Die Frauen
Socken schwelten, und obwohl jetzt Leute kamen, Nachbarn, die herbeiliefen, um zu helfen, zu gaffen, zu tratschen, musste er den Rückzug antreten, vom Wohnbereich des Hauses nach hinten zurückweichen, wo sich der Arbeitsbereich befand - sein Studio und die Zimmer für Schüler und Gäste -, und auch der würde dran glauben müssen, das sah er jetzt, keine Hoffnung, nicht die allergeringste. Die Flammen gewannen an Boden. Er bekam kaum Luft. Der Qualm wurde dichter, und das Feuer loderte, heißer als jedes Freudenfeuer am Unabhängigkeitstag, und es nährte sich von allem, was ihm kostbar war. »Kommen Sie runter!« rief jemand. »Es ist sinnlos. Kommen Sie runter!«
War es eine göttliche Heimsuchung? War es der Gott des Jesaja, der Schicksalsgott, der rächende Gott, der ihn erneut für seine Hybris strafte, für seine zu vollkommenen Schöpfungen, den Funken, der ihn selbst gottähnlich machte? Er wäre an diesen Überlegungen wohl kaum vorbeigekommen, wenn er Zeit zum Nachdenken gehabt hätte, doch er hatte keine Zeit, jedenfalls nicht jetzt, erst als alles vorbei war, und da war er schon wieder einen Schritt weiter und schätzte sich glücklich. Denn genau in diesem Moment, nach zwanzig Minuten des Schreckens, das Haus ein Inferno und die Temperaturen so hoch, dass von den Fenstern nur noch kleine Lachen geschmolzener Kieselerde geblieben waren, seine Möbel und einzigartigen Kunstwerke zerstört, krachte ein Donnerschlag, der Wind drehte jäh, und Regen fiel wie göttlicheVergebung.
Die Ruine schwelte noch tagelang, und der Gestank von Verbranntem hing dünn in der Luft, ein säuerlicher Geruch, als wären tausend Fässer Essig in Flammen aufgegangen und nicht Herz und Seele des Hauses, das sie geliebt hatte, als hätte sie es selbst erbaut. Der Geruch quälte sie, wenn sie neben Frank in dem zu schmalen Bett in einem der Gästezimmer lag. Alles war jetzt dem neuen, vom Wiederaufbau geprägten Leben angepasst, die Nacht erdrückte sie mit ihrer undurchdringlichen Dunkelheit, die Decken beengten sie wie zu feste Bandagen, und sie schlief mit dem säuerlichen Gestank in der Nase ein und wachte im Morgengrauen wieder damit auf. Selbst der Geruch des Frühstücksspecks, der aus der provisorischen Küche herüberwehte, wurde davon überlagert, die umgegrabene Erde war versauert, die Blumen waren ruiniert. Ihr war morgens jetzt übel, mehr als damals bei Svetlana, doch sie zwang sich aufzustehen, in die Küche zu gehen und ihren Platz neben Mrs. Taggertz zu behaupten, um sicherzustellen, dass Frank sein Frühstück ins Studio gebracht bekam, denn es war wichtiger denn je, dass er bei Kräften blieb.
Sie sorgte sich um ihn - sie konnte nicht anders. An jenem ersten Tag, dem Tag nach dem Brand, war sie bei Tagesanbruch erwacht, und da war er schon fort gewesen.
Hatte er überhaupt geschlafen? Und was war mit seinen Verbrennungen? Sie mussten gereinigt, mit Salbe behandelt, neu verbunden werden. Sie zog ihren Morgenmantel über und ging hinaus - zu der Asche, dem Gestank und den Vögeln, die unbeirrt, ja überschwenglich sangen. Die Sonne hing wie eine goldene Oblate über dem Hügel, auf dem grünen, grünen Feld grasten die Kühe, und dort in der Ruine stand er mit einem Rechen, gebeugt und traurig, alles war noch heiß, und sie fragte ihn, ob er Hilfe brauche, Trost, was auch immer, doch er winkte sie fort. Später schaute sie aus dem Fenster und sah, dass er zusammen mit Billy Weston Keramik- und Bronzescherben einsammelte, die Überreste von Marmor, der zu weißem Gekrümel zerfallen war, kalziniert durch die gewaltige Hitze. Sie legten Dinge in einen Eimer, nutzlose Dinge - es war alles kaputt, sahen sie das denn nicht? -, und fast hätte sie etwas gesagt, sich eingemischt, doch sie hielt sich zurück.
Hitze stieg flirrend über den Trümmern auf. Sie bückten sich und gruben. Sie unterhielten sich nicht, sagten kein Wort, ihr Schweigen wie ein gemeinsamer Gedanke, bestimmt waren sie jetzt in der Vergangenheit, bei dem ersten Feuer, das alles zerstört hatte. Sie kannte die Geschichte nur in groben Zügen - Frank verstummte, sobald die Sprache darauf kam-, doch sie wusste, dass damals seine Geliebte ums Leben gekommen war, seine erste Geliebte, die Frau, für die er Taliesin erbaut hatte.* Und auch Billy hatte einen Verlust erlitten, auch Billy.
* Martha (Mamah) Borthwick Cheney, 1869-1914.
Am schlimmsten jedoch, schlimmer noch als die Schaulustigen, die mit verschränkten Armen dastanden und
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