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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Hoffman
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Angst hast zu fahren.«
    Ihr Gesichtsausdruck haute mich geradezu um. »Wer sagt denn, dass ich Angst habe?«, zischte sie.
    Da hatte ich wohl einen Nerv getroffen. Ich starrte sie an und wusste nicht, was ich sagen sollte.
    »Oletta Jones hatte noch nie Angst vor irgendwas oder irgendwem«, sagte sie und wandte sich mit finsterem Blick ab. »Ich hab gesagt, ich kann das nicht gut, ich hab nie gesagt, ich hab Angst.«
    Sie wischte die Arbeitsflächen ab, und ich setzte mich an den Tisch und fing an, ein Kreuzworträtsel zu lösen. Aber ich konnte nicht aufhören, an Tybee Island zu denken. Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück und drehte den Bleistift zwischen den Fingern. »Oletta, wie viel hast du damals eigentlich für die goldene Uhr bekommen, die du gefunden hast?«
    »Hundert Dollar«, sagte sie und wusch den Schwamm aus. »Das war wirklich ein Glückstag.«
    »Vielleicht hast du ja wieder einen Glückstag, wenn wir irgendwann nach Tybee Island fahren. Stell dir bloß mal vor, da könnte irgendwo ein Brillantring oder noch eine goldene Uhr liegen, oder vielleicht sogar ein Armreif mit Rubinen. Hoffentlich kriegt Nadine ihr Auto repariert, damit wir bald hinfahren können.«
    Sie trocknete sich die Hände ab und sah aus dem Fenster. Die Abenteuerlust in ihren Augen war unverkennbar.
    »Na ja, Miz Tootie hat gesagt, wegen ihr ist das in Ordnung. Tut ja auch keinem was. Wenn wir jetzt losfahren, ist es ja auch noch so früh, da sind kaum Autos unterwegs.«
    Ich sprang vom Stuhl und fiel ihr um den Hals. »Oh danke, Oletta!«
    »Dann beeilen wir uns besser, bevor ich wieder zu Verstand komme.«
    Sie rief Nadine an, und wir stopften schnell das ganze Essen wieder in die Kühlbox und schleppten sie und den Schatzsucher zur Garage. »Dann mal los«, sagte ich und machte den Kofferraum zu. »Das wird toll.«
    Oletta setzte auf die Straße zurück, sie hatte die Unterlippe so weit vorgeschoben, dass ich ihr Zahnfleisch sehen konnte. Als sie auf die Straße fuhr, beugte sie sich vor, bis sie mit dem Kinn fast das Lenkrad berührte. »Gott«, sagte sie und tastete sich zentimeterweise an die Kreuzung heran. »Wenn wir da heile ankommen, ist das ein Wunder.«
    »Du meinst, wenn wir diese Woche noch ankommen, ist das ein Wunder«, sagte ich und lachte über sie.
    »Sei bloß still und lass mich fahren.«
    Wir waren noch keine drei Blocks weit gekommen, da lief Oletta schon der Schweiß übers Gesicht. »Ich bin wohl nicht ganz richtig im Kopf«, murmelte sie und fuhr fast von der Straße, als ein großer Lastwagen uns überholte und hupte. »Ich weiß gar nicht, warum ich mich überreden lassen hab. Das gibt nur Ärger. Das hab ich im Gefühl.«
    Ich hatte Oletta zu gar nichts überredet, das hatte sie ganz allein gemacht. Aber ich lächelte nur und behielt den Gedanken für mich. Als wir die Stadt hinter uns gelassen hatten und auf der Landstraße waren, entspannte sie sich ein bisschen und schien die sonnige Landschaft sogar zu genießen.
    Ein paar Minuten fuhren wir schweigend, dann stieß Oletta einen erleichterten Seufzer aus. »Danke, Jesus. Wir haben es geschafft.«
    Es waren zwar keine weiteren Autos zu sehen, aber sie blinkte trotzdem und fuhr in eine schmale, unbefestigte Einfahrt. Am Pfosten des Briefkastens hing ein kleines Holzschild mit den Worten Schmuck von Nadine und darunter Steinlesungen von Chessie .
    »Nadine macht Schmuck?«
    »Ja. Und zwar ganz schön gut. Hat da ein schönes Geschäft am Laufen. Sie arbeitet Teilzeit als Krankenschwester, aber nebenbei macht sie tollen Schmuck aus Glasperlen.«
    »Und was sind Steinlesungen?«
    Oletta fuhr im Schneckentempo die lange Einfahrt hinauf und sagte: »Chessie hat so einen Beutel Steine mit irgendwelchen alten Zeichen drauf. Sie sagt, sie haben die Macht – was auch immer das heißen soll. Die Leute kommen zu ihr, wenn sie Schwierigkeiten haben oder durcheinander sind, und Chessie holt ihre Steine raus und liest, was sie zu sagen haben.« Oletta schüttelte den Kopf. »Sie nimmt fünf volle Dollar für eine Lesung. Das ist ’n Haufen Geld dafür, dass sie ein paar Steine anstarrt, wenn du mich fragst. Aber manche Leute würden für ein bisschen Hoffnung alles zahlen.«
    Vor uns lag ein weiß geschindeltes Haus mit grasgrünen Fensterläden und einer flamingorosa Haustür. Als Oletta vorfuhr und parkte, ging die Tür auf, und eine kleine Frau trat heraus. Ihr Haar war zu einem großen, lockigen Knoten gebunden, und sie trug eine Caprihose und ein

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