Die Frauen
die Fenster knackten vor Kälte - gab er eine Presseerklärung ab, in der er alle Anschuldigungen zurückwies. Seine Verbindung zu Madame Noel, sagte er, sei rein geistiger Natur, und es sei absurd zu denken, dass er unter den Augen seiner Mutter - die seit einigen Monaten in Taliesin lebe - eine Liebesaffäre habe. Madame Noel sei eine höchst begabte und äußerst sensible Frau, die sich nur in Gesellschaft anderer Künstler wohl fühle und daher eine Mitarbeiterin des Taliesin-Studios sei, zu dem er selbst sowie eine Reihe von Architekten, Zeichnern und Handwerkern gehörten. Des weiteren würden er und sein Anwalt Clarence Darrow Mrs. Breen - eine verbitterte und längst entlassene Hausangestellte, die mehrere Drohbriefe an ihn und Madame Noel geschrieben habe - wegen Diebstahls und der Verletzung des Postgeheimnisses verklagen.
Als die Reporter gegangen waren, schickte er seine Zeichner hinaus mit dem Auftrag, Zäune zu reparieren, Stoppelfelder zu eggen und dergleichen, und bat Miriam in sein Studio. »Ich bedaure dieses Aufsehen sehr«, sagte er und setzte sich auf den Sessel hinter seinem Tisch, als ließe er sich in eine Badewanne gleiten. »Es ist wirklich das letzte, was wir brauchen, besonders nachdem ... « Er machte eine unbestimmte Geste. »Und es tut mir leid, dass du da hineingezogen worden bist. Aber bitte, setz dich, setz dich doch, mach es dir bequem.«
»Nein, ich werde mich nicht setzen, Frank.« Sie war aus einigen Gründen verärgert, nicht zuletzt, weil sie ihren Ausflug nach Chicago hatte abbrechen müssen, um hier, in diesem elenden, langweiligen, wolkenverhangenen, nach Misthaufen stinkenden Nirgendwo Pfannkuchen zu essen, durchgefroren bis auf die Knochen. »Und ich werde mich nicht verstecken, als müsste ich mich für etwas schämen. Ich schäme mich unserer Liebe nicht, Frank - du etwa?«
Er griff nach seiner Brille und spielte damit herum, bevor er sie aufsetzte, als wollte er Miriam genauer in Augenschein nehmen.* Er sah aus wie ein Buchhalter, ein Sachverständiger für Zuchtvieh; seine Augen wirkten vergrößert und ausgewaschen. »Natürlich nicht, aber das steht hier gar nicht zur Debatte.«
* Wrieto-San war mit sehr guten Augen gesegnet. Dennoch hatte er, wie er in seiner Autobiographie schrieb, nach der Tragödie im August 1914 das Gefühl, rapide zu altern, und ließ sich eine Brille verschreiben. Ich sah sie ihn nur selten tragen und nie in der Öffentlichkeit - das war eine Frage persönlicher Eitelkeit.
Sie unterbrach ihn. »Was steht denn zur Debatte?«
»Ich kann mir einen weiteren Skandal einfach nicht leisten - das weißt du so gut wie jeder andere, Miriam. Besonders nicht in dieser Gegend, nicht nach dem, was im vorletzten Sommer passiert ist.«
»Wieder diese tote Frau. Es läuft immer alles auf sie hinaus, nicht? Aber ich sage dir, ich werde mich nicht verstecken. Ich werde aller Welt die Wahrheit über dich und mich sagen, und ich gebe keinen Pfifferling darum, was irgend jemand darüber denkt. Einschließlich dir.«
»Verdammt, Miriam!« Er stand so abrupt auf, dass der Stuhl umfiel. In seiner Erregung schwenkte er die Arme, als wollte er eine Kuh aus dem Garten verscheuchen. Die Geste ließ sie innerlich erstarren. Sie würde sich nicht einschüchtern lassen. Nein, auf keinen Fall. »Du verstehst nicht. Du sprichst von -«
»Ich liebe dich, Frank.«
»Liebe, ja, Liebe, aber darum geht es hier nicht. Es geht um einen Skandal, Miriam, einen Skandal, der das gute Verhältnis zu meinen Nachbarn, das ich mir mühsam aufgebaut habe, zerstören wird ... «
Sie stand steif und hoch aufgerichtet da. »Es gibt nur eine Wahrheit, Frank. Und das ist alles, was die Leute wissen müssen.«
»Nein, Miriam, nein, das stimmt nicht. Sie werden die Briefe veröffentlichen, und Clarence sagt, dass es zu spät ist, um sie davon abzuhalten.«
Die Briefe. Zur Hölle mit den Briefen. Sie zuckte nicht mit der Wimper. Sie sah ihn unverwandt an. »Gut«, stieß sie hervor. »Sollen sie doch. Die ganze Welt soll wissen,
was ich für dich empfinde. Die ganze Welt soll sehen, was für eine wahre und gute und edle Liebe es ist, eine Liebe, die die Zeiten überdauert, eine Liebe, die so hell leuchtet wie der hellste Stern am Himmel.«
Und dann (bekam sie eine Erkältung?) zog sie ihr Taschentuch hervor, tupfte sich die Augen ab - sollte er doch kochen vor Wut, sollte er sie doch beschimpfen - und putzte sich ganz dezent, ganz sanft und zart die Nase.
Kapitel 6
DIE
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