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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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ein Gebäude aus einem Guss zu schaffen, die architektonischen Mängel eines Bauwerks zu beseitigen, das je nach Bedarf erweitert worden war. Wo das Geld dazu herkommen sollte, sagte er nicht, aber von Geld, von bloßem Geld hatte er sich noch nie beeindrucken lassen. O nein.
    Aus Mai wurde Juni, aus Juni Juli. Sie hatte kaum zugenommen - jedenfalls nicht sichtbar, außer für Frank, wenn sie zusammen im Bett lagen und er über die Wölbung ihres Bauches strich, als handelte es sich um eines seiner Projekte, das vermessen und mit seinen Blaupausen abgeglichen werden musste -, doch bald würde ihr Zustand für jeden sichtbar sein, der Augen im Kopf hatte. Wie zum Beispiel die Köchin. Oder die Handwerker. Oder deren eifrige Frauen. Sie unterhielten sich eines Abends darüber, während Frank sie im Licht der Lampe inspizierte, beide nackt und verschwitzt, er strahlend, sie noch mit seinem Geschmack auf ihren Lippen. »Wir müssen irgendwas unternehmen, bevor die Leute anfangen zu reden«, murmelte er.
    Sie fuhr ihm mit dem Finger von der Nase über Lippen und Kinn bis auf die Brust.
    »Und was genau«, sie war spielerisch aufgelegt, »schwebt dir da vor?«
    »Miriam«, sagte er mit einer entschuldigenden Handbewegung.
    Eine Weile sagte sie gar nichts. Allein der Name - Miriam - reichte aus, um die Stimmung zu ruinieren, die Süße dieses Augenblicks zunichte zu machen, und da war wieder dieser Geruch, ein Hauch von Verbranntem. Sie folgte dem Schatten seiner Hand, der sich über die Wand bewegte. Käfer knallten gegen die Fensterscheibe wie Gewehrkugeln. So wie jetzt mit ihr hatte er auch mit Miriam hier im Bett gelegen, hatte sich ihr geöffnet, ihr seine Liebe beteuert, ja geschworen, tausendmal geschworen. Und was war Miriam jetzt? Eine Fremde. Ein Störfaktor. Ein Name, ein bloßer Name. »Wie war sie?« fragte sie, und ihre Stimme blieb ihr fast in der Kehle stecken. »War sie schön?«
    »Nein«, sagte er, »nicht im Vergleich zu dir. An dich kommt keine heran.«
    »Aber sie war mal schön.«
    Er zuckte die Achseln. »Hör zu, Olya, das tut überhaupt nichts zur Sache. Ich will einfach nicht, dass unser Kind unehelich geboren wird, das ist alles. Wir müssen so schnell wie möglich heiraten, das siehst du doch ein, oder? Bevor es sich herumspricht. Deine Scheidung ist vom Tisch, jetzt ist meine dran. Ich gehe morgen zum Anwalt, ja? Gleich morgen früh. Mal sehen, was passiert. Wenn sie noch nichts von dir weiß - von uns -, beißt sie vielleicht an, und dann sind wir sie los.« Er hielt inne, schaute zum Fenster, zu den Käfern dort - und was taten die? Sie paarten sich, vermutete sie, wie alle Geschöpfe dieser Erde. »Sie braucht bestimmt Geld, ich kenne sie doch. Wer weiß, vielleicht lässt sie ja mit sich reden.«
    »Liebst du sie noch?«
    »Ob ich sie liebe? Ich empfinde schon seit Jahren nichts mehr für sie. Sie ist seelisch gestört und gewalttätig. Besonders wenn etwas nicht nach ihrem Kopf geht. Wenn sie auch nur den geringsten Verdacht hätte ... dass du hier bist, meine ich ... «
    Ihr fiel ein, dass er wegen der Zeitungsberichte über das Feuer zwar geschäumt hatte »So ein Schund, die reine Sensationslust, als wäre mein Leben nur dazu da, Mr. und Mrs. Schmutzkopf im Loop beim Frühstück zu unterhalten, >Liebesnest<, so ein Quatsch« -, zugleich aber triumphierend festgestellt hatte, dass nirgends von ihr die Rede war. Keiner wusste von ihr. Es war ihrer beider Geheimnis, Architekt lebt in Sünde mit schwangerer Montenegrinerin, und wenn sie dieses Geheimnis noch etwas länger wahren könnten, würde alles gut werden, das versprach er ihr. Sie hatte darüber noch gar nicht groß nachgedacht, jedenfalls nicht bis zu dem Feuer und dem Spektakel der Zeitungsleute. Alles war ihr so natürlich erschienen, so eng verbunden mit der Erde und dem Wechsel der Jahreszeiten, weit entfernt von der Stadt, dem Gesellschaftsleben und der stumpfsinnigen Etikette. Sie musste an Georgei denken. Es war nicht mehr als - wieviel? anderthalb Jahre? - her, dass sie mit seiner Truppe nach New York gekommen war. Damals hatte sie ganz in ihm gelebt, ihr eigenes Dasein war allein ihrem Meister und seinem Vierten Weg gewidmet gewesen, ihre Seele war emporgestiegen, und die Trommeln und Flöten hatten in einer geheimen Sprache zu ihr gesprochen, die ihre Glieder antrieb, während sie tanzte, ob auf der Bühne oder im engsten Kreis, zu einer Musik tanzte, die niemand anders hören konnte, die nur in ihrem - und Georgeis -

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