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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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schien kaum vorstellbar. Lola versuchte, sich an seine E-Mails zu erinnern. Sie hatte ihn für den pflegeleichtesten ihrer Gäste gehalten. Und dabei …
    »Im Moment ist er bei uns, bei seiner Schwester und mir. Wir lassen ihn keine Minute aus den Augen. Das macht ihn bestimmt verrückt, aber wenn ich mir vorstelle, auch nur ansatzweise, dass er vorhatte … Nun hört man ja ziemlich oft, dass so etwas ein Hilfeschrei ist, dass nicht jeder seine Pläne ausführt, doch wenn sein Mitbewohner nicht gewesen wäre … Es ist schrecklich. Ich muss die ganze Zeit daran denken, was hätte passieren können, was er womöglich getan hätte. Aber jetzt wird es wieder. Ich hoffe, dass es wieder wird. Er weiß, wie sehr wir ihn lieben, und er wird zu ein paar Ärzten gehen und hoffentlich auch bald eine neue Stelle finden. Er ist handwerklich so geschickt. Sie sollten mal das Sofa sehen, dass er für mich aufgepolstert hat. Und er ist doch noch so jung. Er hat doch noch das ganze Leben vor sich. Er wird jemand Neues kennenlernen. Sie war sowieso nicht die Richtige …«
    Was war die Welt doch manchmal traurig, dachte Lola im Anschluss an das Gespräch. Wer ahnte schon, welchen Schmerz ein anderer in sich trug?
    Zwei Stunden später stellte Jim ein weiteres Telefonat zu ihr durch. »Die nächste Anruferin, die mit der Inhaberin Lola Quinlan sprechen will. Wieder wegen Weihnachten. Was geht da vor, Frau Inhaberin?«
    »Weit weniger als erwartet«, entgegnete Lola wahrheitsgemäß. »Danke, Darling. Stell mir den Anruf doch bitte durch.«
    Einen Augenblick später hatte sie eine sehr junge Frau in der Leitung. »Spreche ich mit Lola Quinlan? Lola, hier ist Holly Jackson. Ich hatte ein Zimmer bei Ihnen über die Weihnachtstage gebucht. Mit meinen beiden Schwestern. Wir haben die kostenlosen Übernachtungen gewonnen.«
    Lola runzelte die Stirn und griff nach ihrem Notizbuch. Wenn sie sich recht erinnerte, galt die vierte Buchung einer Familie, einer Mutter mit zwei Töchtern, nicht drei Schwestern. »Es tut mir leid, Holly, da muss ich mich geirrt haben. Ich habe Sie als Familie eingetragen. Sie klingen auch nicht alt genug für Töchter.«
    Die Anruferin klang eher verzagt. »Bin ich auch nicht. Es tut mir sehr leid. Ich hab da ein wenig geschummelt. Und auch sonst noch. Ich bin erst siebzehn, nicht fünfunddreißig. Und mir tut es noch mehr leid, dass ich so spät Bescheid sage, aber wir können Ihr Angebot leider nicht annehmen. Unsere Eltern haben andere Pläne für uns.«
    Lola war verwirrt. Da wollten drei Kinder ohne ihre Eltern über Weihnachten in das Motel kommen? Es kostete sie ziemliche Beherrschung, ihrer Neugierde nicht nachzugeben und zu fragen. Das Mädchen, Holly, wirkte schon verstört genug. »Nun, das ist nicht weiter schlimm. Habt ihr denn ein schönes Ziel?«
    »Ich weiß nicht so genau. Womöglich Disneyland. Falls sich meine Eltern zwischen Paris und Florida entscheiden können. Womöglich bleiben wir am Ende doch zu Hause. Ich weiß es nicht.«
    »Nun, ich hoffe, ihr werdet schöne Weihnachtstage mit der Familie verbringen, wo auch immer.«
    »Das hoffe ich auch«, sagte Holly.
    Lola legte auf, griff nach ihrem Geheime-Weihnachten-Notizbuch und strich die letzten drei Namen durch. Was wurde nun aus ihren großartigen Plänen? Wo sollte sie so schnell neue Gäste herzaubern?
    Wollte sie denn überhaupt noch Gäste? War sie nicht erleichtert, ein wenig nur, dass sie in dieser schrecklichen Hitze nicht noch kochen, putzen, herumrennen und servieren musste? Sie hätte das zwar nicht allein getan, aber trotzdem …
    Sie malte sich den Weihnachtsmorgen aus. Sie wurde wach, vor ihr lag – das süße Nichtstun. Ein langer, herrlicher Tag, ganz allein. Allein mit Ellen, natürlich …
    Aber hatte es jetzt noch Sinn, dass Ellen während der Weihnachtstage kam? Wäre es nicht besser, sie käme über Neujahr, wenn alle wieder da waren? Wenn es ein richtiges Fest gäbe? Vielleicht wollte Glenn ja sogar nachkommen. Natürlich erst zum Ende hin. Zunächst sollte Ellen ihnen allein gehören.
    Lolas Gedanken überschlugen sich. Wer weiß, vielleicht, nur vielleicht, hielt Ellen es nach dem letztem Besuch von Denise doch nicht für die größte Strafe auf Erden, Weihnachten mit ihrem Vater, Denise und Lily auf diesem luxuriösen Eiland zu verbringen …
    Und wann, wenn nicht jetzt, ließe sich das herausfinden?
    Froh darüber, dass sich eine Ablenkung bot, griff Lola nach dem Telefon. Sie kannte sich. Je beschäftigter sie

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