Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
Otto
an. „Wir kommen doch dann alle ins Gefängnis, wegen Freiheitsberaubung,
Körperverletzung, Nötigung und was weiß ich was.“
„Ja Otto, aber wir können sie
nicht umbringen! Was heißt das eigentlich: "den Prozess machen". Sind
wir denn im Mittelalter? Wir wollten ihr doch nur einen Schrecken einjagen,
damit sie wieder abzieht mit ihrem komischen Zigeunerwagen. So war es doch gemeint.
Und der Karner hat uns auch garantiert, dass niemand im Wohnwagen war, als er
ihn angezündet hat. So ein Blödsinn eigentlich. Die wäre beinahe verbrannt da
drinnen! Aber was für einen Prozess will er ihr jetzt machen? Und was ist mit
dem Gravogl Horst? Otto, sag schon. Was geschieht mit dem Horst?“
„Der hat ihr ja geholfen!“,
schreit Otto. „Er fährt sich nervös mit den Fingern durchs Haar. Ist er doch
selber schuld, wenn er jetzt draufzahlt!“
„Gar nichts wird er
draufzahlen!“ Der Fritz hat die Flinte hochgehoben und drückt jetzt dem Otto
den Lauf in die Rippen. „Hörst du Otto? Die Sache ist vorbei, wir gehn jetzt
nach Hause!“
Der Otto drückt den Gewehrlauf
rasch zur Seite und rammt dem Fritz das Knie in den Unterleib. Der stürzt sich
auf seinen Freund, drückt ihn zu Boden. Ein Stein in Ottos Hand: Schon schlägt
er ihn auf den Kopf des Andern. Sofort rinnt dem Fritz das Blut übers Gesicht.
Er sieht aus wie eine geschlachtete Sau. Auch der Otto ist völlig
blutverschmiert, dann nimmt er die Flinte und schießt dem Fritz mit einer
Schrotladung das Gesicht aus dem Kopf. Acht oder neun Sekunden lang kommt da
noch so etwas wie ein schmerzvoller Schrei aus dem Schädeltorso, dann bricht
der Fritz leblos zusammen.
Der Otto indes ist ganz konfus
und außer sich. Er kann den Fritz gar nicht anschauen. Der hat keine Ähnlichkeit
mehr mit einem Menschen. Wie ein Klumpen Hackfleisch sieht er aus.
Blutverschmiert und dreckig und mit zerrissenem Hemd rennt Otto zur Tür hinein
und brüllt Miriam und Gravogl an:
„Da schaut´s!“, so geht´s euch
auch gleich, wenn ihr versucht zu flüchten. Schaut nur. Schaut!
Vollkommen aufgelöst läuft der
Otto in dem kleinen Raum immer wieder rund um den Tisch.
„So geht es euch! Keiner darf
was sagen! Keiner hat was gesehen!“
Er keucht, geht nach draußen,
übergibt sich, dann weint er und flucht und schreit. Zwischendurch versucht er,
den toten Fritz an einem Arm ein Stück abseits der Sennerhütte zu zerren. Aber
er hat einfach keine Kraft mehr. Sein Herz rast wie wild und er spürt, wie es
immer öfter stolpert, so als bliebe es immer ein paar Sekunden stehen, um dann
wieder ein paar schnelle Schläge zu machen. Das war ihm jetzt doch alles viel zu
viel, dem Rieger Otto. Wie soll das hier wirklich alles weitergehen? Was
geschieht mit ihm, wenn sie draufkommen, was mit dem Fritz passiert ist. Fritz
ist sein Schwager, er ist mit einer seiner Schwestern verheiratet!
Er spürt, wie ihm übel wird und
schwindelig. Und er spürt, wie sein linker Arm immer mehr zu schmerzen beginnt.
Dann ein ganz elender, alles lähmender Schmerz hinter dem Brustbein. Ihm wird
schwarz vor den Augen und...
Miriam und Gravogl kauern
indessen wie versteinert in ihren Ecken in der Sennerhütte. Allmählich jedoch
dämmert es Miriam, dass auch der Rieger Otto jetzt sein Ende gefunden hat. Es
ist ganz still draußen. Wotan ist vom Küchenschrank hervorgekrochen und reibt
sich an Miriams Knie.
„Der gute, alte Wotan!“
Auch Gravogl löst sich
allmählich aus seiner Schutzhaltung.
„Wie werden wir jetzt diese
Fesseln los?“, knurrt er.
Dann versucht er aufzustehen,
was ihm erst nach mehreren Versuchen gelingt. Die metallenen Fußfesseln lassen
nur kleinste Schritte zu. So braucht er zwei Minuten, bis er zum Küchenschrank
gelangt, in der Hoffnung, dort irgendwelches Werkzeug zu finden. Aber leider.
Alle Laden und Schranktüren, die er mit mühsamen Verrenkungen öffnet, sind
vollkommen leer!
„Warte mal“, sagt Miriam ruhig.
Dann beugt sie sich nach hinten
und drückt zugleich die gefesselten Hände nach unten. Nun zieht sie ihre Beine
zwischen den beiden Armen hindurch und hat so die Hände vorne. Gravogl sieht
ihr fassungslos zu. Nie im Leben wäre er so gelenkig, das zu tun!
„Und jetzt“, sagt sie, „müssen
wir nur mehr den Mut haben rauszugehen. Einer von den Beiden müsste ja die
Schlüssel haben.“
Sie humpelt mit der engen
Beinfessel sehr umständlich zur Hüttentür. Vor der Hütte eine lange Blutspur
und überall Blutspritzer. Hier sieht es aus, als hätte
Weitere Kostenlose Bücher