Die Frauen von Bramble House
war, schloß Andrew Jones die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Er fühlte sich scheußlich. Scheußlich und krank. Und was hatte er bewirkt? Das würde er bald erfahren, wenn sie zu ihm kam. Wie spät war es? War sie immer noch nicht zu Hause? Nein, sie war bestimmt noch immer dort in diesem Schuppen und ließ sich von den jungen geilen Lümmeln begrapschen. Diese Vorstellung ließ ihn mit den Zähnen knirschen und er flüsterte vor sich hin: »Ach, Emma, Emma! Geh nicht weg von mir! Laß mich nicht allein!« Und dann, wie wenn eine Stimme in seinem Hirn ihm Antwort gegeben hätte, brüllte er: »Und sie wird mich nie verlassen! Nie! Dafür werde ich sorgen! Sie gehört mir! Ich kann nicht anders! Ich will auch nicht anders! Sie gehört mir! Sie hat immer mir gehört, und tief drinnen weiß sie das auch. Es ist nur ihre Mutter, dieses Miststück. Wenn die nicht wäre, dann wird Emma begreifen, was ich für sie empfinde. Aber ich werde siegen. Ich werde sie unterkriegen. Bei Gott, ja! Ich werde das Weib zerstören! Mein Gott, ist mir schlecht … Ach, Emma, Emma … beeil dich, komm heim und schau dir an, was du angerichtet hast … was ich deinetwegen getan habe.«
Etwas raschelte neben dem Bett, und er machte die Augen auf und sah Peggy da stehen. Sie lächelte zu ihm herab, und was sie dann sagte, riß ihn beinahe mit geballten fuchtelnden Fäusten vom Bett hoch. Doch seine Übelkeit zwang ihn wieder aufs Bett zurück. Sie sagte: »Vielleicht hast du nächstes Mal mehr Glück, Andrew.« Dann drehte sie sich um und ging zur Tür.
Weiter hinten im Flur klopfte sie an die Tür ihrer Urgroßmutter, ohne auf ihre Einladung zu warten.
»Ich möchte dich gern kurz sprechen, Urgroßmutter.«
»Nun, auch ich habe mit dir zu sprechen. Oh, und wie! Die Sache da heute abend hat mir die Augen geöffnet.«
»Wirklich? Das ist gut. Und es freut mich.«
»Sei nicht keß, kleine Miss. Und vergiß nicht, mit wem du redest.«
»Oh, das vergesse ich keineswegs, aber vergiß auch du nicht, Urgroßmutter, daß ich keine kleine Miss mehr bin. Ich bin eine verheiratete Frau, die dir jahrelang deinen Haushalt geschmissen hat und die sich dazu noch mit einem Ehemann abfinden muß, den die ausgesucht hast.«
»Was soll das heißen, den ich ausgesucht habe?« Sie wackelte mit dem Zeigefinger hin und her. »Also, dann will ich dir mal etwas sagen, du hast Andrew durch dein Verhalten und dein unweibliches Betragen und deinen Mangel an Verständnis für seine Wünsche und Bedürfnisse und seine väterlichen Gefühle an den Rand seiner Geduld getrieben.«
»Ach, Uroma! Entweder muß ich dir jetzt laut ins Gesicht lachen oder dich anschreien. Aber weil du so verdammt alt, altmodisch und vernarrt bist, lache ich lieber, wenn ich dir erzähle, daß dein geliebter Andrew keineswegs darbte, weil er meine ehelichen Zuwendungen nicht bekommen hätte. Die liebe, fröhliche Rosie? Sie hat uns sitzenlassen, um mit einem Kerl abzuhauen, erinnerst du dich noch? Eine Unverschämtheit, nicht wahr? Uns so sitzen zu lassen. Nun, willst du wissen, wer dieser Kerl war, Urgroßmutter? Nein, auf den Gedanken würdest du nie kommen, nicht wenn du tausend Jahre lebst. Also« – sie neigte sich ein wenig zu der alten Frau –, »der Kerl, mit dem Rosie abgehauen ist, das war dein lieber Andrew, der liebevolle Vater. Er hat ihr weiter unten am Fluß einen netten Bungalow eingerichtet, hübsch abgeschieden. Und dorthin fährt er, wenn er dienstags und freitags und gelegentlich auch sonntags zu seinen Geschäftsbesprechungen geht, oder wann sonst es ihn danach drängt.«
In Mrs. Funnells Gesicht zuckte es. Es sah aus, als bewegte sich jeder Muskel unabhängig von den anderen. Die Augenbrauen waren hochgezogen, die Augen weit aufgerissen, die Nase lang und zuckend, die Oberlippe arbeitete heftig, um den Oberteil ihres Gebisses an Ort und Stelle zu halten, während der abgesackte Unterkiefer wackelte. Sogar die Ohren schienen zu zucken. Sie fing sich nicht gleich wieder. Aber sie sagte auch nicht: Das glaube ich nicht! Du lügst! Sondern mit ganz dünner Stimme keuchte sie: »Das muß erst einmal bewiesen werden.«
»Ach, Frank kann rüberkommen, wenn es dir recht ist, und dir genau sagen, was er herausgefunden hat. Er wurde aus dem Nebenhaus bestellt. Die Besitzerin möchte den Bungalow verkaufen, und dabei hat er dann das glückliche Pärchen gesehen, wie sie sich zärtlich voneinander verabschiedeten. Rosie ist etwas dicker geworden, soweit ich
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