Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
konnte er Torkel erkennen. Er ging einige Schritte auf die Tür zu, dann konnte er seine Panik nicht mehr kontrollieren. Zitternd sank er auf die Knie und atmete schwer.
Dann riss er sich ausreichend zusammen, um erneut einen Blick in die Wohnung zu werfen, in einer verzweifelten, letzten Hoffnung, dass er sich doch getäuscht haben könnte.
Das hatte er nicht.
Er sah ihn sofort, wie er dort auf dem Boden im Wohnzimmer lag.
Ein brauner Teddy mit einer roten Rosette und einem Text. Für die beste Mama der Welt.
Torkel hatte sich Schuhschützer übergezogen, es aber dennoch vermieden, das Wohnzimmer zu betreten, in dem sich das Bett befand. Es stand außer Zweifel, dass es sich um denselben Mörder handelte. Das Nachthemd, die gefesselten Beine und Arme, die klaffende Wunde am Hals – alles deutete darauf hin. Er fühlte sich wütend und machtlos zugleich. Ein weiteres Opfer, das er nicht hatte schützen können.
Ursula stand breitbeinig mitten im Zimmer und fotografierte methodisch den Tatort. Es würde sicher einige Stunden dauern, bis sie ihre vorläufige Untersuchung abgeschlossen hatte. In der Zwischenzeit konnten Torkel und die anderen beginnen, die Nachbarn zu befragen. Er hatte vor, mit der Frau anzufangen, die einige Stunden zuvor die Polizei alarmiert hatte.
Plötzlich hörte er Sebastians Stimme hinter sich.
«Torkel.»
Sie klang schwächer als gewöhnlich. Er drehte sich um und sah einen sehr bleichen Sebastian, der direkt hinter der Tür stand und sich gegen eine Betonwand im Treppenhaus lehnte. Es sah aus, als wäre die Wand das Einzige, was ihn noch auf den Beinen hielt.
«Was ist denn?»
«Ich muss mit dir sprechen.» Jetzt flüsterte Sebastian beinahe.
Torkel ging auf ihn zu, und Sebastian zog ihn ein Stück weit die Treppe hinunter. Nun reichte es aber! Torkel wurde allmählich sauer. Er war mit Ereignissen konfrontiert, die sich zum schlimmsten Fall seiner gesamten Karriere entwickeln konnten, und hatte wirklich keine Zeit für Stille-Post-Spielchen.
«Was willst du, Sebastian?»
Sebastian sah ihn beinahe flehend an. «Ich glaube, ich kenne sie. Annette Willén, heißt sie so?»
«Davon gehen wir aus. Jedenfalls heißt so die Frau, die hier wohnt.»
Es sah aus, als würde Sebastian erneut für eine Sekunde den Halt unter den Füßen verlieren, wieder musste er sich an der Wand abstützen.
«Woher kennst du sie?», fragte Torkel, inzwischen weniger irritiert. Sebastian war offensichtlich schwer getroffen.
«Wir waren in der gleichen Gruppentherapie. Einmal. Ich war nur einmal da … Danach hatten wir Sex.»
Natürlich. Etwas anderes hätte Torkel auch gar nicht erwartet. Lernte Sebastian jemals Frauen kennen, ohne mit ihnen ins Bett zu gehen? Torkel bezweifelte es. Aber normalerweise bedeuteten Sebastian diese Abenteuer nichts. Die Frauen bedeuteten ihm nichts. Jetzt war er offensichtlich sehr mitgenommen, was Torkel Böses ahnen ließ.
«Wie lange ist das her?»
«Ich bin um kurz vor fünf von hier weggegangen.»
«Wie? Heute Morgen?»
«Ja …»
Torkel merkte, wie er alle anderen Geräusche um sich herum ausblendete. Er konzentrierte sich nur noch auf den Mann vor ihm. Der Mann, der gerade Sachen gesagt hatte, die er unter keinen Umständen hören wollte.
«Aber was zum Teufel!»
«Es tut mir leid, ich weiß nicht …» Sebastian suchte nach Worten. Fand sie nicht. «Ich meine … was soll ich denn verdammt noch mal machen?»
Torkel schaute sich um. Sah den Polizeibeamten, der gerade mit Billy und Vanja zusammenstand und die Befragungen der Nachbarn vorbereitete. Ursula, die eine schwarze Tasche und neue Objektive für die Nahaufnahmen holte. Dann wanderte sein Blick wieder zurück zu Sebastians farblosem Gesicht. Zu dem Mann, den er zu jenem Fall hinzugerufen hatte, der sich gerade in einen polizeilichen Albtraum verwandelte.
«Du musst zurück ins Polizeipräsidium fahren. Und dort bleiben, bis ich komme.»
Sebastian nickte schwach, machte aber keine Anstalten, sich von der Stelle zu rühren.
Torkel schüttelte frustriert den Kopf und wandte sich an den Streifenpolizisten.
«Jemand muss diesen Mann hier ins Präsidium fahren, kümmern Sie sich bitte darum?»
Dann ging er zurück in die Wohnung, zu Ursula. Zu dem furchtbaren Verbrechen, das ihm so kompliziert vorgekommen war und das ihm plötzlich als das kleinere von zwei Problemen erschien.
V on seiner Fahrt zurück zur Reichsmordkommission blieb Sebastian nicht viel im Gedächtnis. Nur, dass er sich auf die
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