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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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tratschten, als wäre diese Tragödie ihre Abendunterhaltung (»Hyänen« nannte Frank sie), war die Presse. Die Reporter waren beim ersten Tageslicht da und forderten lautstark eine Stellungnahme. Es interessierte sie nicht, dass Frank seelisch wie körperlich am Ende seiner Kräfte war, dass er gerade einen Verlust erlitten hatte, wie ihn zweifellos keiner von ihnen je hatte erleben müssen, oder dass er womöglich Zeit brauchte, um sich zu erholen. Sie interessierte bloß das Wann und Wo und Wie, und ob denn so etwas nicht schon einmal passiert sei und wie er sich fühle. Unter diesen Umständen. Mr. Wright! Mr. Wright! Könnten Sie eine Stellungnahme abgeben? Er wandte ihnen sein erschöpftes Gesicht zu, nur die Augen waren noch rege, und gab ihnen, was sie haben wollten, weil er eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens war, weil er berühmt war, weil er es tun musste. Er sagte ihnen, er sei froh, dass es keine Toten zu beklagen gebe, er bedauere es, dass die vom Feuer zerstörten großen Kunstwerke bei ihm so schlecht aufgehoben gewesen seien - Kunstwerke im Wert von einer halben Million, ganz recht, mindestens einer halben Million* -, und ja, er gedenke Taliesin wiederaufzubauen. Und dann führten Billy Weston und einige der anderen Arbeiter die Zeitungsleute vom Grundstück, damit sie um die Wette in die Stadt rasen und die Geschichten, die auf den vollgekritzelten Seiten ihrer Notizblöcke bereits Form annahmen, telegrafisch durchgeben konnten: WRIGHTS BUNGALOW ZERSTÖRT; FEUER IN TALIESIN; BRAND ZERSTÖRT LIEBESNEST VON FRANK L. WRIGHT.
     
    * Eine ziemlich überhöhte Summe, würde ich meinen. Aber Wrieto-San schätzte den Wert seiner Sammlungen immer zu hoch ein - insbesondere den der japanischen Holzschnitte (ukiyo-e) -, damit er möglichst viel Geld dafür aufnehmen konnte, um das gewaltige Heer seiner Gläubiger zu beschwichtigen.
     
    Ein Geringerer hätte sich geschlagen gegeben oder wäre zumindest in die Knie gegangen, aber nicht so Frank. Noch ehe die Asche abgekühlt war, zeichnete er schon wieder, arbeitete von morgens bis abends und noch in die Nacht hinein, maß ab, kolorierte, radierte, und so begann unter seiner Bleistiftspitze Taliesin III** Gestalt anzunehmen, während die geschwärzten Steinmauern sich vor dem Hügel abzeichneten wie die Ruine einer römischen Villa. Wenn er sich zum Abendessen an den Tisch setzte und mit seinem nackten Gesicht zu ihr aufblickte - die Augenbrauen waren weggesengt, die welligen Haare mit Pomade geglättet, um die Stellen zu verdecken, wo sie verbrannte Strähnen weggeschnitten hatte -, sah er aus wie ein chinesischer Weiser, und er hatte immer einen Scherz auf den Lippen. Immer einen Scherz. Er kasperte für Svetlana herum, sang a cappella »O, Susanna« und verkündete, dass er gern wieder ein Klavier hätte, nachdem das alte ja zu Asche geworden sei. »Oder wenigstens ein Banjo. Wie wäre es mit einem Banjo, Svet? Ist das ein Banjo, was ich da auf deinen Knien sehe?«
     
    **  Drei Geliebte, drei Taliesins. Man kann nur mutmaßen, wie sich Olgivanna angesichts dieser Nachfolge fühlte. Da sie eine Privatschulausbildung genossen hatte, muss sie von Heinrich VIII. gewusst haben.
     
    Auch im Hinblick auf das Feuer wusste er mit ihr umzugehen. Ganz wunderbar sogar.
    Weit besser, als Vlademar es vermocht hätte. Svetlana war ein empfindsames Kind, sehr erwachsen, sie machte sich ständig Gedanken um Sicherheit und Ordnung, versuchte den Dingen auf den Grund zu gehen, und für sie war das Feuer besonders schlimm gewesen, diese Zerstörungskraft, das Chaos, wo sie doch gerade angefangen hatte, sich einzugewöhnen und zu sich zu finden. Erst hatte man sie aus der gewohnten Umgebung in Fontainebleau gerissen, dann aus dem Haus ihres Onkels in New York, dann hatte sie Chicago und Vlademar verlassen müssen, und jetzt dies - ihre Kleider, ihre Bücher und ihre unverzichtbaren Porzellanpuppen ein für allemal dahin.
    Frank war eines Nachmittags, keine Woche nach dem Brand, pfeifend zum Mittagessen gekommen, es war ein düsterer, drückender Tag, der Himmel wie aus Eisen,
    Donnergrollen, die Wolken ringsum von Pfeilern aus Blitzen gestützt. Und dieser Geruch, dieser Geruch hing immer noch in der Luft. »Du bist offenbar guter Laune«, sagte Olgivanna und zog Svetlana einen Stuhl zurück, während die Köchin sich am Tisch zu schaffen machte.
    »Aber klar doch«, sagte er, »klar«, und zog die Augenbrauen hoch, die langsam wieder nachwuchsen, weiß und

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