Die freien Amazonen - 3
überwältigten Gesichtsausdruck Shayas und beeilte sich, ihr zu versichern: »Wirklich, es ist nur ein bisschen. Gerade genug laran, dass ich mit Tieren arbeiten kann, sonst nichts. Wirklich.
Bitte, verabscheue mich deswegen nicht.«
Shayas Lachen klang wie das Läuten von winzigen Glöckchen. »Als ob ich das könnte! Ich finde es wundervoll, ganz gleich, was die Leute in der Stadt über die Hali’imyn munkeln. Aber lass dich das nicht kränken. Mich halten die Menschen für seltsam, nur weil ich Tiere malen kann, als seien sie lebendig. Du kannst sogar heute Nacht mit in meinem Zimmer schlafen, wenn du willst.« Shaya, mit vierzehn Geschwistern aufgewachsen, war bei dem Gedanken an ein eigenes Zimmer in Ekstase geraten, aber sie verzichtete gern auf das Privileg, um es der Neuen gemütlich zu machen.
»Vielleicht ist es besser, wenn ich es nicht tue«, erwiderte Kadi.
»Mein Kind kann jetzt jederzeit kommen.« Damit erwähnte sie ihre Schwangerschaft zum ersten Mal. Froh, dass das Thema angeschnitten worden war, fasste Esarilda nach ihrer Hand und strahlte über das ganze runde Gesicht.
»Wann ist denn der kleine Liebling fällig?« Ich verzog ein wenig das Gesicht bei ihrem albernen Ton. Esarilda hatte selbst eine Reihe von Kindern geboren, obwohl ich von keinem wusste, das am Leben geblieben war. Man hätte meinen sollen, dass Babys für sie keine Neuheit mehr seien. Ich, die ich die größte Zeit meines Lebens im Gildenhaus gewesen war, hatte jede Zahl von Babys kommen und gehen sehen. Waren es Mädchen, erlaubte man ihnen, zu bleiben und als eine von uns aufzuwachsen. Waren es jedoch Jungen, mussten sie im Alter von fünf weggegeben werden. Das Suchen nach Pflegestellen für sie und das Miterleben von qualvollen Abschiedsszenen zwischen Müttern und Söhnen hatten mich in meinem Entschluss bestärkt, niemals Kinder zu haben. Das war auch höchst unwahrscheinlich, da ich gar nicht die Absicht hatte, mir einen Liebhaber zu nehmen. Ich brach meine Überlegungen ab, als ich Kadis Antwort hörte.
»Jederzeit, wenn ich richtig gerechnet habe. Ich habe zu Avarra gebetet, dass ich es noch hierher schaffe. Empfangen habe ich im letzten Frühling. Da standen vier Monde am Himmel, und ihr wisst, es heißt, was man unter den vier Monden tut, daran braucht man sich nicht zu erinnern, und das braucht man nicht zu bereuen. Nun, ich bereue diese Nacht nicht.« Sie seufzte tief und schloss die Augen, und ihr Gesicht nahm den Ausdruck verträumter Zufriedenheit an. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie unsere bestürzten Gesichter und errötete. Verlegen klopfte sie sich auf den Bauch. »Und das ist etwas, an das man sich erinnern muss.«
»Wer ist der Vater des Kindes?«, erkundigte sich Esarilda und reichte Kadi Brot und Käse. Ich schüttelte bestürzt den Kopf. Nie hätte ich mich getraut, eine so persönliche Frage zu stellen, und wenn doch, wäre meine Gesprächspartnerin bestimmt beleidigt gewesen. Es musste Esarildas echte Teilnahme sein, die die Menschen dazu brachte, ihre direkte Art zu akzeptieren.
»Er war Techniker in Neskaya, einer, der freundlich zu mir war, als ich hinkam. Er ist tot, in der gleichen Schlacht gefallen, in der mein armer Vogel verwundet wurde. So viele sind jetzt tot, auch mein Onkel und der Cousin, den ich heiraten sollte. Mein Onkel gab den Plan auf, weil ich behauptete, mein Kind sei von vielen Vätern gezeugt. Er ahnte nicht, dass der Vater der Sohn eines Ridenow-Lords war, sonst hätte er mich nicht hinausgeworfen, sondern sofort Pläne geschmiedet, wie er durch mein Kind mehr Macht erlangen könne.
Nun, das liegt hinter mir. Es war eine lange Reise bis hierher. Ich war nach Thendara unterwegs, doch dann traf ich Schwertfrauen, die an der Schlacht teilgenommen hatten, und sie rieten mir, dieses Haus aufzusuchen. Das habe ich dann auch getan.« Sie beugte sich vor, legte ihre Beine auf eine Bank und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.
Ihre lächelnde Zufriedenheit wärmte ebenso wie das Feuer im Herd.
»Wie gut es tut, nach Hause zu kommen! Ich wollte der Schwesternschaft beitreten, seit ich während meines Aufenthalts im Neskaya-Turm das erste Mal von ihr hörte. Ein Leben ohne einen Mann, der einen herumkommandiert, der sagt ›tu dies‹ oder ›tu das‹
und Entscheidungen für mich trifft, als sei ich ein schwachsinniges Kind! Wie schön wird das sein.«
Ich wechselte einen Blick mit Esarilda. Hatten wir eine Rebellin aufgenommen? Es gibt zahlreiche Regeln für das
Weitere Kostenlose Bücher