Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Atmosphäre unterbrach. Torkel griff nach dem Telefon, wandte sich ab und meldete sich.
«Aber er musste doch wohl gewusst haben, dass die Frauen das nicht überleben?» Vanja kehrte sofort wieder zum Thema zurück. «Warum hat er das Essen dort hingestellt?»
«Eine Sicherheitsmaßnahme. Falls sie wider alles Erwarten überleben und er bestraft wird. Er wollte nicht verhungern. Aber wie ja allseits bekannt ist, hat er seinen Proviant nie gebraucht.»
Torkel hatte sein kurzes Gespräch beendet und wandte sich wieder der Gruppe zu. Ihm war anzusehen, dass er keine guten Neuigkeiten hatte.
«Wir haben ein viertes Opfer.»
V anja traf vor den anderen ein. Die Streifenpolizisten, die die Leiche gefunden hatte, hatten das graue Hochhaus bereits vorbildlich abgesperrt. Vanja sprang aus dem Wagen und ging eilig zu dem Beamten, der hinter dem blau-weißen Absperrband stand. Sebastian blieb beim Auto stehen und betrachtete das Haus. Mit einer ärgerlichen Selbstverständlichkeit hatte er sich wieder neben ihr auf dem Beifahrersitz niedergelassen, doch Vanja hatte gespürt, dass es unangemessen wäre, bei einem dringenden Einsatz deswegen mit ihm zu streiten. Er durfte sich gern kindisch benehmen. Sie nicht. Sie war im Dienst. Doch wenn sich die Lage etwas beruhigt hätte, würde sie Torkel definitiv erklären, dass Sebastian Bergman künftig mit jemand anderem mitfahren sollte. Torkel selbst wäre doch eine gute Alternative. Immerhin hatte er darauf bestanden, Sebastian wieder mitzuschleppen.
Der Polizist, der an der Tür Wache hielt, erkannte Vanja wieder und nickte ihr zu. Sie erinnerte sich auch an ihn, Erik Irgendwas hieß er. Ein guter Polizist, gründlich und besonnen. Nach seinem kurzen Bericht hatte sie keinen Grund, ihr Urteil zu revidieren. Sein Kollege und er hatten sofort die Anweisung befolgt und die Reichsmordkommission alarmiert, als sie das gefesselte Mordopfer fanden. Sie hatten es vermieden, irgendetwas anzurühren, und den Tatort sofort wieder verlassen, um sowohl die Wohnung abzusperren als auch den Haupteingang, damit der Tatort nicht kontaminiert wurde. Vanja dankte Erik und ging Ursula, Billy und Torkel entgegen, die gerade angekommen waren.
«Sie haben dort oben alles abgesperrt. Dritte Etage. Billy, du kannst doch bestimmt mit Erik ein ordentliches Protokoll machen – das ist der Polizist, der als Erster am Tatort war.» Sie deutete auf den uniformierten Mann neben der Absperrung.
«Warum kannst du das denn nicht übernehmen?»
Vanja sah ihn mit verwunderter Miene an. «Und was tust du?»
«Ich gehe direkt nach oben.»
«Du redest mit Erik und kommst dann hoch», unterbrach Torkel das Gespräch. Billy schluckte seinen Protest hinunter. Es war eine Sache, Vanja daran zu erinnern, dass sie eine gleichberechtigte Stellung im Team hatten, eine ganz andere Sache war es, die Befehle des Chefs nicht zu befolgen.
«Gut.» Er drehte sich um und ging.
Die anderen drei machten sich auf den Weg ins Haus.
Sebastian stand noch immer beim Auto.
Er sah, wie Billy ihm zuwinkte, konnte sich aber nicht entscheiden, was er tun sollte. Mit all seiner Unruhe dort stehen bleiben oder herausfinden, ob sich seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten würden. Aber das war doch unmöglich. Das Haus war groß. Nein, vollkommen unmöglich. Es gab so viele Häuser, die aussahen wie dieses. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los. Es hatte ihn am ganzen Körper befallen und lähmte seine Beine.
Billy winkte ihm erneut zu. «Jetzt komm doch endlich!»
Sebastian konnte der Sache nicht mehr entgehen. Obwohl sich ein Teil von ihm dagegen sperrte, brauchte er Gewissheit. Er würde es ohnehin früher oder später erfahren. Also konnte er es genauso gut hier und jetzt hinter sich bringen. Er setzte seine Beine in Bewegung und ging auf Billy zu. Er würde ihm die Führung überlassen. Seiner Energie folgen.
Sie betraten das Mietshaus und stiegen die Steintreppen hinauf. Billy mit eifrigen Schritten. Sebastian mit immer langsameren. Es war ein gewöhnliches, graues Treppenhaus. Davon gab es Tausende, ja sogar Zehntausende. Anonym, identisch, alle sahen gleich aus. Warum sollte gerade dieses Treppenhaus so besonders sein? Er suchte fieberhaft nach Anhaltspunkten, die seine Angst mildern konnten, fand aber keine.
Er hörte, wie Billy den dritten Stock erreichte. Wie er dort oben mit jemandem sprach. Als er um die nächste Ecke bog, sah er, dass es ein Polizist war. Sie standen vor einer offenen Wohnungstür. Im Flur
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