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Die Frauen von Bramble House

Die Frauen von Bramble House

Titel: Die Frauen von Bramble House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
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den Steinguttellern und wählte aus einer Phalanx von Fläschchen und Döschen ein Glas mit blauen Pillen aus. Sie nahm eine der Pillen heraus, goß eine Tasse halbvoll mit Milch und brachte sie kommentarlos ihrer Mutter. Die ganzen letzten zwei Wochen über hatten sie kein Wort gehört von Blähungen und drohenden Darmrissen, Magenbeschwerden, Migräne oder Phlebitis. Sicher, das mit der Venenentzündung stimmte ja, aber der Rest der »Leiden« schien doch eher ganz andere Ursachen zu haben.
    Als sie aus der Küche gehen wollte, fragte ihre Mutter:
    »Wo gehst du hin, Lizzie?«
    »Bloß mal nachsehen, ob es ihm gutgeht.«
    »Den Tag möcht ich gern erleben! Ha!«
    Während sie nach oben ging, wiederholte Lizzie sich die Worte: »Ha! Ja, das möchte ich auch gern mal erleben. Aber man weiß ja nie.«
    Aber sie wußte Bescheid, sobald sie die Tür zu ihrem Schlafzimmer geöffnet hatte. Er zog sich gerade ein frisches Hemd an, und als sein Kopf durch den Kragen fuhr, sah er eine Sekunde lang aus wie ein altmodisches Kastenteufelchen, nur leider ohne das fröhliche Grinsen im Gesicht.
    »Na, war es schön?«
    »O ja, es war ein schöner Urlaub.«
    Sie sah ihm jetzt zu, wie er an dem Kragen zerrte und ihn zuzuknöpfen versuchte. »Ich brauche neue Hemden«, sagte er. »In der Wäsche schrumpfen die immer so. Wahrscheinlich zu Tode gekocht.«
    »Es könnte nicht etwa sein, daß du zugenommen hast?«
    »Ich nehme niemals zu!« Er blickte sie über die Schulter an, als er sich jetzt zum Spiegel der Kommode niederbeugte.
    Sie wartete, aber er sagte nichts weiter. Also ging sie zum Schrank und holte sich einen Überwurf, und beim Hineinschlüpfen sagte sie: »Es hat sich ziemlich viel getan, seit du weg warst.« Und sie spürte eigentlich mehr, als daß sie es gesehen hätte, wie er plötzlich herumfuhr und sagte: »Also hat sie ihn nicht geheiratet?«
    »Oooh das …« Sie zog sich den Mantel zurecht. »Ach, aber selbstverständlich haben sie geheiratet, und in der Hinsicht läuft alles sehr gut, möchte ich meinen. Nein, ich hab eigentlich die Firma gemeint.«
    »Was ist mit der Firma?« Seine Hände umklammerten den Hosenbund.
    »Ach, weiter nichts, bloß Mr. Cartwright ist ausgefallen. Krank. Er ist in der Klinik … und soweit ich weiß und nach dem, was Mrs. Cartwright sagt … also, ich glaub nicht, daß er wieder zurückkommt. Er hat die Parkinsonsche Krankheit.«
    »Was! Wieso hast du mich nicht …?«
    »Ja, wieso hab ich dich nicht informiert? Ach ja, ich hätte eine Suchanzeige über die B.B.C. loslassen sollen, ja? Leonard Hammond, irgendwo in England unterwegs, wird gebeten, sofort nach Hause zu kommen, weil Mr. Brooker mittlerweile die Firmengesamtleitung allein übernommen hat! Ja?«
    »Spar dir deinen verdammten Sarkasmus, Weib! Die Sache ist ernst. Wann war das?«
    »Also, du bist Freitagabend in deinen Urlaub – verschwunden, und am Sonntag haben sie ihn ins Krankenhaus gefahren. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen, es läuft alles glatt weiter. Ich bin am Montag mit der Oma runtergefahren. Nicht bloß, um Henry Brooker die Firmenleitung zu übertragen, sondern auch, um deinen Schwiegersohn dort einzuführen.«
    Aber warum tat sie das? Sie wußte natürlich, es war für ihn eine ziemliche Qual, das war nicht zu übersehen. Aber – hatte nicht auch sie jahrelang ähnliche Qualen durchgemacht? Wann hatte dieser Mann da je ein freundliches Wort an sie verschwendet? Und wann hatte er sie jemals anders behandelt, als wäre sie eine läufige Hündin? Tatsächlich hatte sie sich schon lange gesagt, daß selbst eine Vergewaltigung nicht schlimmer sein konnte: Nie kam von ihm ein liebevolles oder zärtliches Wort, nie fragte er nach ihren Gefühlen oder Bedürfnissen. Drei Jahre war es inzwischen her, seit sie damit aufgehört hatte; aber sie war doch erst fünfunddreißig, und sie hatte eben Bedürfnisse und ein Verlangen in sich, für die sie nur in Träumen Erfüllung fand. Aber in diesen Träumen gab es ein Gesicht, und dieses Gesicht erblickte sie jedesmal in Wirklichkeit, wenn sie in die Firma kam.
    Jetzt sah sie, wie ihr Mann hastig nach seiner Uhr auf der Kommode griff, und sie sagte: »Sie schließen um fünf; du schaffst es nicht mehr. Aber mach dir keine Sorgen, dein Büro ist noch da.«
    »Ach, zum Teufel mit dem Büro! Du weißt doch ganz genau, was das heißt! Und wenn die alte Hexe mir das nicht gibt, dann – beim Himmel! – gibt es einen Krach, wie du ihn noch nie erlebt

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