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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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borstig, »kommt denn irgendeine andere Laune in Frage? Hm, Svet? Was meinst du?«
    »Es blitzt«, sagte sie mit dünnem Stimmchen. »Schon wieder.«
    »Tja, das gehört nun mal zum Leben. Elektrizität. Ohne die hätten wir nachts kein Licht. Das wolltest du doch auch nicht, oder?« Sie reagierte nicht. Mrs. Taggertz stellte ihnen Teller mit Suppe und einen Laib frisch gebackenes Brot hin, sie waren nur zu dritt, die Arbeiter aßen auf dem Mäuerchen unter den Eichen, und die Neutras, Mosers und Tsuchiuras waren fort, vom Feuer vertrieben. Ein langgezogenes Donnergrollen trommelte auf die Hügel ein.
    »Pass mal auf, Svet«, sagte Frank und legte den Löffel ab, um beidhändig mit dem Brotmesser an dem Laib herumzusäbeln, »du weißt doch, dass das Feuer nicht durch einen Blitz entstanden ist, sondern durch schlecht verlegte Leitungen. Und eine Portion Pech war wohl auch im Spiel.« Er reichte ihr eine dicke Scheibe Brot. »Aber ohne den Regen würden wir jetzt nicht so gemütlich und zufrieden hier sitzen, denn dann wäre das ganze Haus abgebrannt.«
    »Ich weiß. Aber ohne den Wind ... « Sie machte eine vage Geste mit ihrem Löffel. »Sicher«, sagte er. »Sicher. Ich weiß, worauf du hinauswillst, Schätzchen, und es gibt darauf keine gute Antwort. Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen. Das Entscheidende ist, dass man sich nicht unterkriegen lässt.« Er hielt inne, um sich seiner Suppe zu widmen, doch er war noch nicht fertig. »Weißt du, deiner Mutter habe ich das schon gesagt - ich muss zugeben, dass auch ich mich durch dieses Feuer erniedrigt fühle. Manchmal kommt es einem wirklich so vor, als gäbe es irgendeine höhere Macht, die gegen einen würfelt - und damit meine ich Gott, den Gott der Bibel, den mit dem Manna in der einen Hand und dem Höllenfeuer in der anderen. Nimm zum Beispiel die Geschichte mit Maple.«
    »Wer ist Maple?«
    »Maple war eine reinrassige Holstein Maplecroft, die mehr wert war als hundert normale Kühe - wir hatten sie gekauft, um eine eigene Zucht zu beginnen. Eines Tages stand sie bei einem Gewitter genau wie diesem jetzt auf der Weide, zusammen mit zwei ganz normalen Milchkühen, die kaum mehr wert waren als ihr Fell und ihre Knochen. Ich saß mit einer Tasse Tee auf der Terrasse, um zuzugucken, wie das Gewitter näher kommt, und plötzlich hat es einen gewaltigen Stoß getan - zack! So schnell ging das«, er schnipste mit den Fingern, »und der Blitz hat da drüben auf dem Feld eingeschlagen.« Er deutete aus dem Fenster. »Und natürlich ist zehn Minuten später ein Arbeiter gekommen und hat mir atemlos erzählt, dass es eine der Kühe erwischt hat. Errätst du, welche?«
    »Maple?«
    »Genau, Schätzchen: Maple. Und ich sage dir - du kannst natürlich deine eigenen Schlüsse daraus ziehen, aber meiner lautet: Man muss den Nacken steif halten und arbeiten, arbeiten, bis man vor Müdigkeit nicht mehr kann, und man darf niemals, niemals zurückblicken.«*
     
    * Ich weiß nicht, inwieweit diese Moralpredigt dazu geeignet war, ein kleines Mädchen zu beruhigen, das krankhafte Angst vor Blitzen hatte, aber sie ist durch eine verlässliche Quelle belegt - durch Svetlana selbst. Und ich habe Svetlana während meiner Zeit in Taliesin als ein vollkommen ausgeglichenes (und ganz bezauberndes) junges Mädchen erlebt. Allerdings brannte sie als Siebzehnjährige mit Wes Peters durch, was Wrieto-San sehr erzürnte.
     
    Es war erstaunlich zu sehen, wie schnell das Skelett von Taliesin III hochgezogen wurde, eine ganze Mannschaft von Zimmerern, Steinmetzen und Arbeitern aus den umliegenden Dörfern war von morgens bis abends am Werk, schuftete, während die Tage länger wurden, mit vereinten Kräften, und Frank war immer unter ihnen. Er war unermüdlich, ging vollkommen in seiner Arbeit auf, und wenn er nicht gerade mit der Wasserwaage das Balkenwerk erklomm oder eine Schnur von einer Ecke zur anderen spannte, dann saß er am Schreibtisch und arbeitete die Baupläne aus, bombardierte potentielle Kunden wie alte Freunde mit Briefen und setzte seinen ganzen Charme, seine ganze Überzeugungskraft ein, um Aufträge (Honorarvorschuss dringend erbeten) oder schlichte Kredite zu ergattern. Die Versicherung werde einen Teil der Wiederaufbaukosten übernehmen, erklärte er Olgivanna, allerdings seien leider -tragischerweise - die Kunstwerke nicht mit abgedeckt gewesen, außerdem schwebe ihm ein weit stattlicheres Gebäude vor, als Taliesin I oder II es gewesen seien - dies sei seine Chance,

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