Die Frauen von Clare Valley
aufbewahrt, die Anschrift aber nie vergessen.
Nachdem sich Luke alles aufgeschrieben hatte, lehnte sich Lola zurück, faltete die Hände im Schoß und wartete.
Luke begriff. »Lola, es tut mir leid, ich werde ihn nicht hier und jetzt finden. Möglicherweise dauert es Tage. Vielleicht sogar Wochen. Besonders, wenn ich in zwei Sprachen suchen muss.«
»Oh, sicher.« Lola lachte gekünstelt. »Was hatte ich erwartet? Dass du ihn herbeizauberst?« Genau das hatte sie erwartet. Gehofft.
»Ich tu, was ich kann, und das, so schnell ich kann. Versprochen, Lola.«
Sie tätschelte seinen Arm. »Du bist so ein guter, lieber Kerl, Luke. Ein guter, lieber Kerl.« Und das war er wirklich. Genau wie Alex.
Erst nachdem Luke fort war, ging ihr auf, dass sie gerade wieder eine Gelegenheit versäumt hatte, mit ihm über Emily zu sprechen. Dann beim nächsten Mal.
Kapitel 15
»Hi, Dad! Wie war’s bei der Arbeit?«
»Hi, Ellen.« Glenn blieb bei der Tür stehen, voller Argwohn. »Was ist passiert? Hast du was kaputt gemacht? Hat Lin gekündigt?«
»Nein, alles bestens. Lin macht Abendessen. Und ich hab sogar schon meine Hausaufgaben fertig.«
»Du weißt, dass Denise und Lily nachher kommen?«
»Sieben Uhr, oder?«
»Und das geht in Ordnung? Bist du sicher?«
»Kein Problem.«
»Was hat Lola dir gesagt? Hat sie dich bestochen, damit du dich benimmst?«
»So in etwa.«
Glenn sprach ein stummes Dankgebet. Am liebsten hätte er seine Tochter in den Arm genommen, ihr gedankt. Doch sein Instinkt riet ihm zu Vorsicht. »Großartig. Ich zieh mich nur rasch um. Ich bin schweißgebadet. Hoffentlich kommt endlich ein Gewitter.«
»Soll ich dir was Kaltes zu trinken holen?«
»Eine Limonade wäre toll, dank dir.«
»Kommt sofort.«
Glenn konnte nicht widerstehen. Er rief Lola vom Badezimmer aus an und hoffte, dass das Wasserrauschen seine Stimme übertönte. »Was hast du Ellen bloß gesagt? Diese Ansprache solltest du an leidgeprüfte Eltern auf der ganzen Welt verkaufen. Sie ist ein ganz anderes Mädchen.«
»Nichts, was sie nicht selbst schon wusste.«
»Aber du wirst mir nicht verraten, was das war?«
»Nein«, sagte Lola. »Manche Dinge sollten zwischen Urenkelin und sehr alter Urgroßmutter bleiben.«
»Danke, Lola.«
»Jederzeit, Glenn. Lass mich wissen, wie es läuft. Ich will von Ellen eine Schilderung des Abends hören, und dann will ich die Wahrheit.«
»Ich ruf dich morgen an. Sagst du mir dann auch, welcher Termin dir für ihre Ankunft am besten passt?«
»Ich muss hier noch das eine oder andere klären. Ich sage dir Bescheid, so schnell es geht.«
»Ich bin dir was schuldig, Lola.«
»Ach was, nein. Wir beide lieben sie. Und es war wirklich das reinste Kinderspiel.«
Den ganzen Abend lang beobachtete Glenn, wie Denise und Lily seiner Tochter mit einer gewissen Fassungslosigkeit begegneten. Einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Skepsis genauer gesagt. Das war der Schrecken in Mädchengestalt, der sich die ganze Zeit in seinem Zimmer verbarrikadiert, durch die geschlossene Tür hindurch geschrien, sich geweigert hatte, das Zimmer zu verlassen, ihre Einladung zu Weihnachten ausgeschlagen hatte? Freundlicher und besser als Ellen hätte man sich nicht benehmen können. Sie war mehr als höflich. Stellte Fragen, gab ihrerseits auf alles Antwort. Nach dem Essen nahm sie Lily mit in ihr Zimmer, und selbst vom Wohnzimmer aus hörten Glenn und Denise, wie die beiden über etwas – harmlose Popvideos, so hoffte Glenn – auf Ellens Computer lachten.
»Ich weiß nicht, was du gemacht hast, aber du solltest es ganz groß rausbringen«, sagte Denise.
»Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Und für dich so hart war.«
»Es war für alle Beteiligten hart. Und du bist sicher, dass sie Weihnachten nicht doch mit uns verbringen will?«
Glenn war sich selten so sicher gewesen. So glücklich es ihn auch machte, dass sich Ellen wieder wie die alte Ellen benahm, so wusste er wohl, dass allein die Erwähnung der gemeinsamen Ferien alles wieder auf Anfang setzen würde. Womöglich noch weiter davor.
Erneutes Gekicher aus Ellens Zimmer.
»Ich schau gerade mal, ob bei den beiden alles in Ordnung ist«, sagte Glenn.
Auf dem Bett zwischen Ellen und Lily lag ein großes Album. Sie schauten sich seine Hochzeitsfotos an. Und lachten über seine komische Frisur. Doch seine Tochter führte nicht nur seinen Haarschnitt vor. Sie führte ihre Mutter vor.
»Das war der glücklichste Tag deines Lebens, oder,
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