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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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so albern, wenn man es laut sagt. Von Tischerücken. Sie wissen schon. Diese Dinge. «
    » Ach, wirklich! « , rief Dovie aus.
    Sibyl beobachtete sie, versuchte abzuwägen, wie offen das Mädchen dem gegenüber sein mochte, was sie nun sagen würde.
    » Ja « , bestätigte sie. » Als ich noch jünger war, hat mich das alles überhaupt nicht interessiert, wenn ich ehrlich bin. Zunächst jedenfalls nicht. Ich meine, sie hat mich mitgenommen. Als ich noch ein Mädchen war. Ich hatte immer Angst, die Geister würden mir etwas antun. Meistens hatte ich während der Séancen schreckliche Angst. Natürlich ist nie etwas Schlimmes passiert. Es spielte meistens Musik, seltsame Bilder tauchten auf, und manchmal « , sie hielt verlegen inne, » kam es zu Manifestationen, zu Erscheinungen. Mutter hielt große Stücke darauf. Sie hat bei allen wichtigen Entscheidungen ein Medium befragt. Irgendwann, als ich älter wurde, bin ich nicht mehr mitgegangen. Eulah und Harlan waren nie dabei. «
    » Aber warum denn? Es wundert mich, dass Sie nicht mehr hingegangen sind, obwohl Sie doch sahen, dass es gar nicht so unheimlich war « , bemerkte Dovie. » Ich denke, es ist erstaunlich, mit Geistern in Kontakt zu treten. Man stelle sich das nur vor! Ich hab immer gedacht, das seien alles bloß Zaubertricks, wie auf der Bühne. So wie wenn einer in eine Kiste steigt und man so tut, als würde man ihn zersägen. «
    » Ja. « Sibyl zauderte. » Nun, ich verstehe, was Sie meinen. Jedenfalls … na ja, sie auf diese Weise zu verlieren, war einfach so … « Sie holte tief Luft und lächelte dann tapfer. » Es war einfach so plötzlich, wissen Sie. Wir waren überhaupt nicht darauf vorbereitet. Und so kam es, dass eines Tages, kurz nach dem Untergang … eine Frau, eine überaus bemerkenswerte Frau, deren Abende Mutter immer besucht hatte, eine Gruppe von uns zusammengeführt hat. Um … «
    » Eine Séance zu veranstalten « , beendete Dovie ihren Satz lächelnd. » Und dann fingen Sie an, Séancen zu besuchen, stimmt’s? «
    Sibyl schaute sie an, sah die Freude in Dovies Gesicht, als könnte allein die Nähe zu Sibyl sie selbst dem Jenseits näher bringen.
    Sibyl setzte ihren Gedankengang fort, als wäre sie nicht von Dovie unterbrochen worden. » Um Kontakt zu jenen kürzlich Verlorenen herzustellen. Ich war in der Gruppe jener ersten Woche, ja. Und seither habe ich sie jedes Jahr aufgesucht. Es war auch jene Frau, die mir die Kristallkugel gegeben hat. «
    » Dann dient sie also zum Zaubern, richtig? « , fragte Dovie und hielt mit ganz neu entfachtem Interesse die Kugel vor ihre Augen. » Nun, sieht irgendwie nach nichts aus, finden Sie nicht? Aber das wissen Sie bestimmt besser. «
    » Vom Zaubern verstehe ich nichts « , entgegnete Sibyl. » Es geht ums Sehen. In gewisser Weise. «
    » Und wie funktioniert das? « , fragte Dovie voller Begeisterung und lachte wie ein Mädchen, das einen Streich spielt. » Sie müssen es mir zeigen. Soll ich die Vorhänge zuziehen? «
    Sibyl hob eine Hand an ihr Gesicht und stützte müde das Kinn auf. Der Speck lag ihr schwer im Magen, und sie war es nicht gewohnt, mit jemandem umzugehen, der so quirlig und lebhaft war wie Dovie. Wie schaffte es das Mädchen nur, so viele verschiedene Gesichter aufzusetzen und dennoch aufrichtig zu wirken?
    » Wenn ich ehrlich bin, bin ich mir nicht wirklich sicher. Das Medium hat mir einmal gezeigt, wie es geht. Aber funktioniert hat es nur bei ihr, bei mir nicht. Deshalb habe ich die Kugel wieder weggelegt. «
    » Weg! « , rief Dovie bestürzt aus. » Aber das ist schade, etwas so Bemerkenswertes zu besitzen und es nicht zu benützen. « Sie spielte mit der Kugel, ließ sie zwischen ihren Fingerspitzen hin und her gleiten. Sibyl sah ihr dabei zu und verspürte eine sonderbar säuerliche Eifersucht auf Mrs Dee, weil bei ihr die Kugel funktioniert hatte und bei Sibyl nicht.
    Die beiden saßen eine Weile schweigend da, Dovie spielte gedankenverloren mit der Kugel. Sie war in so vieler Hinsicht wie Eulah. Die gleiche flinke Energie, die gleiche Gutgläubigkeit, die gleiche Begeisterung. Wie Eulah schien Dovie die Art von Mensch zu sein, der prinzipiell erst einmal Ja sagt statt Nein. Klein und flink war sie trotz ihres kompakten Körperbaus schneller als Sibyl, die eher träge war. Dort an dem Erkerfenster zu sitzen, mit dem Sonnenschein zwischen ihnen, und mit ihr zu plaudern fühlte sich irgendwie vertraut an. Familiär.
    Sibyl setzte sich in einem plötzlichen Anfall

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