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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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weihnachtlich, und um den Hals hatte sie, ebenfalls zum Anlass passend, eine Kette aus Weihnachtsschmuck zu einem dreireihigen Collier verschlungen. Das i-Tüpfelchen aber war ihr kecker Weihnachtshut.
    »Ich habe mich in diesem Jahr für einen reduzierten Look entschieden«, schrieb sie in ihrer E-Mail an Ellen. »Wozu auf den Putz hauen, da ich doch allein bin. Aber mach dich für Silvester auf einiges gefasst!« Sie befolgte Lukes schriftliche Anweisungen, lud das Foto von der Kamera auf den Computer und hängte es an ihre E-Mail. »Und los«, sagte sie laut und klickte auf »Senden«.
    Nichts geschah.
    »Nun aber!«
    Noch immer nichts.
    Lola überprüfte das Kabel. Alles in Ordnung. Die Verbindung. Nicht in Ordnung. Mist. Ausgerechnet an diesem Tag hatte sie kein Netz. Dabei sollte Ellen das Bild unbedingt sehen.
    Was tun? Luke war zwar in Clare bei seiner Mutter, doch ihn wollte sie nicht anrufen. Nicht an Weihnachten. Auch ein Computerfreak brauchte einen freien Tag im Jahr. Vielleicht ließ sich der Fehler schnell beheben, vielleicht auch nicht, und jemand wie Luke würde nicht eher fahren, bis er das Problem gelöst hatte. Nein, an diesem Tag sollte er ihr seine Zeit nicht opfern.
    Lola ging ins Büro und versuchte ihr Glück am dortigen Computer. Das gleiche Problem. Hatte das mit dem starken Wind zu tun? Vielleicht hinderte der Wind die E-Mail und das Foto daran, die Reise durch die Lüfte – oder wodurch auch immer – anzutreten.
    Nicht weiter schlimm. Einen digitalen Trumpf hatte sie ja noch im Ärmel. Und die Schlüssel zu Jims Auto. Sie war eine gute Fahrerin, auch wenn einige Leute die Nase darüber rümpften, dass Menschen ihres Alters den Führerschein noch hatten. Außerdem war zu dieser Zeit kaum ein Auto auf der Straße. Die Schlüssel zum Laden hatte Lola auch. Dort war die Internetverbindung ausgesprochen zuverlässig. Die bessere Hardware stand da auch. Vielleicht könnte sie sich bei der Gelegenheit auf YouTube einige Ausschnitte aus alten Musicals ansehen. Davon bekam sie immer gute Laune. Nicht, dass sie schlechte Laune gehabt hätte. Sie fühlte sich großartig. Überhaupt nicht einsam.
    Ganz und gar nicht. Sie hatte ihr Handy auch erst wenige Male auf Nachrichten hin überprüft. Sechs Mal, allerhöchstens.
    Die Main Street war fast leer. Nur ein Auto parkte am anderen Ende. Es war sehr, sehr heiß. Auch an einem normalen Arbeitstag hätte sich bei dieser Hitze niemand auf die Straße gewagt. Vor Lola flimmerte der Asphalt. Die Bäume am Straßenrand spendeten kaum Schatten. Lola fuhr am Laden vorbei und bog in eine Seitenstraße, wo es ein kühleres Plätzchen gab. Je nachdem, wie viele YouTube-Clips sie finden würde, wäre sie mindestens eine Stunde lang im Laden. Danach wollte sie nicht in einen Backofen steigen.
    Ihr Weihnachtshütchen bot keinen besonders guten Sonnenschutz. Lola senkte den Kopf und huschte dicht an den Häuserwänden entlang zur Ladentür. Das Schaufenster war noch immer leer, doch Tür und Fenster waren von innen vollständig mit Zetteln beklebt, auf denen das immer Gleiche stand. »Danke.«
    Lola ging ins Innere und verriegelte die Tür. Aus Gewohnheit. Es würde sicher niemand in den Laden kommen. Doch sie schloss immer ab, wenn sie allein war und nach Geschäftsschluss die Einnahmen zählte. Es war schon ziemlich warm, und das nach nur einem Tag ohne Klimaanlage. Der Laden hatte bis Neujahr geschlossen.
    Lola fühlte sich überraschend wohl, allein im Laden, schaltete den Computer ein, hörte das vertraute Summen und sah zu, wie der Monitor zum Leben erwachte. Ja, das Internet funktionierte einwandfrei. Sie schloss die Kamera an, lud das Foto hoch und schickte Ellen ihre E-Mail. Dann hatten sie wenigstens etwas zu lachen, sollte es doch noch Spannungen geben.
    Als sich Lola gerade ausgeloggt hatte und auf YouTube gehen wollte, hörte sie ein seltsames Geräusch. Es kam von der Rückseite. Hinter dem Laden lag ein enger, ummauerter Hof, auf dem sie leere Kartons, den Putzeimer und den Müll abstellten. Lola stand auf und sah durch das kleine Fenster auf den Innenhof. Das Tor bewegte sich.
    »Wer ist da?«, rief sie, doch ihre Stimme war ein Flüstern. Das Tor bewegte sich erneut. Wieder polterte es. Es klang, als ob jemand auf der anderen Seite der Wand stehen und versuchen würde, sich mit Gewalt den Weg zu bahnen.
    Aber wohin? Hierher? In den Laden? Wozu um alles in der Welt? Noch dazu an Weihnachten? Hier gab es nichts zu holen. Die Kasse war leer, die

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