Die Frauen von Clare Valley
sitzt ein Computercrack. Sag mir, wen ich als Nächstes finden soll. Shergar?«
»Du hast von Shergar gehört? Dem entführen irischen Wunderhengst?«
»Wikipedia«, sagte Luke.
»Luke, ich danke dir sehr. Und ich weiß, das klingt sicher albern, doch dürfte ich dich bitten …«
»Das alles für mich zu behalten? Natürlich, Lola. Über meine Lippen kommt kein Wort.«
In diesem Moment klingelte das Telefon. Luke und Lola schauten auf den Boden. »Na los, Lola, geh schon ran!«
Sie war wie erstarrt.
Luke hob das Handy auf und schaute auf das Display. »Es ist Bett.«
Lola nahm ihm das Telefon aus der Hand. »Bett, ich kann jetzt gerade nicht. Ich rufe zurück. Tut mir leid. Bye.«
Luke verkniff sich ein Lächeln. »Ich sollte gehen. Ich lass dich jetzt besser allein. Gute Nacht, Lola. Viel Glück. Und viel Spaß beim Telefonieren.«
»Danke, Luke. Für alles.«
Erst als er davongefahren war, ging ihr auf, dass sie ihn wieder nicht auf Emily angesprochen hatte.
Den restlichen Abend wagte sich Lola keine drei Meter von ihrem Telefon fort und brach ihre eigene Keine-Handys-am-Esstisch-Regel. Sie trug ihr Handy bei sich, als sie sich nach dem Essen mit Jim auf ihre Bank setzte und ihm versicherte, dass sie wirklich gern in Clare bliebe, dies ihr eigener und freier Wille sei und dass er sich um sie nicht weiter sorgen solle. Sie zog sich ungewöhnlich früh in ihr Zimmer zurück, angeblich, um Nachrichten zu schauen. Doch sie starrte auf ihr Handy. Es klingelte noch immer nicht.
Sie rief Luke über das Festnetz an. Ja, er hatte Alex’ Tochter die richtige Nummer gegeben. Ja, ihr Handy war auch von Melbourne aus erreichbar. Ja, er hatte explizit gesagt, dass Lola eine alte Freundin sei, und, ja, Alex’ Tochter hatte geklungen, als sei sie nüchtern, vertrauenswürdig und wüsste, wie man eine Zahlenreihe notiert.
»Ich könnte dir natürlich seine Nummer geben«, sagte Luke. »Du könntest ja auch ihn anrufen.«
Lola schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Wie konnte sie so dämlich sein? »Ja, bitte, Luke.« Mit zitternder Hand schrieb sie sich die Nummer auf.
Im Verlauf der nächsten Viertelstunde sah sie auf die Ziffern. Ihr Telefon. Die Ziffern. Ihr Telefon. Was war denn mit ihr los? Was war aus ihrem Motto: »Handeln – und zwar jetzt!« geworden? Nun, da sie wirklich danach leben musste? Warum rief sie ihn nicht an? Wovor hatte sie Angst?
Sie wusste es genau. Sie hatte Angst, dass er nicht mit ihr reden wollte.
Das war lächerlich. Sie war alt, sehr alt, und benahm sich wie ein alberner, sehr alberner Teenager. Das war weit schlimmer als Emily mit ihrem heimlichen Faible für Luke, die schon seit Jahren darauf wartete, dass die Planeten in einer Reihe standen oder der Mond von sich aus strahlte oder wie auch immer, damit ihre Träume ohne jegliche Anstrengung Gestalt annahmen. So lief das im wahren Leben aber nicht. Das wusste Lola besser als die meisten. Wenn man wollte, dass etwas geschah, musste man es geschehen lassen.
Sie hatte seine Nummer. Sie hätte ihn hier und jetzt anrufen können, anstatt dazusitzen und darauf zu warten, dass er anrief.
Warum also tat sie nichts?
Mit dem Telefon in der Hand schlief sie ein.
Am nächsten Morgen weckte sie ein Klingeln. »Alex?«
»Lola? Hier ist Bett. Wie hast du mich gerade genannt? Ali?«
»Ich habe Hallo gesagt. Hallo, Bett.«
»Du bist ja schon munter heute Morgen. Ich dachte, du wolltest mich gestern Abend noch zurückrufen?«
»Tut mir leid, Darling. Ich bin früh ins Bett gegangen. Ich war so müde. Die ganzen Pakete …«
»Sicher. Ich wollte mich auch bloß bedanken. Und fragen, ob ich vorbeikommen und mit dir über etwas reden könnte. Ich habe da eine Idee.«
»Du willst nicht wieder Daniel verlassen, oder?«
Bett lachte. »Nein, heute nicht. Meine Ehe ist wieder in einem ruhigen Fahrwasser, dank dir. Dir und deinen Freundinnen, um genau zu sein. Und genau darüber wollte ich mit dir reden. Meine Nachbarin passt heute Morgen auf die Zwillinge auf. Ginge es in zehn Minuten?«
Noch bevor Lola Ja oder Nein sagen konnte, hatte Bett schon aufgelegt.
Lola wollte auf keinen Fall das Risiko eingehen, dass Alex in dem Moment anrief, in dem Bett da war. Dieses Gespräch konnte sie nicht führen, wenn ein anderer Mensch, und sei es auch ihre geliebte Enkelin, zugegen war. Sie schaltete das Handy aus, jedoch nicht, ohne sich zu vergewissern, dass die Voicemail funktionierte. Vielleicht war das ohnehin die bessere Lösung – dann konnte
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