Die freien Amazonen - 3
Blicke auf sich, senkte den Kopf und stellte fest, von wo sie kamen. Im Schatten der Gebäude saßen Bettler in schmutziger Kleidung und starrten die Frauen mit unverhüllter Gier an. Marissa erschauerte, so widerlich fand sie das. Sie hatte eine Gänsehaut, als krabbelten Insekten über ihren Körper. Heiße Scham durchflutete sie. Schnell durchforschte sie die Gesichter der Frauen in ihrer Nähe und fragte sich, wie sie eine solche Demütigung ertragen konnten.
»Komm!« Teris Befehl riss sie aus ihren Gedanken. Sie folgte ihr gehorsam und versuchte, den schweren, wassergefüllten Krug zu balancieren. Nachdem Teresa durch mehrere enge Gassen gegangen war, blieb sie stehen und setzte ihre Bürde ab. Dankbar tat Marissa es ihr nach; ihr Arm war gefühllos und ihre Hüfte wund von dem Gewicht.
»Was nun? Gehen wir wieder?«
Teri schüttelte den Kopf. »Du hast noch gar nichts gesehen! Gestern ist eine Karawane eingetroffen, deshalb wird eine Menge Volk auf dem Markt sein. Dort können wir uns unter die Favoritinnen des Herrn mischen.«
»Können wir nicht gleich gehen?«, drängte Marissa. Sie hasste diese Maskerade.
»Was ist denn? Sagt dir die Rolle einer Trockenstadt-Konkubine nicht zu?«, fragte Teri sarkastisch. »Du musst mehr sehen.«
Der Marktplatz war ein freier Raum zwischen den Häuserreihen, wo Wanderhändler ihre Stände und Zelte aufgebaut hatten. Hier priesen knopfäugige Kaufleute mit lautem Geschrei ihre Spezialitäten an, und da saßen andere gleichgültig zwischen ihren Waren und täuschten mit schläfrigen Gesichtern darüber hinweg, dass sie listig zu feilschen verstanden. Die Schwestern schlenderten an den Ständen entlang, und Marissa sah sich dabei die anderen Besucherinnen des Marktes an. Sie waren gut gekleidet, ihre Körper waren gepudert und parfümiert, und sie lachten aufgeregt über das Angebot wie alle anderen Frauen.
»Gib gut Acht. Das ist das Beste, was eine Trockenstädterin erwarten kann.«
Marissa setzte ihre Beobachtungen fort. Das war das Beste? Die Frauen glitten mit klingelnden Ketten vorbei; sie wirkten glücklich, aber sie erinnerten Marissa an das Schoßtier eines reichen Mannes, parfümiert und gekämmt, sicher an seiner Leine, um nach der Laune des Herrn gehätschelt oder getötet zu werden.
»Tarisa …« Der mit fremdartigem Akzent ausgesprochene Name erklang so dicht neben ihnen, dass Marissa erschrak und den Kopf herumriss. Sie sah ein Mädchen mit bronzener Haut, schimmerndem schwarzem Haar und großen blauen Augen.
Offensichtlich kannte Teri sie. Ihre Hand schloss sich fest um den Unterarm des Mädchens. »Komm mit uns, Elys.«
Ihrer Schwester erklärte Teri: »Elys ist aus dem Dorf, in dem ich gelebt habe. Sie wurde mit mir gefangen genommen.«
»Tarisa … ich hatte gehört, du seist entflohen … Es tut mir sehr Leid, dass das nicht stimmt.«
Teresa warf schnelle Blicke nach allen Seiten, aber niemand war in Hörweite. »Ich bin tatsächlich entflohen, Elys.«
Die blauen Augen weiteten sich entsetzt. »Bist du wieder eingefangen worden?«
»Nein. Ich bin immer noch frei. Ich bin heute aus freiem Willen vor Sonnenaufgang zurückgekommen, und ich werde beim Dunkelwerden wieder gehen.«
»Gehen? Wie? Und warum bist du zurückgekehrt?«
Teri fürchtete, die heftigen Fragen des Mädchens würden unerwünschte Aufmerksamkeit auf sie lenken. Sie musste sie beruhigen. »Ich möchte anderen zur Flucht verhelfen. Wie ist es dir ergangen, Elys?«
Das Mädchen sah in den Schmutz, scharrte mit einem Fuß, nagte aufgeregt an der Unterlippe. »Ich bin an das Haus Kantols verkauft worden.«
Marissa hörte ihre Zwillingsschwester scharf Atem holen und bemerkte das Mitleid in ihrem Gesicht. In einer stummen Frage hob sie die Augenbrauen.
Teri erklärte leise: »Ulric ist ein Prinz im Vergleich mit Kantol. Von Kantol sagt man, er habe das Herz eines Banshees.«
»Hat er dich schlimm verletzt?«
Elys schämte sich. Sie sprach mit erstickter Stimme. »Ich habe mich mit meinem Schicksal abgefunden … Ich habe gelernt, mich willig zu zeigen, und so lässt man mir ein paar kleine Freiheiten. Es ist besser, als geschlagen zu werden.«
Teri berührte sanft die Schulter des Mädchens. Ihre Stimme war voller Mitgefühl. »Ich verstehe deinen Entschluss. Auch ich habe …
mich willig gezeigt … , um ein bisschen Freiheit zu erhalten.«
»Aber du hast dein bisschen Freiheit benutzt, um ganz frei zu werden«, sagte Elys bewundernd. Ein Fünkchen Hoffnung glomm in
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