Die Frauen von Bramble House
gerade genau das auch vorgeschlagen, und bei uns gibt es doch Sherry bloß bei besondren Anlässen.«
»Nun, dann schaffen wir uns eben einen besonderen Anlaß, Liebes«, sagte Emma Funnell. »Und bei unserem Sherry werden wir dann über die Hochzeit sprechen und darüber, ob wir hier bei uns einen kleinen Empfang geben oder lieber in einem Hotel. Allerdings, nach dem, was du mir von seiner Familie berichtet hast, würde ich persönlich ein Hotel vorziehen. Jedoch, das werden wir über unserem Sherry besprechen. Geh und bring die Karaffe, Victoria. Und auch die besten Gläser! Ach ja, und da sind auch noch diese neuen Biscuits von Fortnum & Mason’s. Und falls Peggy auf ihrem Zimmer ist, soll sie herunterkommen. Sie sollte eigentlich dabeisein.«
Lizzie sank das Kinn auf die Brust. Peggy sollte ebenfalls bei der Besprechung dabeisein, hatte die Alte gesagt. Himmel, das Leben war schon zu komisch, wenn man drüber nachdachte. Das Leben bestand doch hauptsächlich aus Familie. Und es gab nichts, was komischer war als Familie, oder? Oder tragischer … oder trauriger und hoffnungsloser und elender. Und dieses ganze Elend schleppte sie mit sich herum.
6. Kapitel
Es war der Abend vor ihrer Trauung. Peggy stand in dem kleinen Wohnzimmer ihres neuen Heims, Mutter und Großmutter hatten in den letzten vier Wochen wirklich wahre Wunder vollbracht, und in der letzten Woche hatten Tantchen May und Mr. Conway – noch immer brachte sie es nicht über sich, als »Onkel« an ihn zu denken – auch noch ziemlich mitgeholfen. Und jetzt wirkte alles wie neu und blitzblank. Die Zimmer waren fast alle in einem zarten Mauveton gehalten, die Türen und anderen Holzteile in hellem sonnigem Gelb gestrichen. Für das Wohnzimmer hatten sie Möbel vom Dachspeicher geholt, und für die Küche hatte ihnen die Urgroßmutter einen neuen Elektroherd, eine Waschmaschine mit Trockner, Geschirrschränke und einen Küchentisch mit vier Stühlen spendiert. Sie hatte ihr auch eine moderne Schlafzimmereinrichtung gekauft. Der Teppichbelag im Schlafzimmer und auf dem Absatz und der Treppe war ebenfalls neu. Auf dem Dachboden hatten sie zwei noch recht anständig aussehende Teppiche entdeckt, einen blauen fürs Eßzimmer und einen in Rosa für das Wohnzimmer. Es war kein Wort darüber gefallen, daß man das zweite Schlafzimmer als Kinderzimmer einrichten wolle, jedenfalls bisher nicht. An die Küche grenzte eine kleine ehemalige Spülküche, und hier befand sich auch die Tür hinüber ins Haupthaus. Diese Tür hatte weder Schloß noch Riegel gehabt, und als Peggy sah, wie Mr. Conway ein Türschloß anschraubte, hatte sie keine Ahnung, ob er das aus eigenen Stücken tat, oder ob ihre Mutter es vorgeschlagen hatte. Aber sie fragte nicht.
Von diesem kleinen Wohnzimmer auf der Außenseite des Anbaus, und dem Haupthaus abgewandt, führte eine weitere Tür hinaus und fast direkt auf einen Weg, der zum Lieferanteneingang führte. So stand es jedenfalls unzweideutig auf der Holztafel am unteren Tor zu dem Grundstück. Auf diesem Weg hatte Andrew vor kurzem seinem neuen Heim zweimal einen Besuch abgestattet, und er war beide Male ziemlich verlegen gewesen, weil beide Male Peggys Mutter und Großmutter anwesend waren.
Aber jetzt war sie allein und erwartete ihn. Sie ging im Wohnzimmer auf und ab. Es wirkte klein, jedenfalls im Vergleich zu dem drüben im Haupthaus, fast nur ein Schuhkarton. Aber ein Gedanke war tröstlich: Das würde ihr eigenes Wohnzimmer sein … also, nicht ganz allein ihr eigenes, weil ja Andrew auch dasein würde. Das bedeutete, sie würde auch für ihn kochen müssen. Obwohl, das war wieder gar nicht so ärgerlich. Eigentlich kochte sie ja gern. Ihre Mutter hatte ihr das schon seit einer ganzen Weile beigebracht.
Sie ging ins Eßzimmer. Am Tisch war Platz für sechs Personen. Es gab ein hübsches kleines Sideboard. Sie zog die mittlere Schublade auf. Da lag der Besteckkasten mit jeweils sechs der für ein Dinner nötigen Teile. Die Bestecke stammten aus dem Speisezimmer drüben. Himmel, sie dachte an ihr bisheriges Heim bereits als »da drüben«!
Sie ging wieder ins Wohnzimmer zurück und setzte sich auf die Couch vor dem elektrischen Kamin. Sie fühlte sich verlassen. Das Gefühl hatte sie oft, seit sie von der Schule abgegangen war. Sie hatte keine ihrer Klassenkameradinnen mehr gesehen, bis gestern, als sie auf dem Markt Jane Power und Betty Rowlands getroffen hatte. Beide hatten recht unentschlossen ausgesehen, ob sie
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