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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Hoffman
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dieser Stadt rauszukommen und ganz neu anzufangen. Das ist die beste Lösung für alle. Und …«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ich gehe zu Mrs Odell und wohne bei ihr.«
    Dad schob die Hände in die Taschen. »Ich weiß, dass sie dir wichtig ist, aber denk doch mal, wie hart das für sie wäre, wenn du bei ihr einziehst. Mrs Odell ist über achtzig. Außerdem würdest du in Savannah in eine neue Schule gehen und neue Freunde finden.«
    Was für ein Idiot. Wie sollte ich neue Freunde finden, wenn ich nicht mal alte hatte? Ich glotzte ihn an und wünschte mir, er würde sich in Rauch auflösen.
    Seine Kinnpartie spannte sich. »Komm schon, CeeCee, sieh mich nicht so an. Ich versuche nur, das Richtige zu tun. Und ich …«
    Ich stand auf und ging ans Fenster, mit Pudding in den Beinen und einem so schmerzhaften Kloß im Hals, dass ich nicht mal schlucken konnte.
    Auf der anderen Straßenseite gingen zwei Mädchen aus meiner Klasse. Sie blieben stehen und schauten auf unser Haus, und daran, wie sie die Köpfe zusammensteckten, konnte ich sehen, dass sie über das sprachen, was sie über Mommas Tod gehört hatten – rote Schuhe, Diadem, Eiswagen und alles. Höchstwahrscheinlich sprach die ganze Stadt davon. Früher oder später würde die Geschichte über den letzten Tag meiner Mutter von den unzähligen Mündern, die sie weitergaben, verzerrt werden. Mit Sicherheit.
    Ich legte die Stirn an die Scheibe und schloss die Augen.
    Dads Stimme klang wie eine Million Meilen entfernt. »Eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein. Das verspreche ich dir.«
    Er legte mir die Hand auf die Schulter, aber ich stieß sie weg.
    Seine Schritte waren so schwer, dass die Dielen wackelten, als er wegging. Ich hörte ihn ein Bier aus dem Kühlschrank holen, und kurz darauf schlug die Fliegentür hinter ihm zu.
    Ich stand in einem Nebel aus Verwirrung und Unglauben am Fenster. Ich hatte nie auch nur eine Nacht außerhalb dieses Hauses verbracht, und jetzt sollte ich weit weg ziehen und bei jemandem wohnen, den ich gar nicht kannte. Und ich hatte noch nicht mal ein Mitspracherecht. Momma war erst seit drei Tagen nicht mehr da, und schon lernte ich die schwerwiegendste Lektion meines Lebens: Der Tod verändert alles.
    Später an diesem Nachmittag kam Dad mit einem alten braunen Koffer die Treppe heraufgepoltert. »Es ist alles geregelt«, sagte er, als er in mein Zimmer kam. Er sah mich nicht an. »Tallulah holt dich morgen früh ab«, murmelte er und wuchtete den Koffer auf mein Bett.
    »Und was ist mit meinen Büchern?«, fragte ich und zeigte auf die Stapel auf dem Boden. Es war eine Weile her, dass ich sie gezählt hatte, aber es mussten mindestens zweihundert sein.
    Dad hatte mein Zimmer schon seit Jahren nicht mehr betreten, und er starrte die Bücher verdattert an. »Woher hast du die denn alle?«
    »Die Bücherei macht jedes Jahr einen Ausverkauf. Zehn Bücher für einen Dollar. Und Mrs Odell kauft mir auch manchmal welche.«
    »Hast du die alle gelesen?«
    »Ja. Manche habe ich zwei- oder dreimal gelesen.«
    »Warte mal«, sagte er und rieb seine Stirnfalte. »Du meinst, du hast diesen ganzen Scheiß gelesen?«
    Ich nickte, sagte aber nichts. Ich konnte nicht. Wie konnte er meine Bücher als Scheiß bezeichnen ? Mir krampfte sich der Magen zusammen, und am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass er einen Scheiß über mich und mein Leben wusste.
    Er presste die Lippen zusammen. »Na ja, wir können Tallulah nicht gut bitten, diese ganzen Bücher mit nach Savannah zu schleppen. Nimm einfach nur ein paar Lieblingsbücher mit, den Rest muss ich dann weggeben.«
    »Nein. Das kannst du nicht machen.« Ich zog mein Zeugnis aus der Nachttischschublade und hielt es ihm hin. »Ohne die Bücher hätte ich das nicht geschafft.«
    Er lehnte sich an den Türpfosten und ließ den Blick über meine Noten gleiten. »Du hast überall As?«
    Ich wusste nicht, warum ihn das so schockierte. Er hatte sich noch nie für meine Zeugnisse interessiert, was hatte er denn erwartet?
    »Na ja«, sagte er und legte mein Zeugnis wieder aufs Bett. »Du bist ein kluges Mädchen. Du kannst stolz auf dich sein. Ich hatte nie As. Also gut, ich hole einen Karton aus dem Keller, und da kannst du ein paar Lieblingsbücher reinpacken, aber nur eine Kiste.«
    Eine Kiste, mehr nicht? Er schickt mich weg, und ich darf nicht mal meine Bücher mitnehmen?
    Mir zitterten die Hände, und die Worte Ich hasse dich purzelten mir aus dem Mund.
    Wir standen da und schauten uns an,

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