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Die Frauen von Bramble House

Die Frauen von Bramble House

Titel: Die Frauen von Bramble House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
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daß ich mal auf die Uni gehe. Aber ich wußte, daß da nie was draus werden wird. Ich bin einfach kein Akrobat: Ich hab es grad noch in die Sechste geschafft, weil ich gut in Kunst bin. Es ist schon komisch …« Er hob den Kopf und blickte gedankenverloren zur Decke. Dann fuhr er fort: »Leute wie sie, aber auch mein Alter, die glauben, daß dir die Welt zu Füßen liegt, sobald du aufs Gymnasium gehen darfst. Früher hab ich das auch mal geglaubt, weil es drüben in unsrer Gegend nicht viele gibt, die das geschafft haben. Zum Beispiel Joe Birkhead. Der wohnt eine Straße weiter. Und der, der ist ein Akrobat. Ein Genie in Mathe. Der wird es weit bringen.«
    Leise sagte sie: »Das könntest du aber auch, Andrew, wenn du nur richtig wolltest. Ich meine, du könntest doch abends studieren.«
    »Und was? Kunst?«
    Er sah sie jetzt direkt an.
    »Ja. Oder was du dir sonst vorstellen könntest.«
    »Hah!« Sein Lachen klang ziemlich brüchig, dann schüttelte er den Kopf, und einen Augenblick lang wirkte er wie ein erwachsener Mann, als er sagte: »Ganz bestimmt werde ich eine riesige Lust haben, abends zu studieren, nachdem Mr. Stanhope mit mir fertig ist, nachdem er mich den ganzen Tag lang auf dem Rücken hat liegen und die Eingeweide von Karren hat abschmieren lassen. Ihnen den Bauch einkremen, wie er das nennt.«
    Er kicherte, und sie mußte ebenfalls kichern, und das Glucksen vermischte sich, bis sie beide lauthals loslachten. Als sie vor Lachen Schluckauf bekamen und allmählich still wurden, holte er tief Luft und sagte leise: »Es wird nicht allzu schlimm werden. Ich werde mein Bestes tun, in jeder Hinsicht. Es wird für mich eine größere Umstellung sein, weißt du. Für dich nicht so sehr. Du bist so was ja gewöhnt.« Er streckte die Hand aus. »Aber mein Leben – und das von Minnie – war von Anfang an ein ziemlicher Kriegsschauplatz. Minnie hat zwar das Maul ziemlich weit aufgerissen … aber eigentlich ist sie ganz in Ordnung, ehrlich. Unsere Ma hat sich nie viel um sie gekümmert, die hat sich ganz auf mich konzentriert. Also hat sie sich auf Pas Seite geschlagen. Aber innen drin ist sie ganz in Ordnung; ein bißchen freche Göre noch, aber da wird sie drüber rauswachsen.«
    Auf einmal fühlte Peggy sich zu dem Jungen wieder hingezogen: Er war so anders geworden, wirkte plötzlich viel reifer.
    Als er sagte: »Ich geh jetzt wohl lieber, ja? Du wirst bestimmt noch was erledigen müssen. Es … es ist doch um elf morgen?«, da antwortete sie ihm: »Ja, um elf.«
    Er stand auf. »Ich wollte … es wär schon vorbei. Du nicht auch? Ich meine … hm … wir wären schon unterwegs. Warst du schon mal in Harrogate?«
    »Nein, noch nie.«
    »Also … es ist ein nettes Hotel. Dad hat es sich genau angeschaut und für uns gebucht. Ein todschicker Laden. Er bezahlt uns die Woche, als eine Art Hochzeitsgeschenk.«
    »Das war aber großzügig von ihm, sehr großzügig.«
    »Mein Dad ist schon in Ordnung. Du könntest ihn mit der Zeit gern haben.«
    »Ja, ich glaube, daß ich das könnte.«
    »Ich wollte … ich könnte das auch über deinen Vater sagen.«
    »Willst du was wissen, Andrew?« Sie zögerte. Er wartete. »Ich wünschte, ich könnte das auch.«
    »Tatsache? Du hast so was schon mal gesagt, aber ich hab’s dir einfach nicht abgenommen.«
    »Also, du kannst es ruhig glauben.«
    »Er wird versuchen, mir ziemlich einzuheizen bei der Arbeit, wenn er kann.«
    »Also, du brauchst weiter nichts zu tun, als dir nichts von ihm bieten zu lassen.«
    »Oh, das geht schon klar, das mach ich bestimmt. Es gibt da nämlich noch ’ne andere Seite in mir, weißt du: Ich laß mich von keinem rumschubsen. Das hab ich von meinem Alten geerbt.«
    Dann standen sie an der Tür und sahen einander an. Er bat mit einer ganz anderen, leisen Stimme: »Darf ich dich küssen?«
    Sie machte eine leichte Kopfbewegung, und er beugte sich zu ihr, legte ihr die Hände auf die Schultern und drückte seinen Mund auf den ihren. Seine Lippen fühlten sich weich an und heiß, aber ihr Mund blieb verkrampft und fest geschlossen. Nach ein paar Sekunden trat er zurück, lächelte sie an und sagte: »Also, tschüß bis morgen.«
    »Gute Nacht«, sagte sie.
    Als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, stand sie da, preßte die Wange gegen das Holz und befahl sich selber, nicht in Tränen auszubrechen; schließlich, sie war jetzt ja nicht mehr bedrückt, aber sie hätte auch nicht behaupten können, daß sie glücklich sei.

7. Kapitel
    Sie

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