Die Frauen von Clare Valley
Dad?«
»Es war ein sehr schöner Tag«, erwiderte Glenn vorsichtig.
»Deine Frau war sehr schön, Glenn«, sagte Lily höflich.
»Ja, das war sie.«
»Lily war erst drei, als sich ihre Mum und ihr Dad scheiden lassen haben, wusstest du das, Dad?«
Immer schön lächeln. Sie versucht es. »Ja, das war mir bekannt, Ellen.«
»Ich bring nächstes Mal die Bilder von ihrer Hochzeit mit«, sagte Lily. »Mein Dad sieht noch schräger aus. Ich treffe ihn bloß zwei Mal im Jahr. Er lebt in Amerika. Und er ist völlig kahl. Ich glaube, er poliert seine Glatze.«
»Poliert?«
»Mit Möbelpolitur.«
Die beiden kreischten wieder los. Zeit für den Rückzug, dachte Glenn. Erleichtert kehrte er in die erwachsene Gesellschaft von Denise zurück.
Zwei Tage später stand Lola vor der seltenen und, offen gestanden, unschönen Erkenntnis, dass sie nichts zu tun hatte. Sie war die ganze Woche lang so beschäftigt, aber nun hockte sie in ihrem Zimmer, hatte eine ganze Stunde Zeit, und es gab nichts, was sie tun konnte. Sie ging im Geiste ihre Liste durch. Ellen – erledigt. Schaufenster – erledigt. Weihnachtsgeheimnis – läuft.
Bis zur Ankunft ihrer Weihnachtsgäste gab es nichts zu tun. Lola konnte es kaum erwarten. Sie musste nur noch das Ticket für Ellen buchen. Doch irgendetwas hielt Lola davon ab, wenn sie auch nicht wusste, was. Ihr siebter Sinn oder neue Hoffnung? Nach dem Abendessen mit Denise und Lily hatte sie mit Ellen und mit Glenn gesprochen. Offenbar war alles gut gegangen. Ellen hatte ziemlich stolz geklungen und nach einigem sanftem Drängen sogar zugegeben, dass die Tochter von Denise »ganz okay« sei.
»Ein bisschen jung, aber so übel, wie ich dachte, ist sie nicht.«
»Und Denise?«, hatte Lola gefragt.
»Ganz okay. Natürlich nicht so schön wie Mum. Und auch nicht so nett. Oder lustig.«
»An deine Mutter wird nie eine andere Frau herankommen«, hatte Lola erwidert.
Auch Glenn wusste von guten Ergebnissen zu berichten. Erstaunlichen Ergebnissen. Offenbar hatte Denise sogar gefragt, ob er sicher sei, dass Ellen Weihnachten nicht doch mit ihnen feiern wollte.
»Fordere dein Glück noch nicht zu sehr heraus«, hatte Lola geraten. Aber auch sie beschäftigte sich insgeheim mit dem Gedanken. Dann hätte sie über Weihnachten zwar keine Assistentin, doch falls es dazu käme, würde es ihren Gästen bestimmt nichts ausmachen, selbst ein wenig anzupacken? Dadurch würde das Fest nur noch spezieller. Außerdem gab es freie Logis. Da konnte man eine kleine Gegenleistung schon erwarten.
Es hatte sogar ansatzweise gute Neuigkeiten an der Kernaghan-Front gegeben. Zwar hatte sie die neue Schaufenstergestaltung weitgehend für sich beansprucht und sogar ein Interview mit dem lokalen Fernsehsender arrangiert, was die anderen empörte, doch Lola hatte das Feuer gelöscht.
»Das ist gute Publicity für den Laden und unsere Weihnachtsaktion. Das allein zählt, egal, wie und durch wen die Publicity zustande kommt.«
»Hast du ihren Auftritt gesehen, Lola?«, hatte Kay gefragt. »Sie hat das Team durch den Laden geführt, als wäre sie Coco Chanel persönlich!«
Eher Coco der Clown, hatte Lola still bei sich gedacht.
»Und dann die Szene, wie sie am Computer sitzt und so tut, als würde sie das Schild schreiben!«, entrüstete sich Margaret. »Sie weiß doch gar nicht, wie man mit einem Computer umgeht!«
»Aber wir werden dadurch noch mehr Spenden erhalten. Konzentriert euch darauf, nicht auf sie«, hatte Lola geraten.
Sie sollte recht behalten. Nach der Ausstrahlung hatte sich das Aufkommen verdoppelt. Und es gab eine weitere unerwartete Dreingabe: neue Freiwillige. Ob es an Weihnachten lag oder die Computerecke lockte, jedenfalls konnte Kay berichten, dass sich die Zahl der Rentner, die ehrenamtlich im Laden arbeiten wollten, um ein Zehnfaches gesteigert hatte. Doch es waren nicht nur Rentner. Auch junge Leute hatten sich gemeldet. Im neuen Jahr, so argwöhnte Lola, hätten sie und ihre Freundinnen wahrscheinlich Glück, wenn sie überhaupt noch in den Laden – oder an den Computer – kamen.
Der einzige dunkle Punkt bei Lolas innerer Bestandsaufnahme war und blieb der schwelende Streit zwischen ihren Enkelinnen. Sie hatte beide die ganze Woche nicht gesehen, aber mit ihnen telefoniert. Carrie hatte sich wie üblich über Matthew und die Kinder beschwert, jedoch nicht über Bett sprechen wollen.
»Ich hab getan, was ich konnte, Lola. Wenn sie schon beim kleinsten gut gemeinten Ratschlag so
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