Die Frauen
Karos auf seinem Gewand, der Shunshö - wie hieß er noch? Ichikawa. Der Schauspieler Ichikawa Irgendwas. Genau. Den würde sie überall wiedererkennen. Und da war einer von Franks Wandschirmen, an der Wand hinter dem Sofa. Und dieser Tisch - dieser Tisch gehörte ihm gar nicht. Den hatte sie selbst in einem Laden gekauft, in ihrem rudimentären Japanisch hatte sie mit dem Ladenbesitzer gefeilscht wie ein Fischweib - Teburu, teburu, hatte sie immer wieder gesagt, Kore-wa ikura desu-ka?, und er hatte so getan, als verstünde er sie nicht -, aber jetzt hatte Frank den Tisch, jetzt hatte sie ihn.
Die Hintertür war offen. Und wo war Frank, der Kriminelle, der Lüstling? Ausgegangen natürlich, bestimmt aß er irgendwo Hummer mit seiner Hure, erzählte Witze, stellte Ansprüche. Sie kochte vor Wut bei dem Gedanken. Sie ging durch das Haus, durch ein Zimmer nach dem anderen, und alles war ihr fremd und vertraut zugleich. Die Unterröcke der kleinen Russin, ihre Parfüms. Kinderspielzeug. Der Nippes, mit dem Frank sich gerne umgab, als wäre er die Dame des Hauses. Aber das alles war zuviel für sie, und im nächsten Moment stand sie vor dem Küchenschrank - eine Tasse Tee, das wäre jetzt das richtige -, was konnte sie schon dafür, dass all die Gläser und Flaschen im Weg standen und auf die leichteste Berührung in einer Geräusch-, Material- und Farbexplosion auf dem Boden zerbarsten. Sie konnte nicht anders. Konnte nicht anders. Ja, dieser schlichte Akt, dieses elementare Scheppern hatte etwas so Befriedigendes, dass sie auch noch über das nächste Regalbrett fuhr und dann über das nächste, bis sich alles auf den Boden ergossen hatte, Mehl, Zucker, Ketchup, Haferflocken und Essig, all die primitiven Nahrungsmittel, mit denen Frank, dieser Bauerntölpel, sich gern den Bauch vollschlug. Ihre Hände zitterten, als sie den Kessel aufsetzte, zitterten, als sie den Tee aufbrühte, sich an den Tisch setzte, die Tasse an die Lippen führte.
Ursprünglich hatte sie bloß ihr Eigentum wieder an sich nehmen wollen - ihren Tisch, diesen Fächer da, den emaillierten Kasten -, aber nun, da sie hier im Haus war, mit einer Tasse Tee in der Hand in seiner Küche saß, überkam sie wieder dieses alte Gefühl, und das Pendel schlug in Richtung Hass und Gewalttätigkeit aus. Die Teetasse flog gegen die Wand. Und ehe sie sich’s versah, war Miriam aufgesprungen und wütete in der Küche, als wäre jeder einzelne Gegenstand, auf den sie einschlug - jeder Teller, jede Untertasse, jedes Essig- oder Ölfläschchen - Franks Gesicht, das Gesicht seiner Geliebten, das Gesicht ihres kleinen Bastards mit seinen Rattenschwänzen und dem spitzen Gesicht. Sie hielt inne, kaum außer Atem geraten, den Scherbenhaufen zu ihren Füßen. Dann ging sie ins Wohnzimmer.
Zuerst griff sie nach dem Tisch - einem mit Intarsien versehenen Beistelltisch aus Rosenholz -, und das Geräusch, als sie damit den Wandschirm von der Wand fegte, glich der Ouvertüre einer Symphonie. Stoff riss. Holz barst. Putz sprang ab. Glas klang und klirrte auf den höchsten Stufen der Tonleiter. Sie entdeckte eine Axt, die neben dem Kamin lehnte, und ließ sie auf den Esstisch niedersausen, auf das Bücherregal, die Stühle, die Diwane, den Schreibtisch, Franks Schreibtisch. Ein Rauschen, als eine Keramikvase durch die Luft flog, das Kreischen splitternden Holzes, der tiefe Bass des umstürzenden Feuerbocks. Wer hatte wohl die Polizei benachrichtigt - ein Nachbar? Der Taxifahrer? Der Schutzengel der Schürzenjäger? Der Hurenböcke?
Oh, und sie wehrte sich gegen diese Affen in Uniform mit ihren abweisenden Gesichtern und ihrem vernichtenden Blick, teilte aus, so gut sie konnte, und wenn sie bald Blut - und Fleisch, auch Fleisch - unter den Fingernägeln hatte, tja - da hatten sie eben Pech. Sie hatte gerade mit der Axt am Fenster gestanden, als der erste von ihnen durch die Hintertür hereinkam, ein Junge, ein schwächliches, schmalbrüstiges Jüngelchen in einer Uniform, die ihm zwei Nummern zu groß war. »Ma’am«, sagte er, »Ma’am«, als wäre das ihr Name. »Bitte beruhigen Sie sich doch, Ma’am.«
In ihrem Zorn wirbelte sie zu ihm herum - konnte man es ihr verdenken? Es war sein Glück, dass er sich wegduckte, als sie die Axt nach ihm schleuderte, denn die Axt war nur eine Verlängerung ihres Körpers, ihres Willens, und hätte sie tausend Äxte gehabt, so wäre dies erst der Anfang gewesen. »Sie haben kein Recht, mich anzupöbeln!« herrschte sie ihn an. »Das
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