Die Frauen von Bramble House
sich.«
Die Tür ging auf, und Peggy kam mit einem Tablett mit drei Gläsern herein. Henry bekam seinen Whisky, Lizzie die Gin-Limonade. Als sie das dritte Glas nahm, sagte ihre Mutter: »Was ist denn das? Das ist ja eine ziemlich düstere Mixtur. Was ist es?«
»Brandy und Port.«
»Brandy und Portwein?« Henry fragte das, noch ehe Lizzie ihre Verblüffung überwunden hatte und ihrerseits fragte: »Brandy mit Portwein? Wie bist du denn darauf gekommen?«
»Man hat mir gesagt, daß das ein wundervoller Seelentröster ist, und es stimmt. Es entspannt einen so schön.«
Beide starrten die junge Frau an, die genüßlich ihr Gemisch aus Branntwein und Portwein schlürfte. Der ganze reife Habitus schien von ihr abgeglitten zu sein, und auf Lizzie wirkte sie auf einmal wieder wie das halbe Kind von damals, das unversehens schwanger geworden war und nicht hatte heiraten wollen. Aber dieser Eindruck verschwand, als sie sich den Satz wiederholte: Ein wundervoller Seelentröster … es entspannt so schön … und sie sah nicht die schöne einundzwanzig Jahre junge Frau vor sich, sondern ein Mädchen, das aussah wie dreißig und sich mit einem scheußlichen Gebräu aus Schnaps und Südwein über ihr unglückliches Leben hinwegtrösten mußte.
»Ich habe von der Urgroßmutter ein Weihnachtsgeschenk bekommen.«
»Und? Was war es? Ein Jahresgutschein für dein Benzin? Oder einen Karton Obst? Etwas, wovon alle was haben?«
»Sei nicht so zynisch, Mam. Nein, mein Geschenk ist lebendig.«
»Lebendig? Oh, ein Hund?«
»Aber nein! Sie würde hier doch nie einen Hund dulden.«
»Was … ein Pferd?«
»Nein. Sei doch nicht naiv.«
»Also, komm schon raus damit, erlöse mich aus meinen Qualen!«
»Eine Haushaltshilfe. Ganztags. Für dreißig Pfund die Woche plus Verpflegung.«
»Unmöglich! «
»Doch! Am letzten Wochenende bekam ich das Startzeichen, und heute morgen habe ich mich mit der vierten Bewerberin unterhalten. Eine Witwe, neunundzwanzig, liebt Hausarbeit, sagt sie jedenfalls, kann kochen und scheint recht angenehm im Wesen zu sein.«
»Ich kann es nicht fassen! Es geschehen also noch Zeichen und Wunder! Könnte es tatsächlich sein, daß du dich auf die Hinterbeine gestellt hast, seit meine Mutter mal wieder beschlossen hat, das Bett zu hüten?«
»Ja, vielleicht«, sagte Peggy und trank noch einen Schluck aus ihrem Glas. Es wäre doch zu entwürdigend gewesen, hätte sie ihrer Mutter gesagt: Nein, ich hatte nichts damit zu tun, das war ganz allein die Idee von unserem Superboy, der unserer großen alten Dame das rausgeschmeichelt hat. Und wenn sie ihnen den Grund genannt hätte, der dahintersteckte, sie hätte es ihr doch nicht geglaubt. Oder vielleicht doch, Peggys Mutter würde es vielleicht glauben, wenn sie an ihren früheren Ehemann zurückdachte. Aber hatte ihre Mutter zu dem jemals zu sagen gewagt: Laß mich in Ruhe, ich bin müde! Du hast fast den ganzen Tag nur in deinem Büro gehockt, während ich seit sieben heute früh bis zehn in der Nacht ständig von den Launen und Wünschen zweier alter Weiber in Trab gehalten wurde; daneben habe ich mein Kind versorgt; dazwischen habe ich die Mahlzeiten zubereitet und versucht, dieses Mausoleum sauberzuhalten … Nun, höchstwahrscheinlich hatte Peggys Mutter so etwas ähnliches gesagt. Doch hatte ihr Mann dazu gesagt: Also schön, wir wollen doch mal sehen, wie sich ein bißchen Hilfe im Haushalt auf deine Lust auswirkt? Peggy bezweifelte es, denn sonst hätte ihre Mutter ja eine Hilfe bekommen.
Auf die Lust auswirkt. Andrew redete in letzter Zeit immer so. Schon seit einer ganzen Weile. Erriet ihre Mutter, daß in diesem Haus hier ein Kampf tobte? Nein, eigentlich mehrere Kämpfe? Die Schlacht zwischen den Laken zum einen; dann der Kampf gegen die vereinigten Streitkräfte ihres Mannes und der Urgroßmutter – und die beiden operierten mittlerweile aller Wahrscheinlichkeit nach im Verbund – und dann noch jener andere, bislang noch nicht offen erklärte Krieg, der aber bald ausbrechen mußte. Oh, doch, das würde und mußte er.
»Hör mal«, ihre Mutter unterbrach Peggys Gedanken. »Soll ich morgen ganz früh rüberkommen und dir ein bißchen zur Hand gehen? Das geht durchaus, weißt du. Schließlich brauche ich mich ja nur um den da kümmern …« Sie blickte zu Henry, als sei ihr das eine lästige Pflicht, und er lächelte strahlend zurück. Aber Peggy sagte hastig: »Nein nein! Alles ist schon fertig: Der Truthahn ist gefüllt, der Pudding schon seit
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