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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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möchtest doch zurück, oder? Und die Prüfungen ablegen? Mit den anderen deiner Klasse den Abschluss machen? «
    Harlan fragte sich, warum sich der junge Professor eigentlich so ins Zeug legte. Es würde Benton nicht dienlich sein, für eine verlorene Sache zu kämpfen. Benton ging dabei sogar ein beträchtliches Risiko ein. Sollte Harlan scheitern und erneut die Regeln des Colleges brechen, so unbedeutend sie auch waren, dann würde Bentons Ruf darunter leiden, dass er sich für ihn eingesetzt hatte. Hatte Harlan andererseits tatsächlich Erfolg, und sie fanden irgendein Schlupfloch, um ihn wieder zuzulassen, damit er seine Examen ablegen und im folgenden Monat seinen Abschluss machen konnte, wäre es für die Verwaltung unerheblich, dass Benton ihm dabei geholfen hatte.
    Auf einmal tat sich in Harlans Denken eine Tür auf, die es ihm erlaubte, einmal über die eigenen Interessen hinwegzusehen, und ihm kam der Gedanke, ob Benton sich vielleicht schuldig fühlte. Und ob er die Familie Allston ebenso vermisste wie sie ihn.
    » Vielleicht « , gab Harlan zu. Seine Haartolle rutschte ihm in die Stirn, und er warf sie schwungvoll zurück.
    Benton nickte. » Na gut. Dann denken wir mal darüber nach. Und jetzt habe ich noch eine andere Frage. Natürlich will ich nicht neugierig sein, aber … « Seine Stimme erstarb.
    Harlan wartete einfach ab.
    » Das Mädchen « , begann Benton und errötete.
    Harlan sah dem jungen Professor an, dass er die ganze Angelegenheit geschmacklos fand, allerdings vielleicht nicht gerade schockierend. In gewisser Hinsicht war die Enttäuschung seines Freundes der unerträglichste Aspekt dieser ganzen verfahrenen Situation, schlimmer als die Missbilligung durch seinen Vater oder die bedrückende Sorge seiner Schwester.
    » Wie stehen die Dinge mit ihr? Ist es zu Versprechungen gekommen? «
    Harlan beugte sich vor, plötzlich erschöpft. Er war müde. Er war es leid, sich Gedanken darüber zu machen, was er tun sollte, war es leid, sich zu verstellen und zu versuchen, der Mann zu sein, der er nach dem Dafürhalten anderer sein sollte. Die Seite tat ihm weh. Seine aufgeplatzte Lippe brannte. Er schlug mit einem schweren Seufzer die Hände vors Gesicht. Der Seufzer war so lang, dass er fast zum Schluchzer wurde, doch Harlan schluckte die Angst und Scham hinunter, die mit einem Gurgeln in seiner Kehle hochstiegen. Statt es zu sehen, spürte er eher, wie Bentons Gesichtsausdruck besorgter, aber auch weicher wurde.
    » Ich weiß, was ihr alle von ihr denken müsst « , begann Harlan. Er klang sehr kleinlaut hinter den Händen hervor.
    Benton wartete. Dann fragte er: » Hast du vor, das Mädchen zu heiraten? «
    Den Kopf immer noch in beiden Händen zuckte Harlan mit den Schultern.
    » Sie … Benton, ich möchte es so gern. Aber ich weiß nicht, wie … « Harlan ließ den Gedanken unvollendet. Er hörte, wie der Professor die Haltung seiner Hände auf dem Schreibtisch veränderte, als spiele er an dem goldenen Ring herum, den er noch immer am linken Ringfinger trug. » Sie ist von zu Hause ausgebüxt. Von ihrer Familie in Kalifornien. Sie lebt schon seit Jahren allein. Sie arbeitet auf der Bühne. Meinen Sie, ich weiß nicht, was das bedeutet? Es ist einfach nur, dass ich … dass ich sie liebe. Ich weiß, ich sollte nicht. Aber ich liebe sie. « Harlan ließ die Hände zwischen die Knie sinken und den Kopf hängen, wobei er Bentons Blick auswich. Auf einmal spürte er den leichten Druck einer Hand auf seiner Schulter.
    » Verstehe « , sagte der Professor.
    Peinlich berührt wischte sich Harlan mit dem Handrücken den Augenwinkel trocken und rappelte sich auf, als hätte er es eilig, seinem Geständnis zu entfliehen. Benton nahm die Hand von seiner Schulter, und Harlan ließ es zu, half mit einem Achselzucken nach.
    » Ich sollte jetzt gehen « , murmelte Harlan an seine Füße gerichtet.
    Benton nickte, die Hände in den Taschen vergraben. So standen die beiden Männer noch eine Weile da, jeder wartete ab, was der andere tun würde.
    » Und, doch noch eine Runde beim Spiel zuschauen? « , fragte Benton, ohne jovial zu klingen.
    Harlan schüttelte den Kopf. » Nein, nein. Zu nass. « Er linste durch das Fenster in die unwirtlich feuchte Frühlingswelt hinaus, die draußen auf ihn wartete. » Schätze, ich werde einfach … Ach, ich weiß nicht. «
    Benton trat von einem Bein aufs andere und gab einen Laut der Billigung von sich.
    » Nun denn « , sagte er nach einer Weile. » Warum rede ich dann

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