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Die Frauen von Ithaka: Roman (German Edition)

Die Frauen von Ithaka: Roman (German Edition)

Titel: Die Frauen von Ithaka: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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Freundlichkeit. »Ihre Verwandten sind die Satyrn und Silene, dieses gemeine Volk des Waldes. Ihre Dienstboten und ihr Hausvolk nimmt sie aus ihrer Verwandtschaft, aus der hergelaufenen Bande der Najaden, Dryaden und Oreaden. Grässlich!« Mit ihren Eulenaugen schaute sie mich von unten herauf an, um die Wirkung ihrer Worte zu prüfen.
    »Ich bin sicher, dass mein Mann auch in der Gefangenschaft dieser alten Schachtel seine Würde bewahrt!«, sagte ich ausweichend und würdevoll. Aber mein Herz raste, weil mir jedes Wort der Göttin wehtat.
    »Sie lässt sich die Flechtenschöne nennen«, schwatzte Pallas Athene weiter, als hätte sie meine Bemerkung gar nicht gehört. »In Wirklichkeit trägt sie eine Perücke, weil sie schon fast völlig kahl ist.«
    Sie erzählte noch viel Unangenehmes. Die Offenherzigkeit, mit der die Götter und Göttinnen so groß tun, ist oft nichts anderes als fehlendes Feingefühl. Wortlos und unter großer Selbstbeherrschung hörte ich zu.
    Als sie gegangen war, ließ ich meinen hehren Sohn Telemachos zu mir rufen. Er kam von den Freiern, sie hatten den ganzen Nachmittag ein Ballwurfspiel gespielt. Zu dieser Zeit, im fünfzehnten Jahr der Abwesenheit meines Mannes – sosehr es mich auch schmerzt, ich muss es sagen –, fühlte sich mein Sohn bereits ziemlich wohl in der Gesellschaft der Freier. Einige von ihnen waren in seinem Alter, mit ihnen konnte er sich unterhalten, im Kauderwelsch der jungen achäischen Generation tauschten sie ihre Gedanken über die Dinge daheim und in der Welt aus. Unter den Älteren gab es mehrere, die den jungen, unerfahrenen Herrn des Hauses mit praktischen Ratschlägen versahen. Alles dies hatte sich so ergeben, weil mein Mann nie da war. Telemachos war ein sonderbares Kind. Aufbrausend, wenig bedacht … Von der Schläue seines hehren Vaters hat er nichts geerbt. Den Genüssen wiederum war er sehr wohl zugeneigt, wenn auch anders als mein seliger Mann. Dieser suchte im Genuss nicht die Ufer des Rausches – das Ufer des Vergessens, wo Verstand und Nerven sich erholen können –, sondern die Unendlichkeit, in der der Mensch über die Grenzen seiner Persönlichkeit hinauswächst. Ulysses glich auch im Rausch dem Meer. Wie das Meer kein Ende hat – es hat nur Ufer, aber das ist nicht dasselbe –, so fand auch mein Mann niemals ein Ende an den schlammigen Ufern des Rausches und der Selbstvergessenheit. Jetzt, da er nicht mehr ist, verstehe ich das besser. Mein Sohn lag leider nicht gern im Meer, sondern in der Pfütze wie die Schweine des Eumaios. Ich sah ihn an und seufzte.
    Stolz, aber etwas struppig stand er vor mir; er hatte sich beim Ballspiel erhitzt. Das Haar fiel ihm in die Stirn, das Gesicht war gerötet, weil er schon am frühen Nachmittag mit den jüngeren Freiern zu trinken begonnen hatte.
    »Dein Vater kommt heim«, sagte ich kurz.
    Diese Art habe ich von meiner trojanischen Tante Kassandra gelernt, die das Schicksal immer in so einem hölzernen Ton verkündete. Mein Sohn bemühte sich, gerade zu stehen, aber ich sah, dass ihn die frohe Nachricht etwas ins Schwanken brachte.
    »Ist nicht wahr«, sagte er düster und heiser.
    Wir sahen uns in die Augen. Ich stand auf.
    »Woher weißt du das, strahlende Mutter?«, fragte er dann verlegen.
    »Pallas Athene brachte die Nachricht«, antwortete ich feierlich.
    »Äh«, sagte er missgelaunt und knirschte mit den Zähnen wie ein auf frischer Tat ertappter, halbwüchsiger Bengel. In seinem Gesicht sah ich Erschrecken und Widerstand. Aber wie sonderbar: Auch in meinem Herzen – ganz tief drinnen, wo nur die Sibyllen die menschlichen Leidenschaften wirbeln sehen – wogten ähnliche Gefühle!
    »Dein Vater kommt heim«, wiederholte ich streng. »Versteh doch, Telemachos! Vielleicht morgen, vielleicht in einigen Jahren. Aber eines Tages kommt er heim. Das ist jetzt sicher. Die Götter haben entschieden.«
    »Das wird schwierig«, sagte er unwillkürlich mit gesenktem Kopf.
    Dann fügte er wie zur Entschuldigung heiser hinzu:
    »Ich meine, es ist immer schwierig, wenn die mächtigen Götter entscheiden, ohne die Menschen zu fragen.«
    Ich antwortete nicht. Mein Sohn tat mir leid. Ich selbst tat mir gleichfalls leid. Gern hätte ich auch meinen Mann bemitleidet, aber dazu hatte ich jetzt keine Kraft mehr. Man kann nicht ungestraft zwanzig Jahre lang auf einen Mann warten, der in einen Krieg geht, dessen Fahne ein weiblicher Unterrock ist, der Heldentaten vollbringt, die von vielen für Gräueltaten gehalten

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