Die Frauen
deren Einfluss das Glück derer, die Dich lieben, zunichte macht.« Diese Worte ergaben kaum einen Sinn. Und wenn es möglich gewesen wäre, hätte sie sie zurückgenommen. Doch sie war damals mit den Nerven am Ende gewesen, verschmäht und verstoßen, das mussten die Leute doch begreifen - und der Gedanke daran, wie scheußlich er gewesen war, wie scharfzüngig und sarkastisch, wie kleinlich und gemein, ließ ihren Zorn wiederaufleben. Sie las den ganzen Beitrag, Spalte um Spalte, und wog jedes Wort mit einer Mischung aus Begeisterung und Herzschmerz, und dann las sie alles noch einmal.
Danach starrte sie lange ins Feuer und versuchte, ihrer Gefühle Herr zu werden. Ihre anfängliche Hochstimmung war verschwunden, und an deren Stelle waren Zweifel getreten. Dies war nicht recht, es war ganz und gar nicht recht. Der oberflächliche Leser der Tribune würde einen unvorteilhaften Eindruck gewinnen, das sah sie jetzt.
Diese Briefe, diese sehr privaten und persönlichen Briefe, würden nicht als cri de cœur einer großen, freigebigen Seele zu einer anderen - eines Sterns zu einem gleichermaßen strahlenden anderen Stern - gesehen werden, sondern als das Geschwafel einer verschmähten Frau, jämmerlich und verzweifelt, in der Liebe gescheitert. Manche - die Niedriggesinnten - würden vielleicht sogar darüber lachen.
Und als wäre das alles nicht peinlich genug, hatte sie mit »die Deine« oder, schlimmer noch, mit »Liebe mich, sosehr Du kannst« unterschrieben.
Schließlich, als die hereinbrechende Nacht die Fenster geschwärzt und sich eine Stille über das Haus gelegt hatte, in der nur noch das Knistern und Knacken des Feuers zu hören war, erhob sie sich und machte sich auf die Suche nach Frank. Er war nicht im Schlafzimmer, und so ging sie durch die Loggia zurück zu dem Alkoven, wo der Esstisch stand, und weiter ins Wohnzimmer, doch er war nirgends zu sehen. Aus der Küche drang der Geruch von Kohl - Bauernessen, so fade wie giftig -, und die Köchin und das Dienstmädchen, die sich am Schneidbrett und am Herd zu schaffen machten, sahen kaum auf, als sie den Kopf durch die Tür steckte. Sonst schien niemand mehr wach zu sein. Das war eigenartig - oder vielleicht auch nicht. Vielleicht war es hier draußen auf dem Land einfach so: Alle gruben sich ein, um den endlosen Winter zu überstehen, sämtliche Hoffnungen, Freuden und Ambitionen wurden unter Bergen von Steppdecken erstickt, man ging bei Sonnenuntergang zu Bett und stand mit den Kühen auf. Der Gedanke machte ihr angst - und wo war Frank? Wusste er denn nicht, dass sie ihn brauchte, dass diese Briefe ganz falsch waren, dass sie diejenige war, die man der Verurteilung durch die Öffentlichkeit und vielleicht sogar der Lächerlichkeit preisgegeben hatte - dass sie es war, auf der die ganze Last ruhte, nicht er?
Vielleicht war Frank hinausgegangen - wenn er sich aufregte, zog er sich die Stiefel an und stapfte, ganz gleich, wie das Wetter war, draußen herum, als wäre er unempfindlich gegen Hitze und Kälte, Regen und Schnee. Frank, der Farmer, Frank, der Waliser, der den Mist ausbrachte und sich mit Schweinen auskannte - trotz all seines Genies im Grunde seines Herzens ein Bauer. Sie steckte tatsächlich den Kopf hinaus in die unmäßig kalte Luft und rief seinen Namen über den Hof, bevor ihr das Studio einfiel. Und dort fand sie ihn dann. Er saß an einem Zeichentisch unter dem Ölporträt seiner Mutter - dem einzigen Bild im Raum - und dem Motto, das er an der Wand aufgehängt hatte: WAS EIN MANN TUT, IST DAS, WAS ER HAT. Und was tut ein Mann? fragte sie sich. Schließt er seine amante in einem Verlies ein? Bringt er sie zum Schweigen? Lässt er zu, dass die Zeitungen ihren Geist, ihre Liebe, ihr Leben verspotten? »So geht das nicht, Frank«, sagte sie.
Er blickte auf - seine ewigen Zeichnungen und Pläne, er war wie ein Kind, genau wie ein Kind, ein kleines Kind, ja, das war er - und sah sie missmutig an.* »Ich weiß,
Miriam. Glaub mir, wir tun, was wir können, um sie zu stoppen.«
* Wir wissen es nicht mit Sicherheit, doch es ist wahrscheinlich, dass er damals an den Plänen für seine revolutionären »American System Ready-Cut«-Standardhäuser arbeitete - eine Hausform, die man heute als »Fertighaus« bezeichnen würde.
»Sie zu stoppen? Dafür ist es ja wohl zu spät. Weißt du, wie diese Briefe mich aussehen lassen?« Er musterte sie mit seinen schlauen kleinen Augen, er funkelte sie an, er gab ihr die Schuld. »Wie eine Frau,
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