Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
erfrieren
müssen. Überall liegen und stehen Wein- und Bierflaschen herum und auch eine
Menge Glasscherben, die er aufsammelt, damit sich die zwei Katzen nicht
verletzen. Er prüft, ob alle Fenster verschlossen sind und keine Scheibe kaputt
ist. Tatsächlich muss er auch noch zwei angeschlagene Fensterscheiben
notdürftig mit einem Stück Karton abdichten. Dann versperrt er endlich die Tür
von außen mit dem Draht und beeilt sich nun, wieder nach unten zu kommen.
Länger hätte er den traurigen Anblick der beiden irritierten Katzen wahrscheinlich
auch nicht mehr ertragen.
Der Abstieg ist nicht weniger
mühsam wie der Aufstieg, weil es nun noch stärker regnet. Boris spürt, wie sich
der Stress auf seinen Magen legt. Er ist in den letzten Jahren immer sensibler
geworden. Als Psychonaut hatte er anfangs gehofft, nur die positiven
Seiten, sozusagen die therapeutischen Effekte, seiner Reisen zu integrieren.
Doch scheint er nicht immer alles, was er erfährt und woran er auch wächst,
ohne Nebenwirkungen in sein Leben einbauen zu können. Besonders die Arbeit mit
Drogen wie Salvia d. macht hypersensitiv. Es ist, als fehle ihm die seelische
Hornhaut, die man für ein normales Leben auf dieser Welt eben braucht. Das Schicksal
der beiden Katzen etwa, oder die ungewisse Situation der Miriam, all dies
drückt auf ihn, und er spürt deutlich, wie ihn die Übelkeit quält, die er schon
seit einer Weile kennt. Wenn er Glück hat, kann er sich bald übergeben, dann
hat er wieder für eine Weile Ruhe. Leider aber hilft diesmal auch kein
Finger-in-den-Hals-Stecken. Die Übelkeit und das drückende Gefühl bleiben - und
eine böse Ahnung!
Endlich hat er seine Almhütte
wieder erreicht. Doch als er die Tür zur Hütte aufsperren will, merkt er, dass
sie bereits offensteht. Sofort ist ihm klar, dass er nicht mehr alleine ist.
Und als er sich umdrehen will, steht auch schon einer der Polizisten hinter
ihm.
„Bleiben Sie stehen und machen
Sie keine weitere Bewegung. Sie sind vorerst verhaftet!“
Vor ihm taucht aus dem Dunkel
der Hütte der Karner Alois auf, der Dorfpolizist! Wie ein Jongleur wirft er ein
faustgroßes, rundes Plastiksäckchen mal in die linke, dann wieder in die rechte
Hand.
Das Cannabis!
Boris hat immer eine größere
Menge Cannabis auf Vorrat im Haus, weil es so billiger kommt. Gut versteckt
natürlich, aber nur für seinen eigenen Gebrauch. Die Menge ist jedoch groß
genug, dass man ihm nicht nur unerlaubten Besitz, sondern auch Handel mit
Rauschdrogen vorwerfen könnte.
„Ist das eigentlich guter Stoff?“,
fragt der Karner Alois mit einer völlig undeutbaren Mine.
Der andere Polizist legt ihm von
hinten die Handschellen an.
„Sie sind verhaftet wegen
Verstoß gegen den Paragraphen 28 des Suchtmittelgesetzes!“, sagt der Karner
dann. „In diesem Säckchen ist gut ein halbes Kilo Cannabis. Was verdient man
eigentlich daran, wenn man es am Schulhof an die Kinder verkauft? Ich schätze,
abzüglich der Eigenauslagen, etwa zweitausend Euro. Oder mehr?“
Boris schüttelt nur den Kopf.
„Damit kann sich ein
arbeitsloser Junkie schon sein Leben in einer Almhütte wie dieser finanzieren.
Oder? Ich schlage dir eine Alternative zu deiner Verhaftung vor, und du
solltest dir gut überlegen, was du antwortest: Wo ist die Frau mit dem
Zigeunerwagen?“
„Ich sage gar nichts“, antwortet
Boris.
Der Karner Alois wirft das
Säckchen mit dem Cannabis in die Höhe und fängt es wieder.
„Dann werden wir überprüfen, ob
du nicht doch Schulkinder dazu verführt hast, Cannabis zu konsumieren. Und wer
weiß, vielleicht finden wir ja auch zufällig noch ein Säckchen mit Cocain. Das
kann dich für ein paar Jahre ins Gefängnis bringen. Ist dir diese Hexe so viel
wert?“
Boris wird schwindelig. Vor
seinen Augen verschwimmt alles und er hat Mühe, weiter dem zu folgen, was der
Karner Alois ihm da vorhält und androht. Tatsächlich steckt er in einer miesen
Lage, aus der er sich unter Umständen nicht mehr ganz befreien können wird. Und
er kann sich bereits vorstellen, dass sie ihm auch noch Cocain unterschieben,
das er selbst gar nicht besitzt. Doch kann er auch nicht einfach verraten,
welchen Weg Miriam und der Pfarrer eingeschlagen haben. Diesen Verrat könnte er
sich sein ganzes Leben lang nie mehr verzeihen. Außerdem befürchtet Boris, dass
der Karner Alois ihn ohnehin nicht mehr frei lässt, denn er ist ein xenophober
Provinzler und hasst Typen wie Boris. Er wird alles daran setzen, in seinem
Heimatort
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