, aber ansonsten schien er wieder ganz
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