Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
Vom Netzwerk:
Programm sein Zauberwerk verrichtet?«
    Sie hatten ein ganz spezielles Lied gehabt – Catch a Falling Star von Perry Como –, doch das wollte sie Luke nicht erzählen. Manche Dinge waren zu privat. »Nein, danke, Luke. Ohne Musik.«
    »Bereit?«, fragte Luke.
    »Bereit.« Sie bat Luke, das Programm auf die niedrigste Geschwindigkeit einzustellen, und zog, als das Bild erschien, den Stuhl nahe vor den Monitor.
    Natürlich sagte das nichts darüber aus, was wirklich aus Alex geworden war. Womöglich war er jung und attraktiv gestorben. Oder mittlerweile alt und dicklich. Seit seinem fünfzigsten Geburtstag kahl. Doch das Computerprogramm entschied sich für die optimistische Variante. Das Gesicht behielt seine Form, die Haut ihre leichte Tönung, selbst das Haar blieb dicht, es wurde nur von vereinzelten grauen Strähnen durchzogen …
    Am unteren Rand des Bildschirms erschien ein kleines Fenster mit der Altersangabe: siebenundsiebzig, achtundsiebzig, neunundsiebzig … Lola bat Luke, das Programm bei dem Alter anzuhalten, in dem Alex nun wäre – dreiundachtzig. Wenn die Natur so gnädig wie das Computerprogramm gewesen war, wenn er noch lebte – all diese Wenns –, dann war Alex noch immer ein attraktiver Mann. Älter, natürlich. Faltig, natürlich, doch das Bild auf dem Monitor hatte die sanften Augen, das schüchterne Lächeln von früher. Luke sagte kein Wort. Lola war sehr dankbar für seine Zurückhaltung. Sie tätschelte seine Hand.
    »Ich danke dir, Luke.«
    »Sieht er so aus, wie du es dir vorgestellt hast?«
    »Besser.«
    »Hättest du gern einen Ausdruck von dem letzten Bild?«
    »Geht das denn?«
    »Alles geht.«
    Ein weiterer Mausklick, das Sirren des Druckers, und schon hielt Lola ihn in Händen, einen farbigen Ausdruck.
    »Was bin ich froh, dass ich diese Zeiten noch erlebe«, sagte sie zu Luke. »Und ich hatte immer geglaubt, die Erfindung des Fernsehers wäre phänomenal. Ganz zu schweigen von Wolkenkratzern. Dem Rad. Dem Feuer …«
    Luke grinste und schloss das Programm. »Kann ich sonst noch etwas für dich tun, Lola? Soll ich versuchen, deinen Freund zu finden?«
    Lola lachte. »Ginge das? Ja, bitte. Und würdest du ihm netterweise sagen, dass ich mich morgen mit ihm zum Essen treffen möchte?«
    »Das war ernst gemeint, Lola. Soll ich nach ihm suchen?«
    »Wie um alles auf der Welt willst du das machen? Du kennst ihn doch gar nicht.«
    »Lola, hast du irgendetwas von den vielen Dingen behalten, die ich dir im letzten Jahr beigebracht habe? Dieses Ding da heißt Computer. Und dieser Computer wiederum ist mit etwas ganz Erstaunlichem verbunden, nämlich diesem Internet, das die ganze Welt umspannt und …«
    »Ja, Luke, sehr komisch. Meine Frage war auch ernst gemeint. Wie willst du ihn finden?«
    »Im Internet. Es gibt Tausende von Webseiten, durch die man Leute finden kann. Nicht nur über Google. Du weißt doch hoffentlich noch, was ich dir zu Google erklärt habe?« Als Lola nickte, fuhr Luke begeistert fort. »Es gibt Seiten für die Familiensuche, Ahnenforschung, es gibt zahllose Möglichkeiten, jemanden zu finden, weltweit.«
    »Aber er lebt vermutlich in Italien. Und du sprichst nicht zufällig Italienisch, oder?«
    »Ich nicht, aber der Computer. Es gibt Übersetzungsseiten, Lola. Das war ein ernstes Angebot. Ich mach mich gern auf die Suche, wenn du willst.«
    »Aber möglicherweise ist er auch längst tot. Sehr wahrscheinlich sogar. Ein Wunder, dass ich noch gehe und stehe.«
    »Mag sein. Doch das kann ich dir, wenn du willst, mit Sicherheit sagen. Da würde ich sogar ansetzen, wenn es dir nichts ausmacht, dass ich so morbide bin.«
    »Morbide?«
    »Tote findet man am einfachsten. Die meisten Friedhöfe registrieren ihre …« Er suchte nach dem passenden Ausdruck.
    »Bewohner?«
    Er lächelte. »Ja, genau. So was ist heutzutage alles online. Fast alles ist heutzutage online. Letzten Monat habe ich der Frau meines Chefs geholfen, ihren Großonkel zu finden. Er hatte in Frankreich gekämpft und war da gefallen, und sie wollte wissen, wo er begraben wurde. Es hat eine Weile gedauert, aber ich habe ihn gefunden. Nicht nur die exakte Lage des Grabs. Ich habe sogar eine Luftaufnahme gefunden. Und ich bin sicher, ich finde deinen Freund. Ich brauche nur alle Angaben, alles, woran du dich erinnerst.«
    Lola erinnerte sich an vieles. Den vollen Namen. Das Geburtsdatum. Den Namen seiner Mutter. Geburtsort. Beruf. Letzter bekannter Aufenthaltsort … Sie hatte seine Briefe zwar nicht

Weitere Kostenlose Bücher