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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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in der Fassung verschmorte oder wie der Versuch, ein Radio oder eine Lampe an die Steckdose anzuschließen, mit einem scharfen Knall und dem Gestank durchgeschmorter Kabel endete.
     
    ** Nachname nicht ermittelbar. Mehr als seinen Vornamen hat niemand mehr von ihm in Erinnerung.
     
    »Glaubst du, es blitzt? Ich habe Angst vor Blitzen.«
    »Natürlich«, sagte er. »Es blitzt bestimmt. Aber du brauchst keine Angst zu haben.
    Hier schlägt der Blitz nicht ein. Solange du drinnen bleibst, kann er dich nicht treffen.« Die Wolken wurden länglich, trieben in Fasern und Streifen mit dem Wind, und am Horizont zuckte der erste Blitz. Sie wandten alle drei den Kopf und sahen ihn am Himmel zerren.
    »Und solange du dich vom See fernhältst«, warf Olgivanna ein. Sie war ganz in Blau gekleidet, trug ein Kostüm - Rock und gegürtete Jackenbluse -, das er selbst für sie entworfen hatte, schlicht und elegant zugleich. Und modisch außerdem. Er hatte etwas Ähnliches in einem Katalog - und an zahlreichen Frauen in Chicago - gesehen und sie damit überrascht, hatte das Schnittmuster bei einer Schneiderin abgegeben und das Paket dann im Zug mitgebracht. Olgivanna hatte Farbe bekommen - sie war den ganzen Nachmittag draußen gewesen, hatte den Küchengarten zum Pflanzen umgegraben, denn es würde dieses Jahr keinen Frost mehr geben, das hatte er ihr hoch und heilig versprochen, kein Frost mehr dieses Jahr -, und er sah, dass sie feine schwarze Ränder unter den Nägeln hatte und ihre Hände von der Arbeit hart geworden waren. Sie sah gesund aus. Zufrieden. Und schwanger. Im zweiten Monat.*
    Das hatte sie ihm erst am Morgen gesagt - im Bett, bevor Svetlana aufgewacht war -, und er war noch ganz erfüllt von dieser Neuigkeit. Morgen, hatte er ihr gesagt, wenn alle da sind, morgen feiern wir.
     
    * Man fragt sich, ob Wrieto-San je auch nur einen Augenblick nachdachte, bevor er etwas tat. Dass er erst die Geschichte von Olgivanna als seiner Haushälterin in die Welt setzte und sie dann fast umgehend schwängerte, spricht nicht gerade dafür.
     
    Er war kurz ins Schlafzimmer gegangen, um etwas zu holen - das Buch, das er gerade las, seine Brille -, als das Telefon zu summen begann. Er nahm ab, doch die Leitung war tot. Verwirrt, ja leicht verärgert ging er in die Küche und musste feststellen, dass der Summer dort sich nicht mehr abschalten ließ, egal, wie oft er auf den Knopf drückte. Wo war bloß der Schraubenzieher? Er würde einen Schraubenzieherbrauchen, um das Ding von der Wand abzumontieren, und eine Zange außerdem.
    Einen Moment lang stand er einfach nur da, während sich das Summen in seine Ohren bohrte, und sah sich unentschlossen nach einem Werkzeug um - irgend etwas, ein Buttermesser, die Kante einer Münze -, dann wühlte er in der Schublade und hatte gerade nach dem Messer gegriffen, als ein Windstoß gegen die Fensterscheibe fuhr, er aufblickte und sah, dass Rauch aus den Schlafzimmerfenstern quoll.
    Rauch. Dunkle Zungen, die vom Wind zerfetzt und in den Hof getrieben wurden. Es war, als wäre die Lokomotive aus dem Bahnhof übers Land gedampft und hätte hier in seinem Schlafzimmer angehalten, während der Heizer unermüdlich weiter Kohle in das rotglühende Feuerloch schaufelte. Aber das war unmöglich, es war absurd, die Wahnvorstellung eines wirren Geistes - der Kamin, es muss der Kamin sein, dachte er, ja natürlich, ein Windstoß hat die Kaminklappe zugeschlagen, doch noch während er sich in Trab setzte, wusste er, dass kein Kaminfeuer brannte, denn es war den ganzen Tag warm gewesen, zu warm für die Jahreszeit, die Luft schon schwer von dem nahenden Gewitter, kein Grund also, gutes Eichenholz zu verschwenden, das gesägt, gespalten und gestapelt werden musste.*
     
    * Von Schülern.
     
    Als er das Schlafzimmer erreichte, loderten an der Wand hinter dem Bett die Flammen, die Vorhänge waren zum Leben erwacht, zuckende rote Bänder, und die Bettwäsche bäumte sich, um Feuer mit Feuer zu vereinen. Zwei Sekunden, nicht mehr, dann war er wieder im Korridor und schrie: »Feuer!«, und jetzt war Olgivanna da, kreidebleich, die Augen schreckgeweitet, und Kameki, der völlig aufgeregt in die falsche Richtung rannte. Ob der Schlauch im Hof wohl lang genug war? - Nein, nicht annähernd. In den Ställen standen Eimer, und nun war auch Mel da, sie bildeten eine Eimerkette im Korridor, um Wasser gegen die Wand zu kippen, das Zischen des Dampfes, der Gestank von Verbranntem, dann der nächste Eimer und der nächste,

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