Die Frauen von Bramble House
…«
Als sie am Haus vorfuhren und Lizzie ausstieg, war sie noch immer in Nörgellaune. »Du meine Güte! Keine Kosten gescheut, was? Sieh dir bloß die ganze Beleuchtung an! Jedes Fenster leuchtet! Und wenn ich dran denke, als Peggy noch klein war, hat die Alte mir verboten, die Weihnachtsbaumkerzen vor Heiligabend und der Bescherung anzumachen. Und nun schau dir das an: Festbeleuchtung selbst auf den Gartenbäumen. Auch eine Neuheit.«
»Also, jetzt komm schon. Komm. Es ist Weihnachten! Wir können sie durchhecheln, wenn wir wieder daheim sind.«
Als sie ins Foyer traten, mußten beide blinzeln, als sie die funkelnden Lichter an dem riesigen Christbaum sahen, der rechts von der Treppe stand und mindestens dreieinhalb Meter hoch war. Dann sah Lizzie ihre Tochter die Stufen herunterkommen. Sie trug ein Tablett mit Tellerchen und Täßchen und Schüsselchen. »Wer ist denn krank?« fragte Lizzie.
»Oma.«
»Himmel, nicht schon wieder! Das macht sie an jedem Heiligabend!«
»Gib mal das Tablett her, Mädchen.« Henry nahm ihr das schwerbeladene Servierbord aus den Händen und stellte es auf einen Ablagetisch. Und Lizzie fragte: »Hat sie diesmal ihren Nachmittagstee und ihr Abendessen auf einmal verdrückt?«
Peggy lächelte sie an und fragte: »Aber, Mam, du solltest es doch noch wissen. Sie hat doch noch jedesmal nach einem ihrer Ohnmachtsanfälle einen gewaltigen Appetit entwickelt. Die einzige Möglichkeit, wieder zu Kräften zu kommen. Weißt du nicht mehr? Wie geht es dir?«
Lizzie zog den Mantel aus und nahm ihren Hut ab und legte beides auf einen Stuhl. »Mir geht es gut«, sagte sie, »aber die Frage ist eher, wie’s dir geht? Du siehst ziemlich erschöpft aus.«
»Was erwartest du anderes, Mam, es ist Weihnachten. Wer wäre da nicht ganz fertig?«
»Wo ist Emma?«
Peggy beantwortete Henrys Frage, indem sie mit dem Daumen zur Decke wies. »Sie wird gerade gebadet.«
»Und danach muß sie gleich ins Bett?«
Peggy wandte sich ihrer Mutter zu: »Ja. Aber sie wird nicht schlafen.«
»Nun, dann können wir ja die Geschenke aufmachen und sie unterm Baum verteilen. Aber vorher husche ich rasch noch kurz hinauf und sag ihr hallo.« Sie wandte sich zur Treppe, doch Peggys scharfer Ton ließ sie innehalten. »Nein! Nicht!« Dann fuhr sie mit veränderter Stimme fort: »Andrew ist droben bei ihr und versorgt sie.«
»Na, er wird ja wohl kaum was dagegen haben, daß ich mein Enkelkind in der Wanne sehe.«
Peggy bewegte den Kopf in einer Art, daß Lizzie und Henrys ganze Aufmerksamkeit sich ihr zuwandte und sie ein paar Sekunden stumm warteten. Dann begann Peggy auf die Tür zum Salon zuzugehen. »Das … das ist etwas Besonders in seinem Tagesablauf, und er … er ist dabei lieber mit ihr allein.«
Lizzie und Henry blickten einander stumm an und folgten Peggy in den Salon. Dort setzten sie sich auf das Sofa. Sie warteten, daß Peggy noch etwas zum Thema Klein-Emma sagte, doch sie legte nur ein frisches Scheit aufs Kaminfeuer, dann lächelte sie ihnen zu: »Wie wär’s mit einem Drink?«
»Was für eine blendende Idee!« Henry grinste sie breit an. »Ich nehme einen Whisky-pur, und die Lady da trinkt Gin mit Limonade.« Dann beugte er sich zu Lizzie. »Oder möchtest du vielleicht doch lieber ein Gläschen Sherry?« Das war ein stehender Scherz zwischen ihnen, und Lizzie erwiderte affektiert: »O nein, Sir, danke. Wie Sie sagten, Gin mit Limonade.«
Mit ganz ernster Miene sagte Peggy: »Sherry ist was für besondere Anlässe, und dies hier ist keiner, wir sind nicht einmal eine erlesene Gesellschaft.«
»Also, setz dich in Bewegung!«
Als die Tür geschlossen war, blickte Lizzie ihren Mann an und sagte: »Und? Was hältst du davon?«
»Frag mich nicht. Außerdem ist hier nicht der rechte Ort, das zu besprechen.«
»Sie hatte Angst, daß ich da raufgehen könnte, nicht? Warum? Und das ist nicht zum ersten Mal der Fall.«
»Also, Liebes, ich glaube nicht, daß du was Unheimliches daran finden kannst, wenn ein Mann abends sein kleines Kind badet. Und wir wissen ja, daß er ganz verrückt nach der Kleinen ist. Aber wer wäre das nicht? Sie ist wunderschön und süß und für eine Fünfjährige auch gescheiter als die meisten anderen Kinder.«
»Wie mir scheint, bestimmt er, was hier im Haus geschieht.«
»Aber Liebes, das tut er doch schon, seit er hier eingezogen ist. Schließlich hat er ja die Besitzerin hinter sich, nicht?«
»Ja, ja, du sagst es ganz genau, er hat die Besitzerin hinter
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