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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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das Essen ihrer neuen Köchin (einer gewissen Miss Viola Meyerhaus, dickbeinig, altjüngferlich und von unbestimmtem Alter, die ihr blondes Haar in einer starren Schnecke auf dem Kopf trug und ausnahmslos deftige Gerichte kochte, mit Soße, Kartoffeln, Sauerkraut und Wurst, wobei sie ein wunderbares Gericht namens »Himmel und Erde« zubereitete, ein Gemisch aus Kartoffelbrei, Apfelmus, Zwiebeln, gewürfeltem Speck und Schweinebraten, das selbst Svetlana zu schmecken schien), und an deren freiem Tag nahm Olgivanna sich die Zeit, Eintöpfe und Suppen zu kochen und süße Leckereien zu backen, bis das Haus so roch, wie ein Haus riechen sollte. Sie gingen jeden Tag segeln, und abends machten sie Spaziergänge in der Umgebung und saßen danach noch stundenlang am Kamin. Frank war, ruhelos wie eh und je, auf die Idee gekommen, seine Autobiographie zu schreiben - wenn ihm die Architektur schon verwehrt sei, könne er seine Zeit doch wenigstens sinnvoll nutzen, oder? -, und sie hörte gerne zu, wenn er der Stenographin, die er unter der Auflage absoluter Verschwiegenheit angestellt hatte, das Buch diktierte.
    Alles ging gut, von vereinzelten Schnitzern einmal abgesehen - beide vergaßen sie immer wieder, Svetlana »Mary« zu nennen, wenn andere Leute in der Nähe waren, außerdem war der Cadillac mit seinem Klappverdeck und den Nummernschildern aus Wisconsin fraglos ziemlich auffällig, insbesondere da die Zeitungen regelmäßig Fotos von Frank und ihr abdruckten und herumtrompeteten, welche nicht unbeträchtliche Belohnung für Informationen ausgesetzt war, die zu ihrer Festnahme und strafrechtlichen Verfolgung führen würden -, und in späteren Jahren sollte sie erkennen, dass sie zu keiner anderen Zeit in ihrem Leben dem puren Idyll so nahe gekommen war. Immer in Anbetracht der Umstände. Sie war zufrieden, glücklich und zufrieden, und wie im Frühling in Taliesin begann sie sich allmählich zu entspannen.
    Eines Morgens, als sie in der Küche stand und Tee kochte, während Frank in seinem improvisierten Arbeitszimmer an den Manuskriptseiten saß, die er abends Mrs. Devine, der Stenographin, diktieren würde, während das Baby schlief, Svetlana in dem Kanu spielte (das fest am Steg vertäut war und unter gar keinen Umständen losgemacht werden durfte, ohne dass ein Erwachsener dabei war) und Viola am Herd hantierte, kam ein Mann in seinen Dreißigern mit einem pflanzlich anmutenden gelblichen Haarschopf die Hintertreppe herauf und trat ein, ohne zu klopfen. Bevor sie Gelegenheit hatte, zu protestieren oder auch nur den Mund aufzumachen, streckte er ihr die Hand entgegen, um sich für sein Eindringen zu entschuldigen und sich zugleich vorzustellen. »Ich bin Mrs. Simpsons Sohn«*, sagte er in fragendem Tonfall. »Es tut mir leid, dass ich störe, aber ich bin für einen Tag aus Minneapolis hier - ich bin Anwalt, ich weiß nicht, ob meine Mutter Ihnen das erzählt hat -,und ich wollte nur, äh, also, ich habe meine Angel verlegt, und ich bin für heute nachmittag mit einem Klienten zum Angeln verabredet. Es würde Ihnen doch nichts ausmachen, wenn ... Ich bin mir sicher, dass sie oben auf dem Speicher ist.«
     
    * In seiner unbeschreiblich charmanten und charismatischen Art hatte Wrieto-San die Besitzerin des Häuschens (eine gewisse Mrs. Simpson; ihr Vorname ist uns nicht bekannt) davon überzeugt, dass sie dringend einen dreimonatigen Urlaub brauchte und ihm somit ihr Haus vermieten konnte, komplett möbliert und einschließlich der Haushälterin. Wie er das bezahlte - oder vielmehr, ob er es bezahlte -, bleibt sein Geheimnis.
     
    Er hatte etwas Eifriges, Jungenhaftes - er war groß genug, um den Türrahmen mit dem Kopf zu streifen, aber ohne die Extrapfunde, die so viele Männer im mittleren Alter ansetzen, sein Gesicht nichtssagend wie Rührei, die Augen klar, der Blick fest -, so dass die Bitte unmittelbar plausibel wirkte. Er hatte hier gewohnt, war in diesem Haus aufgewachsen. Sein Angelgerät war auf dem Speicher. Es leuchtete völlig ein.
    »Ach, hallo, Viola«, sagte er zu der Köchin, ehe Olgivanna eine Antwort parat hatte,
    »ich hatte Sie gar nicht gesehen, tut mir leid. Geht es Ihnen gut?«
    »Ja, Jimmy, sehr gut, danke. Und wie geht es Ihrer Mutter?«
    Ein kurzer Blick zu Olgivanna, um zu sehen, wie weit er gehen konnte. »Sie genießt ihre Ferien - dank Ihnen, Mrs. Richardson. Sie ist nach Duluth gefahren, um meine Tante zu besuchen, aber Sie wissen ja, wie Mama ist, Viola. Jetzt ist sie schon wieder

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