Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
plötzlich
ganz ruhig. „Wir müssen weiter.“
Sie versuchen, die Hängebrücke
ganz auf der Seite zu passieren, so dass sie auf keines der morschen, großteils
bereits eingebrochenen Bretter in der Mitte steigen müssen. Und irgendwie
gelingt es ihnen, die Brücke zu passieren.
Auf einmal will Teufl wieder
zurück.
„Bist du verrückt“, schreit die
Hagazussa. „Was machst du?“
Doch Teufl nimmt sein Messer
aus dem Rucksack und zerschneidet damit die Seile der Hängebrücke, bis die
ganze Brücke nach unten sackt und für ihre Verfolger wertlos geworden ist. Dann
nimmt er noch einen Stein und kratzt damit etwas auf die Felswand neben der
Brücke.
„Schnell“, schreit sie. „Beeil
dich!“
Nun folgen mehrere Schüsse
hintereinander.
Teufl schafft es gerade noch, hinter
dem nächsten Felsen in Deckung zu gehen. Vorsichtig laufen sie nun von einer
Deckung zur nächsten und schaffen es so, aus der Sichtweite des Schützen zu
kommen.
Da können sie nicht mehr
drüber, das ist ganz sicher, triumphiert Teufl. Doch Miriam weint bittere
Tränen. Er weiß, dass sie Lila gelten. Lila, der Treuen!
22
Man hat dem Gravogl einen Hund
gebracht. Ein Forstarbeiter hat ihn schwer verletzt neben einem Bach am Rande
der Dirnitzklamm gefunden. Das Tier wurde angeschossen, allerdings nur am Hinterbein.
Ein Streifschuss. Das wäre nicht so schlimm. Doch hat die Hündin auch innere
Verletzungen und mehrere Knochenbrüche. Es besteht kaum Hoffnung. Er will das
Tier bereits mit einer Euthanasie-Injektion von seinem Leiden erlösen, als er aufschreckt.
„Das ist doch ... Na klar, das
ist die Schäferhündin der Hagazussa! Um Gottes Willen. Wo ist nur dein
Frauchen?“
Dann unternimmt er eine
Notoperation. Schließlich steht fest: mit etwas Glück wird Lila es schaffen!
Vor der Operation hat der Gravogl
Lilas Halsband abgenommen. In einem kleinen Anhänger findet er jetzt ein
Zettelchen mit einer Handynummer. Er geht zum Telefon, nachdem er Lila in einen
der Krankenkäfige gelegt hat. Doch leider ist das Telefon am anderen Ende nicht
aktiv. Das hat er indessen schon vermutet.
Der Streifschuss dürfte
übrigens von einem Jagdgewehr stammen - und allmählich reimt sich der Gravogl
etwas zusammen, das ihn erschaudern lässt: Sollte es wirklich so sein, dass sie
die Hagazussa jagen? Es ist ja offensichtlich, dass Miriam nach dem
Brandanschlag flüchtete. Wohin auch immer, mit Sicherheit wird sie nicht den
Weg durchs Dorf genommen haben. Sie kann nur über einen weiten Umweg über die
Berge geflohen sein. Aber das sind ja unmenschliche Strapazen! Nur mit viel
Klettererfahrung kann man das unbeschadet schaffen. Und könnte es sein, dass
der Karner Alois und ein paar andere deswegen nicht beim Begräbnis waren, weil
sie diese Hatz auf die Hagazussa veranstalten?
Nein, wahrscheinlich geht nur
die Fantasie mit ihm durch! Doch so gern er diesen Gedanken auch wieder
vertreiben will, so hartnäckig hält er sich in seinem Gedächtnis fest. Bis er
endlich zur Überzeugung gelangt, dass er etwas unternehmen muss ...
23
Mit seinem Pajero fährt der
Gravogl bis zur Stegmüller-Hütte. Ab dort muss er zu Fuß weiter zur
Dirnitz-Klamm. Zum Glück hat es endlich zu regnen aufgehört. Strahlender
Sonnenschein erhellt den Wald, der nach dem Regen frisch und angenehm duftet.
Gravogl hat Anna gebeten, nach Lila zu sehen, wenn sie aus der Narkose erwacht.
Er hat sein Jagdgewehr, den Pickel und ein Seil mitgenommen, obwohl er im
Moment noch nicht weiß, ob er etwas davon brauchen wird.
Der Weg hinauf ist mühsam. Die
ansteigende Hitze des Tages lässt ihn außer Atem kommen. Aber er ist das
gewohnt. Von Kindheit an war er immer schon in den Bergen unterwegs. Trotz
seiner über fünfzig Jahre verfügt er über genug Kondition, um auf alle Gipfel
in ihrer Umgebung zu gelangen.
Da hört er Schüsse!
Ziemlich weit weg, doch er
fragt sich, was denn hier geschossen werden könnte. Nach den aktuellen
Schonzeiten gäbe es hier oben zur Zeit kaum etwas Jagdbares. Und je höher man
steigt, um so weniger. Weiter oben jedenfalls, und von dort her kamen die
Schüsse, gibt es seines Wissens nur mehr Mufflons und Steinwild. Steinwild ist
ganzjährig geschützt und Muffelwild darf man erst ab Juni schießen. Also sind
das entweder Wilderer, oder es macht hier jemand unerlaubte Schießübungen.
Oder seine Vermutung stimmt und
sie jagen tatsächlich die Hagazussa!
Gravogl versucht, mit seinem
Feldstecher etwas zu erkennen, doch vergeblich. Von
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