Die Frauen
im Muster des Chintzsofas hervorhob. »Taliesin verliert er jetzt, soviel ist sicher«
- sie hielt inne und seufzte, denn in ihr regte sich ein Gefühl, ein aufrichtiges Gefühl, auch wenn sie es nur schwer hätte in Worten fassen können; es hatte mit Frank zu tun, damit, wie er gewesen war, als sie ihn kennengelernt hatte, mit dieser Begeisterung für das Haus und für sie und für sie in dem Haus -, »aber irgendwie bereitet mir das keine sonderliche Befriedigung. Jedenfalls weniger, als ich dachte.« Sie fuhr mit dem Finger über den Rand des Glases und sah zu, wie die Sonne Leoras Gesicht halbierte, als diese sich mit mitleidiger Miene vorbeugte, dann stieß sie ein kurzes verbittertes Lachen aus. »Es ist wohl der Schock, dass von den erwarteten fünfzigtausend Dollar nach Deckung der Schulden genau Null Komma null Dollar übriggeblieben sind - meinst du nicht auch?«
Leora - seltsam, dass ihr das noch nie aufgefallen war - hatte genau solche Schlitzaugen wie ihr chinesischer Diener, aber vielleicht lag das nur am Licht. Und an ihrem Puder. Leora war jetzt in einem Alter, wo ihr im Kampf gegen die Erosion rund um Mund und Augen offenbar die Urteilsfähigkeit abhanden gekommen war: Da waren regelrechte Schluchten, Krater, Deltas. Und dann ihre Nase - sie sah aus wie mit Mehl bestreut. Miriam hatte sich immer dazu beglückwünscht, den Teint ihrer Mutter geerbt zu haben, aber jetzt reckte sie den Hals, um einen Blick auf ihr Spiegelbild in der Vitrine mit den Nippes zu erhaschen - dieser ganze Gefühlsaufruhr hinterließ doch bestimmt langsam Spuren um ihre Augen, womöglich sah sie irgendwann auch so aus wie Leora?
Leora trank nichtsahnend einen Schluck von ihrem Cocktail, nahm die Olive heraus und lutschte gedankenvoll daran. »Du wirst doch wohl nicht weich, oder?«
»Ich? Weich?« Sie wog diese Bezichtigung einen Moment lang ab, merkte, dass Leora sie mit dieser spöttischen Miene beobachtete, die so typisch für sie war, vielleicht ihr typischstes Merkmal, die gewölbten Augenbrauen, der schräg nach unten verzogene Mund. Noch ein Schluck von dem geschüttelten Gin, der so himmlisch duftete und so höllisch kalt war. »Niemals. Glaub mir, Mr. Frank Lloyd Wright - Mr. Schürzenjäger Tunichtgut Wright - wird noch sein blaues Wunder erleben.«»Gut«, sagte Leora.
»Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.«
Doch als die Tage vergingen und Leora Andeutungen zu machen begann - Charles werde zum Abendessen kommen, Charles Schumocker, der Produzent, der Witwer, erst achtundfünfzig Jahre alt und eindeutig der geistreichste Mann, dem sie je begegnet sei, wirklich, Miriam hätte nur hören sollen, was er neulich beim Derby gesagt hatte, Charles dies, Charles das, ad nauseam - und der örtliche Richter, noch so ein Kleingeist, ein Pygmäe, ein Zwerg, die Anklage wegen böswilligen Verlassens abwies, weil die Rechtsverletzung nicht in Kalifornien erfolgt war, merkte Miriam, dass ihr die Kontrolle entglitt, ganz langsam, Millimeter um Millimeter, wie bei diesen Verschiebungen, die Geologen zufolge die Erdbeben verursachten, die etwa einmal pro Woche das Inventar des Gästehauses in eine regelrechte Perkussionsgruppe verwandelten. Tief unter der Erde - Charles versuchte ihnen das eines Abends beim Essen mit Hilfe des Geschirrs zur veranschaulichen - rieben sich die Erdplatten aneinander wie Untertassen, wenn denn Untertassen rauhe statt glatte Ränder hätten.
Genau das passierte mit ihr, unmerkliche Verschiebungen, ständige Reibung, im friedlichsten Sonnenschein wurde alles Glatte aufgerauht und verhakte sich, bis sie es kaum mehr ertrug.
Die Verhandlungen zogen sich über den gesamten Frühling und bis in den Sommer des Jahres 1927 hin, Miss Levin telegrafierte ihr regelmäßig Angebote und Gegenangebote, Norma mahnte per Post und Ferngespräch ihr Geld an, Charles mit seiner hohen Stirn und der (meist tropfenden) Cäsarennase war jetzt mehr oder weniger bei Leora eingezogen, und Leora ließ sich zwitschernd wie ein junges Mädchen darüber aus, wie unglaublich romantisch Zweitehen doch seien. Miriam fühlte sich - nun ja, ausgelaugt. Sie hatte nichts zu tun. Sie brauchte Geld. Bei Leora war kein Platz für sie, jedenfalls nicht unter Charles’ Regentschaft, und ein Hotel konnte sie sich nicht leisten. Obwohl es war, als bohrten sich Nägel durch ihre Handflächen, als schlüge sie sich selbst ans Kreuz, gab sie schließlich auf.
Sie wies Miss Levin telegrafisch an, das letzte Angebot ihres Mannes - 5000 Dollar
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