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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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nicht mit dem Dekan, und wir schauen, was möglich ist? «
    » Gut « , pflichtete ihm Harlan bei. Mit hängendem Kopf wandte er sich zum Gehen.
    Als Harlan die Bürotür erreicht hatte, die Wangen noch immer tiefrot vor Scham, räusperte sich Benton. Harlan schaute über seine Schulter und sah, dass der junge Professor auf den Füßen vor und zurück wippte, als hätte er noch etwas Wichtiges auf dem Herzen.
    » Harley « , begann Benton.
    » Hm? « , brummte Harlan.
    Der Professor wartete, griff mit der einen Hand das Handgelenk der anderen. » Äh, würdest du bitte Miss Allston ganz herzlich von mir grüßen? «
    Hätte Harlan es nicht besser gewusst, wäre er zu dem Schluss gekommen, dass Benton nervös aussah.
    » Klar « , erwiderte Harlan und runzelte ein wenig die Stirn, bevor er die Bürotür hinter sich ins Schloss zog.

SIEBZEHN
    Bosworth Street, Boston, Massachusetts
    30. April 1915
    D ie Tür öffnete sich schwungvoll und gab den Blick auf eine bunte Schar schick behüteter Damen frei. Gläser klirrten, in der Luft hing Zigarettenrauch und der Duft von geschmolzener Butter. Sibyl verweilte im Eingangsbereich und zog ihre Handschuhe aus, schlug sie ungeduldig gegen ihre Handfläche, reckte den Hals, um den Blick über die Gäste schweifen zu lassen. Schließlich hatte sie Benton entdeckt, der in der Ecke einer holzverkleideten Nische saß, und winkte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
    Benton lächelte ihr entgegen, erhob sich und rammte dabei beinahe einen Kellner mit langer Schürze, der ein Tablett voller abgedeckter Teller trug. Der Kellner überschüttete ihn mit einer Ladung französischer Schimpfwörter, die Sibyl wegen des Lärms im Restaurant eher erahnen, als hören konnte, und sie lachte.
    Bis sie sich ihren Weg zu seinem Tisch gebahnt hatte, war es Benton gelungen aufzustehen. Die Hände in den Hosentaschen sah er ihr entgegen, den Kopf aus Verlegenheit wegen seines Missgeschicks immer noch gesenkt. Er ergriff Sibyls Hände und sagte: » Ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich rausgeschmissen werde, bevor Sie es an den Tisch schaffen. «
    » Und recht würde es Ihnen geschehen! Er hat beinahe zehn Käsetoasts fallen lassen. Und das wäre eine Katastrophe gewesen « , schalt ihn Sibyl.
    Er half ihr aus dem Mantel, hängte das Kleidungsstück an einen der Haken am anderen Ende der Nische und bedeutete ihr, sich zu setzen. Sibyl aß nur selten in Restaurants und genoss den Trubel, der hier am helllichten Tag herrschte. Das Restaurant war eine altehrwürdige französische Institution mitten in Boston, der Raum schmal und schwarz-weiß gekachelt, besaß einen Tresen aus Marmor an der einen Wand und eine Reihe von Essnischen an der anderen. Mehrere Kellner gondelten majestätisch zwischen den Tischen umher, die Tabletts hoch über dem Kopf balancierend.
    Benton schaute sie über den Rand seiner Brille an und blickte dann auf seine Speisekarte hinab. Er kicherte.
    » Was ist denn? « , fragte Sibyl, als sie seine Erheiterung bemerkte.
    » Nichts « , erwiderte er und schüttelte den Kopf.
    » Was denn? Jetzt müssen Sie es mir aber sagen « , beharrte sie.
    » Es ist eigentlich nichts « , erwiderte er. » Sie hatten bloß gerade eben so ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht. Daran war ich nicht mehr gewöhnt. «
    Sibyl hob erstaunt die Brauen und fasste sich verlegen an die Wange. » Ach, wirklich? « Eine tiefe Röte zog sich bis unter ihren Haaransatz, und ihre Haut wurde ganz warm.
    Er lächelte breiter. » O ja. «
    Sibyl lachte leise und verbarg ihre Verlegenheit, indem sie sich hinter der Speisekarte verschanzte.
    Der blasierte Kellner erschien, notierte gleichgültig und mit einem Hauch von Missbilligung Bentons in schlechtem Französisch vorgebrachte Bestellung, zu der trotz Sibyls Protesten, die sie mit dem Zerknüllen ihrer Serviette unterstrich, auch eine pâté en croûte gehörte. Dann schließlich – nachdem sie beide einen großen Schluck Wasser genommen, eine Weile mit dem Bewundern der Umgebung und verzückten Ausrufen über das köstliche Essen auf den Nachbartischen verbracht sowie ihre Erleichterung darüber geäußert hatten, dass der Regen endlich nachließ – beugte sich Benton vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch.
    Er zögerte und legte schließlich die Hand auf die von Sibyl, die neben ihrem Wasserglas ruhte. Sie zuckte überrascht zusammen, entzog ihm die Hand jedoch nicht. Seine Hand fühlte sich warm und weicher an als erwartet, strahlte jedoch auch

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