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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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hervor.
    » Schätze, es könnte richtig gefährlich werden, stimmt’s? « , drängte die Köchin.
    Weil sie nicht vorhatte, sich mit Betty auf eine Diskussion einzulassen, wechselte Sibyl rasch das Thema. » Durchaus. Aber ich bin froh, dass wir uns noch in die Arme laufen. Professor Derby wird zum Frühstück bei uns sein. Ich möchte, dass Sie das entsprechend einplanen. «
    Ein Ausdruck reinsten Hasses huschte über Bettys Züge, so deutlich und unvermittelt, dass Sibyl fast einen Schritt zurückgewichen wäre. Bettys Blick sagte, dass die Köchin sehr wohl wusste, dass ihre Gefühle keine Rolle spielten und dass sie ihre Zeit verschwendete. Und darüber war sie offenbar sehr aufgebracht.
    » Sehr wohl, Miss Allston « , erwiderte die Köchin mit spürbarer Kälte in der Stimme. Die Aufregung war aus ihrem Gesicht geschwunden und hatte dem unterschwelligen, beständigen Ärger eines Dienstboten Platz gemacht.
    In diesem Moment wusste Sibyl, dass sie ihre ehemalige Verbündete endgültig verloren hatte. Doch vielleicht war Betty das auch nie gewesen.
    Eine Pause trat ein, während derer Betty offenbar etwas sagen wollte, doch dann wandelte sich ihr Gesichtsausdruck noch einmal, als sie bemerkte, dass Sibyl einen Mantel übergezogen hatte. » Dann gehen Sie heute Nacht noch einmal aus? « , fragte sie neugierig und schien ihre Feindseligkeit einen Moment lang vergessen zu haben.
    » Ja « , sagte Sibyl.
    Betty zögerte, wartete auf eine Erklärung von Sibyl, die jedoch nicht kam.
    » Nun gut. Dann machen wir am besten Eier Benedict zum Frühstück, denke ich « , sagte Betty, beäugte Sibyl argwöhnisch und schlüpfte in die Rolle, die, wie sie wusste, von ihr erwartet wurde. » Mit kanadischem Speck. Ich glaube, wir haben genug davon da. Und Rose soll englische Muffins backen. «
    » Sehr gut, Betty. Das klingt gut. « Wieder machte Sibyl eine Pause, bevor sie die Köchin mit den Worten entließ: » Das wäre dann alles für heute Abend. «
    Mit einem unverhohlenen Stirnrunzeln ließ sich die Köchin zu einem angedeuteten Knicks herab – etwas, das Sibyl bei Betty in all den Jahren ihrer Anstellung im Haus an der Beacon Street noch nicht gesehen hatte – und kehrte gemessenen Schrittes in die Küche zurück.
    Sibyl, die in der Dunkelheit und Stille des Dienstbotenflurs zurückblieb, straffte die Schultern, zog den schäbigen Mantel noch enger um sich herum und trat in die Nacht hinaus.
    Zu ihrer eigenen Überraschung erinnerte sie sich noch an die Adresse. Allerdings hätte sich der Fahrer – als es ihr schließlich gelang, eine Kraftdroschke anzuhalten – fast geweigert, sie dorthin zu bringen.
    » Sie wollen wohin ? « , fragte er, drehte sich auf seinem Sitz um und musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie hielt trotzig seinem Blick stand, die Arme vor der Brust verschränkt. Das bestätigte seinen offenkundigen Verdacht, dass sie nicht die Art von Frau war, die sich normalerweise in dieses Viertel wagte, weshalb er hinzufügte: » Zu dieser Stunde, Miss? Sind Sie sicher? «
    Sibyl streckte ihm unauffällig einen Geldschein hin. » Ich bin mir sicher « , sagte sie.
    Er nahm ihr die Banknote aus der Hand, zuckte mit den Achseln und setzte den Wagen in Bewegung.
    Kurze Zeit später, nachdem sie die Fahrt durch die menschenleeren Straßen der nächtlichen Stadt zügig hinter sich gebracht hatten, standen sie vor der unauffälligen Tür. Ein paar von Pferden gezogene Müllkarren zockelten müde durch die Gassen, und eine Handvoll privater Automobile voller ausgelassener, in Pelz gehüllter Zecher, die entweder von Partys kamen oder noch dorthin unterwegs waren, rollten an ihnen vorbei. Sibyl schaute derweil aus dem Fenster, sah einzelne Männer, lässig an Backsteinmauern gelehnt, und ein paar zerlumpte Kinder, die zusammengerollt auf der Straße schliefen.
    Sie stieg aus dem Wagen und näherte sich der Tür, an die sie sich erinnerte, obwohl die Straße jetzt ganz anders wirkte als an jenem Nachmittag. Kohlköpfe und Pak-Choi-Strünke vergammelten in stinkenden Haufen in der Gosse, zusammen mit zerbrochenen Holzsteigen und anderem Abfall. Eine ältere Frau, tief gebeugt vom Alter und schlechter Ernährung, stocherte in den zertrümmerten Kisten herum und sammelte die größten Stücke als Brennholz. Ansonsten war die Straße menschenleer und verlassen, in den Fenstern brannten ein paar Lampen, aber das war alles.
    » Möchten Sie, dass ich warte? « , rief der Fahrer.
    Sibyl warf ihm einen Blick zu und wurde von

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