Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frauen von Bramble House

Die Frauen von Bramble House

Titel: Die Frauen von Bramble House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
Vom Netzwerk:
benutzt.«
    »Weiß er es schon?«
    »Nein. Er … er hat Schluß gemacht.«
    »Beim Himmel! Er hat Schluß gemacht und läßt dich sitzen, meinst du das, Schätzchen? Seit wann?«
    »Also … seitdem … ich nicht mehr zur Scheune kommen wollte … Ich meine, seitdem ich nicht mehr wollte.«
    »In die alte Scheune unten am Ende von Hookers Acker, wie? Allmächtiger Gott! Man sollte aus dem Schuppen ein Museum machen, so wie da drin für das Bevölkerungswachstum gesorgt wird. Wie heißt er denn? Und wie alt ist er?«
    Wieder kam nur ein Flüstern: »Andy … Andrew Jones. Er … er ist grad siebzehn geworden.«
    »Ist er noch in der Schule?«
    »Ja.«
    »Schön. Jetzt trink erst mal deinen Tee. Und ich lange mal kurz rüber und rede ein Wörtchen mit deiner Mutter. Aber hab keine Angst. Was passiert ist, ist eben passiert. Und ich will dir noch was sagen: Es ist nicht das erste Mal, daß da in dem Sessel so ein Fohlen sitzt wie du und mir genau die gleiche Geschichte erzählst. Aber das hast du wahrscheinlich schon von deiner Großmutter und deiner Urgroßmutter gehört. Dem Himmel sei’s gedankt, in ihrem Fall hat sich alles zum Guten gewendet: Sie ist jetzt verheiratet, hat zwei Kinder und ist glücklich. Was erstaunlich ist … sie ist glücklich, und ihr Kerl ist keinen Pfifferling wert. Na ja, in Gottes Zoo gibt’s halt verschiedene Tierchen. Also, du bleibst jetzt schön brav und ruhig hier sitzen und trinkst deinen Tee, ist das klar? Ich bin in einer Minute wieder zurück.«
    Sie ging aus der Küchentür und am Haus entlang, quer über das schmale Rasenstück zu dem von Ebereschen gesäumten Pfad, der zu der hohen Backsteinmauer führte, durch die man in den Garten von Bramble House gelangte. Sie vergewisserte sich, daß sie die Tür hinter sich wieder fest geschlossen hatte, ehe sie sich geschickt durch einen Streifen altvertrauten Gehölzes im Dunkeln weiterbewegte. Danach stieg sie vorsichtig über ein Beet mit Azaleen und ging über den Rasen bis an die Stirnseite des schmucklosen roten Backsteinhauses. Dort bog sie hastig um die Ecke und durchquerte einen weiten Hof, an dessen einer Seite zwei Garagen standen, ehemals Stallungen oder andere Nutzgebäude. Sie war schon fast an der Küchentür, als diese aufging und Lizzie Hammond herauskam.
    Lizzie zog sich gerade den Mantel an, und wenn sie auch ein wenig erstaunt aussah, daß May um diese späte Tageszeit vorbeikam, weil sie eigentlich sonst nie vorbeischaute, wenn Leonard bereits im Haus zurück sein konnte, fragte sie nichts, sondern sagte nur: »Peggy ist noch nicht zurück. Mir ist grad eingefallen, daß heute abend ja gar keine Chorprobe ist. Ich weiß nicht, wo sie sich herumtreibt.«
    »Lizzie!« May legte ihrer Freundin die Hand auf den Arm. »Ich weiß, wo sie sich herumtreibt. Sie hockt drüben bei mir in der Küche. Hör zu, komm doch für eine Minute wieder rein ins Haus.«
    »Was macht sie denn bei euch? Wieso ist sie nicht …«
    »Ich erzähl dir gleich alles. Aber gehen wir rein.« Sie stieß Lizzie beinahe gewaltsam in deren eigene Küche zurück, und dort biß sie sich fast die Lippe blutig, als sie am Tisch Mrs. Pollock, Lizzies Mutter sah, die beim Äpfelschälen war.
    Victoria Pollock war ganz gewiß die letzte Person, die eine solche Nachricht gelassen aufnehmen würde. May wollte gerade eine Ausflucht suchen und sagen: »Kannst du nicht für einen Moment mit rüber zu uns kommen, Lizzie? Ich hätte gern deinen Rat in einer Sache …« Da ging die Tür auf und das weibliche Oberhaupt kam in die Küche.
    Emma Funnell war vierundsiebzig Jahre alt. Ihr Geburtsjahr war 1894, und sie hatte den Baumeister Patrick Funnell im Jahre 1913 geheiratet, mit neunzehn Jahren. Dieses Haus war sein Hochzeitsgeschenk für sie gewesen. Und seitdem war es ihr Haus geblieben und sie stets die Herrin darin, und da sie entschlossen war, mindestens hundert zu werden, blieb ihr ja noch eine Menge Zeit.
    Sie war bekannt für ihre sehr direkte Art, und die bewies sie wieder einmal, indem sie May ansah und fragte: »Was ist los, May? Du siehst arg blaß aus um die Nase, Kindchen.«
    May mochte das »alte Mädchen«, wie sie sie nannte, gern, doch es gab Zeiten, in denen sie ihr auf die Nerven ging. Man lebte im Jahre 1968, und die alte Dame tat immer noch so, als befände sie sich im letzten Jahrhundert und als säße Queen Victoria noch auf dem Thron. Und aus dieser leichten Irritation heraus fühlte May sich veranlaßt, jetzt zu sagen: »Nun, da Sie

Weitere Kostenlose Bücher