Die Frequenz: Thriller (German Edition)
hatte Barton neulich auch zu GM gesagt, wie Wilson sich erinnerte. Und da hatte er ihn belogen!
»Tragen Sie Ihre Kontaktlinsen?«, fragte Barton.
»Zum vierten Mal: ja«, fauchte Wilson.
»Ohne die Linsen sind Sie gefährdet.« Barton blickte erneut zur Countdown-Anzeige an der Wand. »Sie müssen jetzt einsteigen, Wilson. Es ist Zeit, dem Schicksal zu begegnen.«
Schicksal. Das Wort hallte Wilson durch den Kopf. Er stellte sich vor, wie Barton sagte: Es war Wilsons Schicksal, in der Transportkapsel zu sterben. Er hatte den dringenden Wunsch, sich mit ihm zu unterhalten – über irgendetwas. »Sind Sie nicht wenigstens ein bisschen neugierig wegen meiner EEG -Ergebnisse? Sie haben mich nie gefragt, warum sie so ungewöhnlich sind.«
»Das hätte mich nur beunruhigt«, meinte Barton.
Zum ersten Mal machte Wilson sich wegen seiner Omega-Programmierung Sorgen, sie könnte den Transportprozess stören. Er war überrascht, dass ihm das nicht früher eingefallen war.
»Auf jeden Fall bin ich sicher, dass Sie der Aufseher sind«, meinte Barton zuversichtlich. »Sie haben nicht nur die richtigen genetischen Merkmale für einen Transport, sie haben auch alle Eigenschaften, den Auftrag erfolgreich durchzuführen. Einige dieser Eigenschaften sind ungewöhnlicher als andere. Als ich GM neulich sagte, dass ich Sie auf jeden Fall nehmen würde, habe ich nicht gelogen. Sie wären meine erste Wahl gewesen, unabhängig von den Umständen. Also treffen wir eine Abmachung: Wenn Sie zurückkommen, können Sie mir alles über Ihre EEG -Ergebnisse erzählen und über die Kräfte, die Sie haben. Dann kann ich mich auf etwas freuen. Aber jetzt ist es Zeit für die Abreise.« Er winkte ihn zum Transportbehälter.
»Und Sie können mir – wenn ich wiederkomme – alles über sich und Karin erzählen«, meinte Wilson. »All die spannenden Einzelheiten. Okay?«
Barton lächelte. »Abgemacht.« Er zögerte und rieb sich das Kinn. »Ach, übrigens … benutzen Sie während des Transports keine zerebralen Befehle. Das könnte Probleme geben.«
Wilson wurde plötzlich schlecht. »Wir hätten vorher darüber reden sollen!«, sagte er aufgeregt. »Ich wusste, das würde Schwierigkeiten geben. Wir sollten die Sache abblasen! Oder ein, zwei Tage hinausschieben. Ja, das würde schon reichen …« Barton legte ihm die Hand auf die Schulter und unterbrach ihn.
»Alles wird gut, Wilson«, sagte er bestimmt. »Denken Sie nur an eines: Lassen Sie sich von niemandem abhalten, den Auftrag zu Ende zu bringen. Bleiben Sie konzentriert.« Sein Blick war ermutigend. »Geben Sie acht beim Einsteigen.« Er deutete auf die Kugel. »Es ist nicht ganz so einfach.«
Wilson schaute auf den Boden. »Es ist seltsam«, sagte er ernst. »Da haben wir eine Zeitmaschine hier, und ich habe keine Zeit mehr. Ist das nicht paradox?«
»Das Gleiche habe ich zu Ihnen gesagt, als sie hier angekommen sind.«
»Ich weiß.«
Barton wollte lächeln, aber sein Gesicht spielte nicht mit. Er nahm die Hand von Wilsons Schulter und blickte ihn an wie einen lang vermissten Sohn. »Wissen Sie was? Ich bin neidisch. Sie machen sich zu einem unglaublichen Abenteuer auf.«
»Sie und Ihre Freundin müssen jetzt gut auf mich aufpassen«, witzelte Wilson und nahm Barton in eine herzliche Umarmung.
»Keine Sorge.« Barton hielt ihn fest. »Es wird schon gutgehen.«
Wilson wusste, dass er sich durch diese Versicherung besser fühlen sollte, doch die Wirkung blieb aus. Die Sekunden verstrichen. Schließlich atmete er tief durch und wappnete sich. Nicht nachdenken, einfach einsteigen, sagte er sich. Mit Herzklopfen kletterte er durch die Titanringe und das schmale Luk in die warme Imploderkugel.
Barton verschloss das Luk und reckte die Daumen nach oben. Nach außen war er ruhig, aber innerlich lief er auf Hochtouren.
Auf der Countdown-Anzeige stand: 5 Minuten 17 Sekunden.
In weniger als sechs Minuten würde Barton erreicht haben, wofür er über zwei Jahre gearbeitet hatte. Er war erleichtert und aufgeregt zugleich.
Wilson stand allein in der Transportkapsel. Er wollte lachen. Wie bin ich bloß hierher geraten?, fragte er sich. Er kam sich vor wie in einem Goldfischglas. Er rückte eine der Kontaktlinsen zurecht. Es war schwer zu glauben, dass sie den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten sollten. Er lächelte – er ließ sich freiwillig von Lasern zerlegen. Das war beinahe komisch. Beinahe.
Barton ging zielstrebig in den Kontrollraum und rief: »Alle Stationen
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