Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
„Leckt´s ihr mich alle mal am Arsch“ in sich hinein
murmelte. Die Hochzeitskapelle spielte auf und dann schnitten die Konstanze und
der Johann gemeinsam die riesige Torte an, und alles war wieder vergessen.
Alois schüttelt lächelnd den
Kopf, als er gerade über einen kleinen Bach steigt und weiter die Almwiesen
hinauf zur Sennerhütte stapft.
Der Johann war unser aller
Vorbild! denkt er. Nur die Eltern machten dem Alois manchmal das Leben nicht so
leicht. Besonders der Vater, Gott hab ihn selig, hielt ihm öfter die
Tüchtigkeit des Johann vor. Schau dir den Johann an, wie der das macht. Mach es
wie der Johann. Lass es dir vom Johann zeigen.
Aber der Alois war nicht so wie
der Johann. Traktoren und Kühe interessierten ihn nicht. Die ganze Viecherei
war ihm egal. Irgendwie weiß er heute gar nicht mehr, wofür er sich damals
interessierte. Meistens lag er nach der Schule, und später nach der Arbeit, am
Heuboden und las irgendwelche Groschenhefte. Kriminalromane,
Detektivgeschichten, Gespensterkrimis. Er muss lachen. Daher hat er sein Wissen
über Hexen. Aber natürlich glaubte er nicht wirklich an so einen Blödsinn.
Johann hat einmal einen ganzen Packen von diesen Heften am Heuboden gefunden.
Und auch ein paar von diesen Pornoheften, die Alois dann als Schlosserlehrling
hie und da von seinem Gesellen bekommen hat. Dabei reizte Alois besonders eine
Bildergeschichte: In einem südamerikanischen Militärgefängnis sind nur Frauen
inhaftiert. Politische Gefangene, Spioninnen und so weiter. Die Polizeibeamten
müssen durch besondere Methoden bei den Frauen Geständnisse erzwingen. Sie
spannen sie halb entkleidet auf Streckbänke und Flaschenzüge und vergewaltigen
sie auf das Brutalste. Darüber hat er manchmal so heftig onaniert, dass sein
Penis blutete. Nachts vor dem Einschlafen malte er sich öfter ein ähnliches
Gefängnis aus, das er selber einrichten würde, mit noch raffinierteren
Gerätschaften.
Als der Johann nun dieses
Heftchen am Heuboden sah, daneben den Alois, der gerade in seine
Onanierabenteuer vertieft war, nahm er es, starrte fassungslos auf die Bilder
und haute es dem Alois dann so lange um die Ohren, bis es total zerfetzt war.
Das war das einzige blaue Auge, das Alois jemals vom Johann bekommen hatte.
Damals hat er jedes kleine Fitzelchen dieses Pornoheftes im Heu aufgelesen, um
die Bilder mit Tesaband wieder herzustellen. Doch einige Schnitzel konnte er
nicht mehr finden. Das Pornoheftchen war in einem so katastrophalen Zustand,
dass er es schließlich schweren Herzens wegwarf. Diese Bilder hatten ihm die
meiste Entspannung gebracht. Und er kam auch eine ganze Weile nicht mehr an
solche Hefte heran.
Kurz danach kündigte er seine
Lehrstelle in der Schlosserei (wofür ihn sein Vater mit einem ledernen Pferdehalfter
halb tot schlug), und ging zur Gendarmerie. Immerhin war er schon 18, und er
war ein kräftiger und hochgewachsener Bursche, gerade richtig für einen
Gendarmen. Und ihm gefielen die Strukturen und Hierarchien dort. Besonders
gefiel ihm aber die Arrestzelle im Keller der Wachstube. Manchmal ging er
einfach nur so hinunter und schaute sich um in dem kleinen, kargen Raum mit der
Pritsche und der Klomuschel. Der Raum hat kein Fenster, nur einen Luftschacht.
Hier stellte er sich in seiner Fantasie vor, einen Hobbyraum einzurichten, mit
Streckbank, Kamera, DVD-Recorder und Großbildschirm, so dass seine Opfer sich
selbst bei ihren Demütigungen sehen konnten. Bedauerlicher Weise war das im
Polizeihaus völlig unmöglich, aber er hatte sich später an einer anderen Stelle
einen Raum eingerichtet, leider nur in einem Erdkeller im Dirnitzer Wald, und
ohne jeden Komfort. Der Keller war eigentlich früher vom Johann als Futterdepot
fürs Wild verwendet worden. Dann aber hatte er ihn aufgegeben und an einer
anderen Stelle einen neuen gebaut. Alois war es ein Vergnügen, die Eisenringe
in den Wänden und an der Decke zu montieren und den alten Flaschenzug
anzubringen.
Natürlich: später dann, als das
Internet immer populärer wurde und sie sogar schon auf der Wachstube einen
Anschluss hatten, war es plötzlich leicht, sich wenigstens Videos, DVDs und
Hefte zu bestellen, die seinen Geschmack zumindest teilweise befriedigten.
Heute hat der Alois ein großes Archiv, das er manchmal sehr gerne auch anderen
Interessierten zeigen würde. Auch einige wirkliche Hinrichtungen sind darunter.
Doch sich im Internet Gleichgesinnte zu suchen, war ihm dann doch immer zu
riskant.
Etwa 500 Meter weiter
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