Die Frauen
Problem war das Geld. Bargeld. Zaster. Die Mittel, um das Lebensnotwendige zu bezahlen und nicht ein Dasein fristen zu müssen wie irgendein halbnackter Bettler im Lendenschurz auf den Straßen von Kalkutta. Das versuchte sie Mr. Fake klarzumachen, denn ihr Mann - und schließlich war er immer noch ihr Mann - kam seinen Verpflichtungen ganz entschieden nicht nach. Er war beleidigend. Schäbig. Kleinlich.
Und er hatte keinen Cent für ihren Unterhalt gezahlt, seit sie ihn wegen Entfremdung ehelicher Zuneigung angezeigt hatte - wovon sie denn bitte leben solle, ob er, Mr.
Fake, ihr das sagen könne? Schließlich sei er doch ihr Anwalt. Und sie bezahle ihn, damit er ihre Interessen vertrete, sie vor den Aasgeiern schütze, die ihr Mann für sich arbeiten lasse. Ob ihm eigentlich klar sei, dass sie bei ihrer Tochter habe einziehen müssen, weil das Southmoor sie mehr oder weniger auf die Straße gesetzt habe? Dass das ein unhaltbarer Zustand sei? Dass sie krank sei, erschöpft, depressiv? Dass ihr Schwiegersohn sie über den Esstisch hinweg ansehe, als ob sie ihm das Brot vom Teller stehlen wolle, und dass das Zimmer, in dem man sie untergebracht habe, ein Lager für ausrangierte Möbel und ein kaputtes Fahrrad sei, wo es rieche, als liege in irgendeinem versteckten Hohlraum ein verendetes Wesen?
Und was war Mr. Fakes Antwort? Sie solle einen Vergleich schließen. Einen Vergleich schließen und die Sache beenden, solange es noch gehe, denn die öffentliche Meinung habe sich gegen sie gekehrt, und die Freunde ihres Mannes* ließen ihre Beziehungen spielen, um sämtliche Klagen gegen ihn aufheben und das laufende Gerichtsverfahren einstellen zu lassen.
* Zu nennen wäre hier insbesondere Carl Sandburg. Ausschlaggebend für die Sympathien der Öffentlichkeit war allerdings wohl die Tatsache, dass Franks erste Frau ihn so unermüdlich verteidigte - erstaunlicherweise erklärte Kitty der Presse, dass sie bereit sei, nach Minneapolis zu kommen, um ihm in seiner Not zur Seite zu stehen. Ich bin ihr nie begegnet und kann weder ihre Motive noch ihren Geisteszustand zu diesem Zeitpunkt einschätzen, aber man staunt doch über Wrieto-Sans magnetische Anziehungskraft und seine dauerhafte Wirkung auf eine Frau, die er im Stich gelassen hatte. Zweimal.
»Was soll denn das heißen, >öffentliche Meinung«?« fauchte sie. Sie saß an einem feuchten, panzergrauen Tag Anfang Dezember vor seinem Schreibtisch und fühlte sich elend, nicht nur wegen ihrer quälenden Lage oder weil er sie eine gute halbe Stunde im Vorzimmer hatte warten lassen, sondern auch auf einer tieferen Ebene, einer Ebene der körperlichen Erschöpfung, der Unpässlichkeit. Es war die Grippe. Ihr Herz. Ihre Leber. Es ging ihr nicht gut, es ging ihr gar nicht gut.
»Sie haben doch die Zeitungen gesehen«, sagte er mit dieser leisen, verschwörerischen Stimme. Er hatte das Kinn auf seine verschränkten Finger gestützt und schaute sie mit einem Blick an, der wohl salomonisch sein sollte. An der Wand hinter ihm hing ein gerahmtes Ölgemälde - eine bukolische Szene an einem See, nicht nur eine absolute Geschmacksverirrung, sondern auch noch schlechtes Handwerk.
Bestimmt hatte seine Frau es gemalt - anders konnte Miriam es sich nicht erklären, denn niemand, der bei Verstand war, würde freiwillig etwas kaufen, das alle Sinne beleidigte. Oder vielleicht war es von seiner halbwüchsigen Tochter. Hatte er überhaupt Kinder? Ihr wurde klar, dass sie überhaupt nichts von ihm wusste - ob er verheiratet, geschieden oder verwitwet war, Junggeselle oder Mönch -, aber es spielte auch keine Rolle. Von ihr aus hätte er Joseph Smith sein und ein halbes Hundert Ehefrauen haben können, solange er Frank nur die Daumenschrauben anlegte.
»Mrs. Wright? Miriam? Hören Sie mir überhaupt zu?«
Aber sicher, natürlich hörte sie ihm zu. Sie machte eine kleine Handbewegung.
Öffentliche Meinung. Diese Dummköpfe, diese Idioten. Irgendeine kleine Abenteurerin, eine Ehebrecherin, eine Gattendiebin ihr vorzuziehen! Sie hatte die Schlagzeilen noch vor Augen: WRIGHTS OLGA ENTHÜLLT LEBENSGESCHICHTE. Falsches Bild in der Öffentlichkeit, bittet um Wohlwollen gegenüber Baby, und dann, weiter unten auf der Seite: Keine Tänzerin, arbeitet hart, Leben ohne Luxus. Oh, es wurde gewaltig auf die Tränendrüsen gedrückt, da war alles dabei - wie die kleine Russin in Taliesin gekocht, gescheuert und Holz gehackt habe, bis ihr fast die Finger abgefallen seien, dass sie sich erst mit
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