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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Hoffman
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Psychose.«
    Ich ging in mein Zimmer zurück und zog mein Wörterbuch aus dem Regal. Mir schnürte sich die Brust zusammen.
    » Psychose, die. Subst . schwere psychische Störung, bei der Gedanken und Gefühle so beeinträchtigt sind, dass der Kranke den Bezug zur Realität verliert. Typisch sind ungewöhnliches Verhalten, Halluzinationen, nicht nachvollziehbare Gedankengänge. Kann genetisch bedingt sein. Das gilt für Schizophrenie ebenso wie für manisch-depressive Störungen …«
    Ich starrte diese Worte lange an und flüsterte: »Genetisch bedingt.«
    Dad und die Frau sprachen jetzt lauter. Ich schlug das Wörterbuch zu, schlich auf Zehenspitzen in den Flur und kniete mich neben das Geländer.
    »Da kann ich doch nichts für, Tallulah. Und ich …«
    »Psst, sonst hört Cecelia dich noch«, schimpfte sie. »Das ist eine Tragödie, die wir vielleicht nie verstehen werden. Ich wusste schon, dass etwas nicht stimmt, als Camille vor Jahren aufgehört hat, meine Briefe zu beantworten. Sie hat nicht mal mehr die Schecks eingelöst, die ich zu Cecelias Geburtstagen geschickt habe. Aber nach Taylors Tod konnte ich vor lauter Kummer nicht mehr denken. Ich verstehe nur nicht, warum du nicht angerufen und mir das alles erzählt hast.«
    »Was hättest du denn tun können, Tallulah? Nichts.«
    Es entstand ein Schweigen, dann wurde die Stimme der kleinen Dame weicher, und sie sagte: »Okay, lassen wir das erst mal beiseite und kommen auf Cecelia zurück. Das arme Kind ist um zwölf Jahre seines Lebens beraubt worden. Wir haben keine Ahnung, was sie alles erlebt und ertragen hat. Allein der Gedanke bricht mir das Herz. Also denk bitte über mein Angebot nach, Carl. Das ist alles, worum ich dich bitte.«
    »Gut. Ich rufe dich heute Abend an. Wo bist du untergekommen?«
    »Portman Inn. Ich erwarte deinen Anruf so gegen acht. Es ist mein Ernst, Carl, passiert ist passiert – wir müssen loslassen, sonst frisst es uns auf. Das Wichtigste ist jetzt, die beste Lösung für Cecelia zu finden. Das ist deine Chance, etwas für deine Tochter zu tun. Ohne eine liebevolle Hand ist nicht abzusehen, was aus ihr wird. Ich hoffe, du verstehst genau, was ich meine.«
    Sie gingen zur Haustür hinaus, und einen Augenblick später hörte ich den Motor des Wagens. Ich raste die Treppe hinunter und kam gerade noch rechtzeitig ans Fenster, um sie um die Ecke verschwinden zu sehen.
    Dad kam wieder ins Haus, sein Gesicht war feuerrot. Unter den Achseln hatte er große Schwitzflecken. Als er mich am Fenster stehen sah, zeigte er auf einen Stuhl. »Cecelia, setz dich. Ich muss mit dir reden.«
    Ich setzte mich und presste die Hände zwischen den Knien zusammen. Er ging durch den Raum und blieb am Kamin stehen. »Deine Großtante Tallulah war gerade hier. Sie ist die Schwester deiner Großmutter, mütterlicherseits.«
    »Tallulah? Von der habe ich ja noch nie gehört.«
    »Sie und ihre Schwester Lucille waren einmal hier, als du noch ein Baby warst, aber du warst zu klein, um dich daran zu erinnern. Deine Großmutter hatte sich mit beiden Schwestern zerstritten. Sie hat schon nicht mehr mit ihnen gesprochen, bevor ich deine Mutter kennenlernte.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nur, dass dein Urgroßvater ein Schmuckgeschäft hatte. Nach seinem Tod wollten Tallulah und Lucille das Geschäft im Familienbesitz behalten, aber deine Großmutter, Bernice, wollte es verkaufen. Da ging das irgendwie los.«
    Warum hatte ich noch nie von diesen Leuten gehört? Warum hatte Momma sie mir verheimlicht?
    »Cecelia, hör mir mal zu.« Dad sah aus dem Fenster und holte langsam und tief Luft. »Jetzt, wo deine Mutter gestorben ist und ich beruflich immer noch herumreisen muss, wird sich etwas ändern müssen. Deine Großeltern leben alle nicht mehr, und außer meinem Cousin Judd sind Tallulah und Lucille deine einzigen Verwandten.«
    Sämtliche Nerven meines Körpers waren angespannt. »Und was hat das mit mir zu tun?«
    Er sah mich nicht an, als er sagte: »Tallulah hat gefragt, ob du vielleicht mit zu ihr willst, nach Savannah, Georgia.«
    »Für wie lange? Du meinst über die Sommerferien?«
    Dad rieb sich den Nacken und ging auf und ab. »Nein, ich meine … ich meine, bei ihr zu wohnen. Für immer.«
    Mir rutschte das Herz in die Hose. Die Zeit blieb stehen. Mir rauschte das Blut in den Ohren. Er schickt mich weg? Momma ist weg, und jetzt will er mich auch loswerden?
    Ich sah zu ihm auf. »Bei ihr wohnen?«
    »Tallulah ist toll. Ich glaube, es würde dir guttun, aus

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